Schnäppchenjagd

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Von Horst Kröber  4438

Die Meinung von Horst Kröber: Es geht nichts über eine ordentliche Werbung. Da macht der Wein keine Ausnahme. Besonders da, wo der Kunde nach Schnäppchen, Sonderangeboten oder vermeintlichen Restposten sucht. Ob im Lebensmitteleinzelhandel oder beim Discounter, es wird mit „Wein der Woche“, „Wein des Monats“ oder „einmaliges Angebot“ geworben. Da unterschreiten dann auch schnell mal die Weine die 2 Euro Grenze. Dabei spielt es keine Rolle, ob dies ein Gutedel aus dem Markgräflerland ist, oder einer aus dem Ausland. Der Kunde kuckt, denkt: toll ein südafrikanischer Syrah für den Preis, nicht schlecht und ab in den Einkaufskorb.

Jetzt wechseln wir einmal die Seiten: Im Wirtschaftsteil der Badischen Zeitung vom 16.11.2012 ist folgendes zu lesen: Tausende streikende Landarbeiter haben die idyllische Weinregion am Kap der Guten Hoffnung in eine Kampfzone verwandelt. Polizisten rücken mit Panzerfahrzeugen ein und feuern Gummigeschosse in die Menge. Der Streik begann vor einer Woche unter den Traubenpflückern 140 km östlich von Kapstadt. Die Streikenden verlangen eine deutliche Anhebung des Mindestlohns. Bisher bekommen sie 130 Euro im Monat. Tagelöhner bekommen oft nicht mehr als sechs Euro pro Schicht. Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ veröffentlichte eine Report über diese Landarbeiter und deren, wie sie schreiben, „trostloses, gefährliches Leben“. Die Region die etwa 2/3 des afrikanischen Weines produziert ist reich. Viele Arbeite aber leben in Verschlägen, ehemaligen Ställen. oft ohne Strom und Trinkwasser. Wer aufbegehrt wird rausgeschmissen.

Hoppla, fragt sich der Kunde, was hat das alles mit mir zu tun. Eine ganze Menge! Für den Preis, den er für den Syrah bezahlt, kann dieser auf normalem Wege gar nicht produziert werden. Einer bleibt dabei auf der Strecke. In diesem Falle der Landarbeiter, der auf der Sozialskala an unterster Stelle steht. Mit dem Kauf solcher vermeintlicher Schnäppchen nimmt man, um es einmal ganz drastisch zu formulieren, den Arbeitern ihr Essen weg und füllt den reichen, meist weißen Großgrundbesitzern den ohnehin schon prall gefüllten Säckel. Aldi, Penny oder wie sie alle heißen, kümmern sich darum einen Dreck. Hauptsache billig! Gehen wir aber gar nicht mal soweit weg, sondern bleiben im Inland. Sicherlich kommt es hier nicht gleich zu sozialen Unruhen, wenn mal ein Gutedel oder Müller Thurgau in der Literflasche unter 2 Euro angeboten wird. Aber auch hier hat die Medaille zwei Seiten. Wenn man hört, dass Genossenschaften fusionieren, sich Betriebe zusammenschließen, hat dies einen Grund. Er heißt: Rationalisierung. Im Weinberg selbst ist kaum noch eine Arbeitszeitersparnis möglich. Anders in der Produktion und der Vermarktung. Kostengünstiger produzieren um auf dem Markt eine Chance zu haben, heißt hierbei die Devise. Nur hinter vorgehaltener Hand murren die Winzer, die für die Traubenproduktion zuständig sind über die schlechten Auszahlungspreise, die teilweise unter dem Existenzminimum liegen. Höhere Preise ließen sich auf dem Markt nicht durchsetzen, hört man dann von den zuständigen Marketingstrategen. Ein Teufelskreis. Was kann dabei am Ende herauskommen? Der Weinbau rentiert sich nicht mehr. Es gibt keinen Nachfolger mehr. Die ersten Brachflächen sind zu sehen, wie es an der Mosel schon in erschreckendem Maße der Fall ist, der Tourismus in diesen Regionen stirbt genauso wie die Infrastruktur mancher Gemeinden. Zu schwarz gemalt, denken Sie? Hoffentlich haben Sie Recht. Aber vielleicht überlegt manch einer sich jetzt, ob es wirklich die Flasche für 1,98 Euro sein muss. Es stehen Menschen dahinter, deren Existenz davon abhängt!

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