Er schmeichelt Nase und Gaumen: der Wein

Wie man ihn beschreibt und beurteilt

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Von  7278
Ein guter Wein erfreut unsere Sinne mit vielen Düften und Geschmacksaromen. Spricht der Wein eine eigene Sprache? Ja, aber sie ist keine Geheimwissenschaft, zu der man eine besondere Qualifikation benötigt, auch keine ausgeprägte Nase, allerdings Übung. Subjektiv muss man bereit sein, sich auch als Nichtfachmann auf die Aromen und Beschreibungen einzulassen.
 
Bei Weinproben erlebe ich oft, dass sich manche zunächst befremdet zeigen, nach was ein Wein alles riechen und schmecken soll, im Laufe der Probe aber wachsende Begeisterung entwickeln, die besonderen Düfte und Geschmacksaromen zu entdecken und sich selbst im Beschreiben zu versuchen.

Zunächst zur objektiven Qualität:

Natürlich ist für den Weinfreund das Wichtigste, dass der Wein schmeckt. Doch ein wenig objektives Beurteilungsvermögen kann helfen, den richtigen Tropfen zu finden, bzw. sich nicht zu blamieren. Fachleute nennen das Sensorik, was bedeutet, nicht nur zu riechen und zu schmecken, sondern die Qualitätsmerkmale zu bewerten sowie eventuelle Mängel festzustellen. Dies gehört zum Alltag eines jeden Kellermeisters, Sommeliers oder Weinpublizisten. Natürlich setzt das Wissen über Wein im Allgemeinen voraus, das man sich aber nach und nach erwerben kann. Sensorik heißt also nicht, ob der Wein subjektiv schmeckt, sondern ob er qualitativ in Ordnung ist, fehlerfrei, ein bestimmtes Alterungspotenzial besitzt, vor allem ob er seinen Preis rechtfertigt.

Soviel zur Harmonie!

Auch für Fachleute, insbesondere bei Weinprüfungen, gibt es Bewertungsbogen. Man prüft zunächst die Farbe und Klarheit, dann den Geruch, ob er typisch ist, wie kräftig und ob fehlerfrei, also keine Fremd- oder Mufftöne aufweist. Dasselbe geschieht beim Geschmack. Wichtig ist auch, wie lange der Wein nachhallt. Am Schluss bewertet man das Gesamtbild, das Entwicklungspotenzial sowie die Harmonie. Es gibt Weine, die im Duft sehr laut sind, im Geschmack aber enttäuschen und umgekehrt. Auch das Verhältnis zwischen Säure, Frucht, Volumen, Schmelz, Tanninen, Alkohol und Nachhall muss stimmen. Jedes Merkmal wird bewertet und dann zusammen gezählt. Häufig wird das 100 Punkte-Schema von Robert Parker verwendet. Bei Weinprämierungen werden natürlich die nähere Herkunft und der Erzeuger verschwiegen.

Weinverkostungen sind subjektive Angelegenheiten

Wein verkosten heißt aber zugleich, Demut und Ehrfurcht üben gegenüber einem über 2000 Jahre alten Kulturgut. Fachlich geht es um möglichst große Objektivität. Doch wer kann sich schon gänzlich befreien von seinem ureigenen Vorlieben und Abneigungen. So geht es mit allem, wenn bei Beurteilungen sinnliche Wahrnehmungen im Spiel sind: 100% Neutralität gibt es nicht. Daher stehen Qualitätsweinprüfungen und Weinprämierungen immer wieder auf dem Prüfstand. Wichtig ist, sich selbst zurückzunehmen, einem Wein seine Geheimnisse zu lassen und ihn zu akzeptieren, auch wenn man nicht versteht. Denn es sind die kleinen Überraschungen und Eigenheiten, die ihn zum Besonderen machen. Wein ist und bleibt ein kleines Mysterium, wissenschaftlich wie organoleptisch, und das ist gut so. Denn was ist langweiliger, als was man verstanden und abgehakt hat.

Anders als die strenge Sensorik ist die oft sehr blumige Ansprache mancher Sommeliers oder Weinkritiker. Noten im Duft und in den Aromen ähneln Früchten oder Blumen und lassen sich so beschreiben. Diese phantasievollen Ausdrücke sind jedoch stärker subjektiv. Natürlich muss ein Wein fehlerfrei sein und im Preis-Leistungsverhältnis stimmen. Sonst würde ja versucht, den Weinfreund hinters Licht zu führen. Doch bei der blumigen Ansprache kommt das Erleben und persönliche Empfinden ins Spiel. Jetzt ist man selbst gefragt. Mag man trockene Weine, liebliche, edelsüße oder Bukettweine? Trinkt man den Wein zum Essen, bei einer Party, oder will man ihn in Ruhe genießen? Für jede Gelegenheit gibt es die passenden Weine, und was macht mehr Spaß, als „seinen“ Wein zu finden.

Text und Foto: Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas
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  • Dr. Dieter Simon


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