Wie Weingenießen Spaß macht - ganz ohne Angst nicht genügend zu verstehen
Interview mit Justin Leone, der es versteht, Spaß an Wein zu vermitteln
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/c2/02/a8/wie-weingeniessen-spass-macht-ganz-ohne-angst-nicht-genuegend-zu-verstehen-82-1604085362.jpgbonvinitas wollte wissen, wie kann man so viel Spaß an Wein haben und dies anderen vermitteln, und hat ihn dazu befragt:
bonvinitas: Herr Leone, wie sind Sie zum Wein gekommen?
Justin Leone: Ich habe Kontrabass und englische Literatur studiert und war mit einer Rockband auf Tour. Doch irgendwie wollte ich das Rockleben nicht mehr haben, damals vor 18 Jahren. wo die Welt noch anders war, ich wollte nicht im Mülleimer landen. Da hat mich der Genuss eines Weins erwischt, fortan wollte ich auf der anderen Seite des Tisches sitzen und als Mentor den Leuten Geschmack beibringen.
bonvinitas: Sie sagen: „Wein ist Poesie“, wie meinen Sie das?
Justin Leone: Wenn ich Wein trinke, bin ich inspiriert. Wein ist Emotion pur. Er hat immer eine Beziehung.
bonvinitas: Weiter sagen Sie: „Wein ist Musik“?
Justin Leone: Wein inspiriert einfach. Jede Flasche hat eine Textur, eine Entwicklung, eine Melodie, einen Kontrapunkt. Es ist wie eine Instrumentation, ein Konzert. Der Winzer wirkt als Dirigent, der Jahrgang als Musikhalle, die Flaschen als Instrumentalisten und Spieler. Dazu findet sich etliches in meinem Buch „Just Wine“ (deutsch).
bonvinitas: Welche Sinne spricht der Wein an?
Justin Leone: Ein Wein ist ein Gesamtpaket, ein Komplex. Er hat vor allem eine Textur, eine Konsistenz und vermittelt ein gesamtes Mundgefühl.
bonvinitas: Welche Tipps hätten Sie zu noch mehr Genuss?
Justin Leone: Man sollte einfach öfters Wein trinken, aus der Komfortzone herauskommen und nicht immer bei dem bleiben, was man schon kennt. Ich möchte den Leuten die Angst nehmen, sich blöd vorzukommen, weil sie meinen, nichts von Wein zu verstehen, weil sie sich nicht blamieren und nicht falsch investieren wollen. Ein Weingeschäft, wo vielleicht hunderte von Weinen stehen, ist wie ein Spaziergang durch den Louvre. Da kann man auch nicht jedes Bild betrachten. Ich habe bemerkt, dass die Leute Probleme haben, das auszusprechen, was sie wollen. Man muss als Sommelier oder Berater andere Wege gehen. Eine Flasche Wein sollte zum Date werden, worauf man sich freut. Eine Flasche Wein ist wie ein Gericht, man muss herausfinden, was die Leute gerne essen bzw. trinken, und nicht viel „Weingedöns“ ausspucken.
Um als Konsument richtig zu genießen und richtig auszusuchen, muss man tiefer in sich gehen, die Stimmung reflektieren und sich fragen, was will ich jetzt, auf was habe ich Lust? Als Berater muss man vor allem gut zuhören und versuchen, das herauszufinden. Ich will den Leuten die Angst nehmen. Sie sollen Spaß am Wein haben.
bonvinitas: Welche Geschichten kann ein Wein erzählen?
Justin Leone: Ein guter Wein soll ein Fenster sein, durch das man durchschaut in die Landschaft, auf die Menschen und das Volk, wo er herkommt. Er ist wie ein kultureller Spiegel.
bonvinitas: Wozu braucht es dann Weinkunde?
Justin Leone: Es geht um die Art, Wein zu verkosten. Ich habe Empathie mit Leuten, die Wein kaufen wollen, und im Laden 500 Weine finden. Damit klar zu kommen, ist eine akademische Aufgabe. Das kann man von den meisten nicht erwarten. Als Berater eine Lehrstunde daraus zu machen, ja eine heilige Mission, ist eigentlich blöd. Man muss mehr zuhören als labern, dem Kunden entgegenkommen, kleine Details erhaschen, denn Wein genießen ist keine Einbahnstraße.
bonvinitas: Lieber Justin Leone, wir danken für das Gespräch und werden noch aufmerksamer genießen.
In der „Meisterklasse“, wo auch der berühmte Sternekoch Harald Wohlfahrt auftritt, der lang in der „Traube“ in Baiersbronn-Tonbach (drei Michelin Sterne – obwohl kürzlich Brand) als Küchenchef wirkte, bietet Justin Leone den Kurs an: „Die Kunst der Weinkunde“, mit Videos von 7 Stunden Gesamtlaufzeit, über 13 Rebsorten und einem 80-seitigen Workbook.