Großartige trockene Rieslinge

Wein-Entdeckungen der Redaktion

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Von Dieter Simon  3486
Großartige trockene Rieslinge' Großartige trockene Rieslinge
Über die hohen Punktzahlen muss man sich nicht wundern. Sie sind verdient. Habe ich die Tropfen doch auf der diesjährigen VÉRITABLE entdeckt, die als eine der feinsten deutschen Wein-Fach-Salons gilt, bei der Uwe Warnecke über 60 Aussteller der „Crème-de-la-crème“ versammelt, darunter viele deutsche VDP-Weingüter wie sehr bekannte Weingüter aus dem Ausland. Neben unserem online bonvinitas-Weinführer, bei dem unabhängige Fachleute in Blindproben werten, erlaube ich mir, selbst Weine zu entdecken und vorzustellen, was dann meine persönliche Meinung darstellt.
 
Ein Wein wie ein Bergkristall, so habe ich den 2015 Riesling trocken von Thomas Haag, Schloss Lieser in Lieser an der Mosel, empfunden und mit 88 Punkten bewertet (Kategorie 1, trocken, bis 12% - grüne Punkte). Die üblichen Weinbeschreibungen mit ihren Früchtekörben finde ich schlicht langweilig. Ich frage mich daher lieber, an was mich der Wein erinnert. Das ist oft sehr spannend, und das kann übrigens jeder tun, wozu es keine Fachkenntnisse braucht. Die Vorstellung der Weine folgt übrigens dem Bild von links nach rechts. Ein wenig Beschreibung muss aber dennoch sein: Frische, flotte Riesling-Nase, auf der Zunge kristallen, gradlinig, blitzsauber, ein Wein der Spaß macht, und bei dem man sich auf den nächsten Schluck freut. Passt gut zu Fisch poschiert, wie Seeteufel, zu Kalbsbries oder Kalbschnitzel! 88 Punkte gelten bei uns bereits als „sehr gut“.
 
Wie eine Gebirgsschlucht mit rauschendem Bach habe ich den 2014 Gut Hermannsberg Riesling trocken, „VDP Großes Gewächs“, empfunden und mit 90 Punkten (Kategorie 2, trocken, über 12% - rote Punkte) bewertet. Das Gut Hermannsberg liegt in Niederhausen an der Nahe. Der Wein stammt aus der Lage Hermannsberg und zeigt eine lebhafte Nase, auf der Zunge deutliche Terroirnoten mit einem besonders interessanten Abgang, der förmlich eine Geschichte über das steil eingeschnittene, teils felsige Nahetal erzählt. Passt gut zu Räucherfisch, Kutterscholle oder Kalbschnitzel!
 
Weinlese im Weingut Bergdolt. Foto Michael Holz
Die Lage Kastanienbusch, aus welcher der Wein vom Weingut Dr. Wehrheim stammt.
Philipp Kiefer, Leiter des Weinguts Aloisiushof erklärt seine Lagen und Böden. Foto: bonvinitas
91 Punkte
habe ich dem 2014 Riesling trocken vom Weingut Bergdolt in Neustadt-Duttweiler/Palz gegeben, ebenfalls ein „VDP Großes Gewächs“. Ein üppiger, vollmundiger  – besser „ein Maul voll Wein“, der in der Lage Ruppertsheimer Reiterpfad gewachsen ist. Schon das reintönig, kräftige Bukett macht an, und das saftige Finish mit dezenten Terroirnoten erinnerte mich an ein vornehm weiches Plüschsofa. Gut 8 bis 10 Jahre Zukunft gebe ich diesem Tropfen, in denen er sich noch üppig weiterentwickeln dürfte, was mich außerordentlich interessieren würde. Passt – Stand heute - gut zu Kalbsteak, Ente, Wachteln oder Steinpilzen in Rahm! Das Weingut hat sich dem biologischen Anbau verschrieben. Die wichtigsten Sorten sind Weißburgunder, Riesling blauer Spätburgunder. Den Ertrag lässt man im Durchschnitt nicht über 49 Hektoliter pro Hektar kommen.
 
Beim 2014 Kastanienbusch Riesling trocken aus eben dieser Lage vom Weingut Dr. Wehrheim in Birkweiler/Pfalz spielt der schon reifere Jahrgang seine volle Harmonie aus: Vornehm gereifter Duft, auf der Zunge wunderbar ausgeglichen mit vornehm dezenter Reifenote, die sich im Finish fortsetzt, wie ein Klavierkonzert vollen Umfangs von tiefen Bässen bis zum Diskant – 93 Punkte! Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass es solch hochwertigen Rieslingen gut ansteht, wenn sie etwas gereift sind, und so ihre Charakterzüge noch deutlicher hervortreten. Wobei die feine Reifenote in der Zukunft – ich gebe ihm gut fünf Jahre – noch zulegen dürfte. Dass dies ein Biowein ist, braucht kaum erwähnt zu werden. Passt – Stand heute – gut Hechtklöschen, Kalbsbries oder eingemachtem Kalbfleisch! Auf einer Fläche von 17 Hektar baut „Dr. Wehrheim“ vorrangig trockene Weißweine biologisch an, wobei der Fokus auf den Rebsorten Riesling und Weißburgunder liegt. Die Weine werden entsprechend den Böden und dem Kleinklima in besonderer Weise kultiviert.
 
Zum Reinbeißen habe ich bei dem 2014 „Ambrosia“, Riesling trocken aus der Lage St.Martiner Kirchberg vom Weingut Aloisiushof in St.Martin/Pfalz notiert – 94 Punkte! Schon im Duft „kommt einem etwas entgegen“, kräftig, überzeugend, reintönig; saftig auf der Zunge, und das Finish bleibt nachhaltig im Mund, was man am liebsten behalten möchte. Gut fünf Jahre weitere Zukunft gebe ich diesem Tropfen, der – Stand heute – wunderbar zu Bouillabaisse, geräucherten Forellenfilets mit Sahnemeerrettich oder zu Kalbsteak mit Morchelrahm passt. Das Weingut Aloisiushof ist ein Familienbetrieb, in dem Philipp Kiefer für den Weinausbau verantwortlich zeichnet. Die Linie „Ambrosia“ entstand aus der Idee der beiden Önologen Lars Lander und Philipp Kiefer, aus wurzelechten Reben einen Riesling zu erzeugen, der die „ewige Jugend“ verleiht. Die Eckdaten lauten: Erste Auflage 2006, Selektion aus den besten Partien der Riesling Lese, Hektarertrag 38 hl/Hektar, stark limitiert.
 
Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas; Aufmacherfoto: bonvinitas
 
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