Das Weinbaugebiet Nahe
Vierhundert Millionen Jahre wechselvolle Erdgeschichte haben an der heutigen Nahe und ihren Nebenflüssen, zwischen Monzingen und Schlossböckelheim, Bad Kreuznach und Laubenheim, kurz im kleinen aber feinen deutschen Weinbaugebiet Nahe, beste Terroirs in großer Vielfalt hinterlassen. Schiefer, Quarzit, Melaphyr, Rotliegendes oder Kiesel wechseln ab. Der Riesling ist glücklich damit und stellt so auch mit über einem Viertel die wichtigste Rebsorte, gefolgt von Müller-Thurgau, Dornfelder und vielen weiteren. Rund ein Viertel der insgesamt 4.100 Hektar Rebfläche entfällt auf rote Sorten.
Viel Mut haben die Nahe-Winzer bewiesen, Mut zum Lernen, zum Experiment, Mut, die Geschenke der Natur anzunehmen, sie klug zu verwenden und alte Zöpfe abzuschneiden. Zum Beispiel werden manche Weine nicht wie üblich nach der Lage benannt, sondern nach den Böden, aus denen die Trauben ihre Aromen gezogen haben. Das liest sich dann wie ein geologisches Register, sagt aber genau das, was gesagt werden muss und wie die Weine schmecken. Denn der Boden macht’s. Insbesondere haben die Nahe-Winzer für den neuen Trend viel zu bieten: Schlanke, intelligente, kultivierte Weine, die etwas mitzuteilen haben über den Ort ihrer Herkunft und über die Philosophie des Winzers.
Die bonviniats-Weinbewertung vom 21.8.2017
So haben sich bei unserer Weinbewertung vom 21.8.2017 zwei Nahe-Winzer hervorgetan, deren Weine unsere Prüfer bei der Blindverkostung besonders überzeugt haben. Es waren die Weingüter Holger Alt in Monzingen und Klostermühle Odernheim. Die Weine lagen allen in der Kategorie 2, trocken, über 12 % Alkohol, rote Punkte. Wie immer probiere ich die bestbewerteten Tropfen nach, um sie hier besonders vorzustellen. Natürlich finden sich alle Weine des Bewertungstermins, die mit 82 Punkten und mehr bewertet wurden, in unserem Weinführer. Doch zu den Weinen der beiden Nahe-Winzer:
Sehr gut bewertete Tropfen der Weingüter Holger Alt und Klostermühle Odernheim.
Beste Tropfen der Weingüter Holger Alt und Klostermühle Odernheim
Mit 89 Punkten bewertet wurde der 2016 vom Rotliegenden Riesling trocken aus der Lage Monzinger Frühlingsplätzchen des Weinguts Holger Alt, zu dem ich notiert habe: In der Nase Noten von Zitronensaft, Mandeln, weißen Pfirsichen; auf der Zunge rassig, temperamentvoll, elegant bei schöner Reife mit quirligem angenehm frischen Finish bei dezenten mineralischen Terroirnoten; ein Wein wie eine Ballettgruppe mit zwei bis drei Jahren weiterer Zukunft. Schön zu Fisch poschiert, Kaviar oder Kalbsfrikassee.
Weingut Holger Alt: Holger und Nicole AltDas Weingut Alt liegt in Monzingen schon etwas Nahe-aufwärts, ein Familienweingut mit 8,5 ha. „Bei uns bestimmt die Natur noch unseren Lebensrythmus: Wachstum-Reife-Ernte. Große Liebe, Leidenschaft, hoher Zeitaufwand, viel Handarbeit und Geduld bringen uns die Qualität, die wir jedes Jahr anstreben. Den Grundstein für hochwertige Premiumweine legen wir durch eine naturnahe Bewirtschaftung, die das ökologische Gleichgewicht im Lebensraum Weinberg erhält, sowie die intensive Pflege der Rebstöcke und eine späte, selektive Handlese“, lautet das Credo von Holger und Nicole Alt. Großvater und Kinder helfen mit. Zu zwei Dritteln werden weiße Sorten angebaut, Riesling, Grauburgunder, Müller-Thurgau, an roten Spätburgunder und Dornfelder sowie jeweils weitere. Das Geheimnis liegt zugleich in den Terroirs, in der Lage Frühlingsplätzchen mit Rotliegendem und Kiesel, in der Lage Halenberg mit stark verwittertertem Schiefer. Dort wächst vor allem Riesling. Für Gäste stehen 10 Doppelzimmer mit Frühstück bereit und an Wochenenden wird eine Straußwirtschaft geboten. Gerne setzt man sich mit den Gästen zusammen.
91 Punkte erhielt der 2016 Weissburgunder trocken des Weinguts Klostermühle Odernheim: Im Bukett Anklänge an reife Äpfel, Walnüsse, getrocknete Feigen; vollmundiger Körper, sanft gleitend mit Schmelz; kompaktes anhaltend weiniges Finish; ein Tropfen wie eine ruhige Waldlichtung mit vier bis fünf Jahren weiterem Entwicklungspotenzial; passt gut zu Fisch gegrillt, Grillsteaks nicht zu würzig oder zu Curryhuhn.
Christian Held (links) und Thomas Zenz, Inhaber des Weinguts Klostermühle Odernheim/Nahe. Foto: Frank Schmidt
Blick in die Lage Kloster Disibodenberg. Foto: Picasa 3.0
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Stolz bezeichnet sich das
Weingut Klostermühle Odernheim im gleichnamigen Ort, gelegen am Glan kurz bevor dieser in die Nahe mündet, als „Das Burgunderweingut an der Nahe“. 13,5 ha bewirtschaften Christian Held und Thomas Zenz, die das Weingut betreiben, nur Steillagen. 75% sind Burgundersorten einschließlich Chardonnay, 25% Riesling. Die Lagen Disibodenberg mit dem charakteristischen Weinbergshäuschen und Montfort zählen zu den Toplagen im Nahe-Gebiet. Die Lage Montfort befindet sich sogar im Alleinbesitz.
Gleichfalls 91 Punkte erhielt der 2016 Grauburgunder trocken im Holzfass gereift, Monzinger Frühlingsplätzchen, vom Weingut Alt: Im Bukett reife Birnen, getrocknete Aprikosen, weiße Schokolade; runder, samtweicher Körper mit Reife und Kraft, der in ein tiefgründiges, facettenreiches Finish mündet. Ein Wein mit gut drei bis vier Jahren weiterem Potenzial, der mich an einen edlen Ledersessel erinnerte, in den man sich sinken lässt. Passt gut zu gemischten Vorspeisen, Kassler mit Sauerkraut oder zu Kalbsbraten.
Nochmals
91 Punkte ergatterte der 2
015 Chardonnay trocken aus der Lage Odernheimer Montfort des Weinguts Klostermühle: In der Nase Bratäpfel, Zuckermandeln, Honig; reifer, breit fließender Körper mit Frucht und Schmelz; angenehm weiniges ebenso breit fließendes Finish; ein Wein
wie ein Sonnenuntergang mit Abendrot und gut fünf Jahren weiterem Entwicklungspotenzial. Es lohnt sich, bei solchen Weinen die weitere Reifung zu erleben. Passt Stand heute schön als Aperitif, zu Schweinelende oder Kalbsnierenbraten sowie zur Zigarre.
Stolze 92 Punkte erzielte der 2015 Kapellenberg Grauburgunder Alte Reben trocken ebenfalls vom Weingut Klostermühle: Reifer Duft nach Herbstäpfeln, Karamell, Mandelgebäck; runder mundfüllender in sich stimmiger Körper mit einem Hauch Holzfass; im Finish wunderbar gereift. Der Tropfen, der mich an ein Streichquartett erinnerte, ist schon gut auf der Höhe doch mit weiteren zwei bis drei Jahren Potenzial. Passt gut zu Pfannkuchen mit Fleischfüllung, Pfifferlingen in Rahm oder zu Jägerschnitzel.
Es folgen zwei Rotweine: Der 2015 Montfort Spätburgunder Alte Reben trocken des Weinguts Klostermühle, der mit 89 Punkten bewertet wurde: Schönes Bukett mit Noten von Bitterschokolade, Leder, Toast, Schattenmorellenkompott; am Gaumen samtig, reif mit maskulinen Toast- und Terroirnoten und einem schön trockenen gut geschliffenen Rotweinfinish; ein Wein wie ein Kaminfeuer mit gut sechs bis acht Jahren weiterem Entwicklungspotenzial. Gerne würde ich ihn dann erneut probieren. Passt gut zu Zwiebelrostbraten, Wildgulasch oder Pfeffersteak.
Ebenfalls 89 Punkte erhielt der 2015 Monzinger Edition A trocken im Holzfass gereift, eine gekonnte Cuvée nochmals vom Weingut Holger Alt: In der Nase Anklänge an Schattenmorellenkompott, Heidelbeerkonfitüre, Haselnussmakronen; auf der Zunge samtig mit mild-reifer Frucht; schön trockenes maskulines Finish, das zum nächsten Schluck animiert - wie eine Oldtimer Limousine. Ich gebe dem Tropfen ebenfalls ein weiteres Potenzial von sechs bis acht Jahren; Stand heute schön zu Lammkoteletts, Roastbeef am Stück gebraten oder zu Hirschkalbskeule.
Das Weingut Klostermühle hatte außerdem einen sehr schönen
Sekt eingereicht:
2015 „Einmalig“ Limited Edition Gewürztraminer brut, der (nicht auf dem Bild) mit stolzen
89 Punkten bewertet wurde, sowie zwei schöne leichtere Weine der Kategorie 1 (bis 12%, grüne Punkte), die mit
88 und 89 Punkten bedacht wurden, und die wir
unter Weinführer/beste je Bewertungstermin vorgestellt haben.
Ein Blick auf unsere Blindwertungsteams:
Auch bei dieser Bewertung: Neutrale Prüfer bei der Blindbewertung. Von bonvinitas selbst wertet niemand mit.
Touristische Highlights
Aussichtsplattform auf dem Nahe-Skywalk. Foto: Naheland-Touristik GmbH/Peter Bender
Schloss Dhaun. Foto: Naheland-Touristik GmbH/Moritz Attenberger
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Wer das Weinbaugebiet besuchen und Weine probieren möchte, das Nahe-Land bietet zugleich viele touristische Highlights.
Die facettenreiche Landschaft ist ideal zum Wandern und Radfahren mit zahlreichen Premiumwanderwegen, Vitaltouren und Naturparks. Ein besonderes Outdoor-Vergnügen bietet der 2015 gegründete Nationalpark mit Rangertouren.
Fahrrand-Freunde finden auf dem rund 130 Kilometer langen Nahe-Radweg oder dem Glan-Blies-Radweg ihr Revier. Gemütlich wie auf dem Fahrrad geht es auch auf einer Draisine zu. Wie das Rad wird die Draisine mit Pedalen angetrieben und verläuft auf vier Rädern wie eine Eisenbahn auf einem Gleis. Lenken ist nicht notwendig, und es bleibt genügend Zeit, die Landschaft im Glantal von Staudernheim bis nach Altenglan zu genießen.
Wer Ruhe und Entspannung sucht, kann diese in einer Wellnessauszeit in den Kurstädten der Region genießen. Mit dem Salinental, Europas größtem Freiluftinhalatorium Bad Kreuznach, dem romantischen Kurort Bad Münster am Stein-Ebernburg und der Felkekurstadt Bad Sobernheim stehen viel Wellness- und Gesundheitsangebot zur Verfügung.
Altes Kunsthandwerk kann man entlang der Deutschen Edelsteinstraße bewundern. Seit 500 Jahren werden hier Edelsteine geschliffen und zu Kunstwerken veredelt. Das Deutsche Edelsteinmuseum lädt ein, über 9000 Edelsteine in allen Nuancen und Facetten zu bestaunen.
Kulturell Interessierte kommen ebenfalls auf Ihre Kosten, wie bei Bingen swingt, dem Kulturfestival Theatersommer Idar-Oberstein oder den Sponheimer Kulturtagen.
Hotel- und Quartiertipps
Zum Weingut Klostermühle gehörend: Hotel Meisenheimer Hof. Foto: Frank Schmidt
Das Weingut Klostermühle betreibt in Meisenheim zugleich das sehr schöne Weinhotel Meisenheimer Hof mit Weinrestaurant und Gästezimmern. Im angebauten "Kochhaus" finden außerdem Kochkurse statt. Als Küchenchef fungiert Markus Pape. Treibende Kraft und Mitinhaber des Hotels ist Christian Held, wie oben erwähnt Mitinhaber des Weinguts.
Dass das Weingut Holger Alt in Monzingen 10 Doppelzimmer mit Frühstück bereit hält, wurde ebenfalls schon oben erwähnt.
Eine nette Adresse ist auch das Weinhotel Schneider in Bad Münster am Stein.
Wer es luxuriöser möchte, dem sei das „Das Bollants, SPA Im Park“ in Bad Sobernheim empfohlen.
Das Weinhotel Schneider in Bad Münster Das Bollants - SPA Im Park.
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas; Landschaftsfotos Nahe: Weinland Nahe e.V., Tobias Attenberger; Flaschenfoto bonvinitas, übrige Fotos PR falls nicht anders angegeben.