Was genau ist Eiswein, und wie entsteht er?
Die überreifen Trauben müssen in gefrorenem Zustand vom Weinberg her auf die Kelter kommen. So bleibt Wasser als Eis im Trester zurück, und der gewonnen Traubensaft, der später zu Eiswein vergoren wird, erfährt eine natürliche Konzentration. Daraus resultieren sehr hohe Öchsle Grade, die dann zu einem edelsüßen Wein führen mit herrlich vollmundigen Aromen, die an tropische und getrocknete Früchte erinnern. Edelsüß, weil die Hefen solch hohe Zuckerwerte nicht „schaffen“, und eine natürliche Süße mit edlen Aromen zurückbleibt, wodurch Eisweine in der Regel niedrige Alkoholwerte aufweisen, weil ein beachtlicher Teil des Zuckers eben nicht vergoren wird. Lediglich 7 bis 9 g/l Alkohol sind nicht selten. Und warum wird in der Nacht gelesen? Weil die Temperaturen in der Frühe am niedrigsten sind und mit Sonnenaufgang rasch ansteigen, so dass dann häufig -7°C überschritten werden.
Zunehmende Eiswein-Spekulationen trotz Klimaerwärmung
Winzer, die auf Eiswein spekulieren, müssen sich mit den entsprechenden Parzellen voranmelden und die Lese dann unmittelbar anzeigen. Denn die Temperaturen werden stichprobenweise noch in der Frühe im Weinberg amtlich kontrolliert. Für diesen Winter haben 152 Betriebe in Rheinland-Pfalz eine Gesamtfläche von rund 107 Hektar für eine mögliche Eiswein-Lese angemeldet, wie die Landwirtschaftskammer mitteilte. Im Vorjahr waren es nur 93 Betriebe mit zusammen 72 Hektar.
Weißburgunder mit 136° Öchsle in Vogtsburg-Oberbergen
20 „Baßgeige-Winzerinnen und Winzer“ der Winzergenossenschaft Oberbergen im badischen Kaiserstuhl trafen sich in den frühen Morgenstunden des 22.12.2021 winterfest ausgerüstet zur Eisweinlese in der gemeldeten Parzelle in der Lage Baßgeige. Da die Trauben bei der Besichtigung am 21.12. bereits gefroren waren, und weiterhin Temperaturen um die -7° C vorhergesagt waren, hatte man die kurzfristige Entscheidung getroffen, die Trauben zu lesen. So wurden innerhalb einer knappen Stunde ca. 900 kg Weißburgunder-Trauben bei -7,8°C gelesen und anschließend vom Kellerteam gekeltert, wobei ein Mostgewicht von 136° Öchsle gemessen werden konnte.
172° Öchsle Riesling beim VDP Weingut Emrich-Schönleber
„Wir haben heute (22.12.2021) zwischen 7 und 9 Uhr bei -10°C in der VDP.GROSSEN LAGE Monzinger Frühlingsplätzchen Riesling Eiswein gelesen. Der gekelterte Saft zeigte ein Mostgewicht von 172° Öchsle. Die Bedingungen waren dieses Jahr nahezu ideal. Die Trauben waren in sehr gutem Zustand und der sternenklare Himmel hat die Temperatur noch tiefer fallen lassen als erwartet. Der Most war daher besonders konzentriert und rein“, so Frank Schönleber, Weinbauingenieur, Inhaber und Kellermeister des Weinguts in Monzingen an der Nahe. Schönleber weiter: „2012 wurde der bis dato letzte Eiswein in unserem Weingut geerntet. Seitdem macht es die Klimaerwärmung zunehmend schwer, und Eisweine sind ein sehr rares Gut geworden. Schon jetzt sind die ersten Flaschen des 2021er Eisweins vorreserviert!“
135-140° Öchsle Riesling im Weingut Dr. Hermann in Erden/Mosel
Der Trauben wurden ebenfalls in der Frühe des 22.12.2021 gelesen in der Lage Kinheimer Hubertuslay mit rotem Schiefer. Christian Hermann, der das Weingut leitet: „Es wird ein sehr sauberer Eiswein, der Most wurde je nach Fraktion mit 135-140° Öchsle gemessen, war glasklar und wies die gewünschten höheren Säurewerte auf.“ Diese sind es, die einen Eiswein zum echten Gaumengenuss machen, weil die Süße durch die entsprechende Säure wunderbar ausbalanciert wird.
Reservierung
Wenn Eiswein zunehmend zur Seltenheit wird, empfiehlt es sich, welchen reservieren zu lassen. Ohnehin sind die Mengen jeweils klein, da die Winzer des hohen Risikos wegen nur kleinere Parzellen für Eiswein vorsehen, und durch die Überreife und das Keltern gefrorener Trauben die Menge ohnehin geringer ausfällt.
Text: Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas. Quelle Zahlen der Betriebe: Deutsches Weininstitut. Eiskristallhintergrund im Aufmacher: Manovector - stock.adobe.com; Montage Aufmacher: bonvinitas; Fotos: Traubenwagen im Header, gefrorenes Träubchen und Lese im Weingut Dr. Hermann: Christian Marmann. Übrige Fotos: PR
Gewinner:
Dominik Feist