Weine ruhig und breit strömend wie der Fluss: das große Weinbaugebiet Loire
drittgrößtes in Frankreich – große Vielfalt und ein attraktives Reiseziel
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/33/44/64/weine-ruhig-und-breit-stroemend-wie-der-fluss-das-grosse-weinbaugebiet-loire-17-1654958871.jpgDie Appellations und Typizitäten
Wir Deutsche fragen immer gleich nach den Sorten. Auch wenn ich die wichtigsten nennen möchte, wie die weißen Melon, Chenin Blanc und Chardonnay sowie den roten Cabernet Franc, so stehen in Frankreich nun mal die Herkünfte, also das Wachstum, im Vordergrund, mit den betreffenden Böden und dem Kleinklima, also die Terroirs. Dies setzt sich übrigens in Deutschland mit der Weinrechtsreform 2021 ja auch allmählich durch. Da die Sorten bei den einzelnen AOP festgeschrieben und häufig nur auf wenige beschränkt sind, bzw. bei Cuvées die typische als „tonangebende“ den größeren Anteil bilden muss, spielen die Sorten indirekt doch eine große Rolle, auch wenn sie oft nicht auf dem Etikett stehen. So ergibt sich zusammen mit Böden und Klima eine gewisse Typizität der betreffenden AOP-Herkunft, was meist noch durch weitere Vorschriften, wie Hektarhöchsterträge oder Reifezeit der Weine, verstärkt wird. Auch wenn man also die Sorte auf dem Etikett vermisst, so steht die betreffende AOP doch für eine gewisse Typizität und gibt den Weinfreunden eine Orientierung, auf die sie sich eintrinken können.
Von diesen Appellations gibt es in diesem riesigen Gebiet Loire verständlicherweise eine große Vielfalt. Insgesamt sind 51 festgeschrieben sowie sechs größere Regionen umfassende IGP - Indication Géographique Protégée (geschützte geographische Angabe – ehedem Landwein). Insgesamt stehen Weißweine mit 41% im Vordergrund, gefolgt von 24% Rosé und 21% Rotweinen, nicht zu vergessen 14% Schaumweine, vor allem Crémant.
Böden und Klima
Im Untergrund ist das Loire-Gebiet im Groben von zwei geologischen Formationen geprägt, dem Massiv Armoricain und dem Pariser Becken. Auch wenn es nicht hoch ist, besteht das Massiv Amoricain weitgehend aus dem Ergussgestein Granit sowie metamorphem Gneis. Es bildet zum großen Teil die Bretagne und setzt sich nach Süden fort. Der Name kommt von den Römern, welche die Eingeborenen dort so nannten. Im Pariser Becken finden sich vor allem Sedimente, wie Sand- und Kiesböden. Die Karte zeigt, dass das Massiv Amoricain bis nach Angers reicht. Im Übergang zum Pariser Becken finden sich vielfach verwitterte Schiefer- und Tuffböden. Das zweite Massiv ist das Massif Central im Herzen Frankreichs, das aber von den Loire-Weinbergen nur gestreift wird. Dies nur als vereinfachte Darstellung, denn in Wirklichkeit sind Geologie und Geographie natürlich weit vielfältiger. Doch bei den einzelnen Weinen und AOP wird von den Terroirs noch zu reden sein.
Das Klima ist, geprägt vom Atlantik, durchaus feucht mit deutlichem Westwind. Dessen Einfluss lässt landeinwärts Richtung Pariser Becken jedoch allmählich nach, und das Klima wird langsam kontinentaler.
Die drei Hauptgebiete: Nantais, Anjou-Saumur und Touraine
Dieser Artikel beruht auf einer Reise an die Loire, eingeladen von „VAL DE LOIRE“, wo sehr viele Weine vorgestellt wurden. So möchte auf diese Hauptgebiete, ihre Appellations und Weine, die mir gut gefallen haben, je in speziellen Artikeln eingehen sowie auf die Crémants de Loire. Diese Artikel folgen noch, so dass ich zunächst IGP-Weine vorstellen möchte, die aus dem gesamten Loire-Gebiet stammen können.
IGP Val de la Loire
Zugelassen sind praktisch alle Rebsorten, die an der Loire wachsen, jedoch ist der Hektarhöchstertrag auf 90 hl/ha beschränkt. Tendenziell werden die IGP-Weine preiswerter angeboten, wovon mir etliche sehr gut gefallen haben. Auf Grund der außerordentlichen Vielzahl der vorgestellten Weine und der Kürze der Zeit, waren jedoch ausführliche Weinbeschreibungen leider nicht möglich. So muss ich mich trotz guter Tropfen je auf einige Stichworte beschränken und möchte sechs weiße und einen roten Wein vorstellen:
IGP Val de Loire, 2021 Sauvignon Gris, Weingut Le Moulin de la Touche von Vincent Hérissé in 44580 Bourgneuf-en-Retz im Nantais mit umweltschonendem Weinbau: stoffiger Wein mit leicht vegetativen Noten, viel Frucht, schön harmonisch, mit Goldmedaille der nationalen IGP Weinbewertung 2022; 0,75 l, 6,10 €.
IGP Val de la Loire, 2021 Sauvignon Blanc der Domaine de la Bougrie von Vincent Gujon in 49380 Bellevigne-en-Layon im Herzen des Anjou-Gebiets mit 91 Hektar: sehr schöne Blume, auf der Zunge sehr harmonisch, schön begleitet von vegetativen Noten – sehr gut! 0,75 l, 5,30 €. Auch hier legt man auf umweltschonenden Weinbau großen Wert.
IGP Val de la Loire, 2021 Sauvignon Blanc des Weinguts Famille Bougrier, zu dem ich notiert habe: Schöner Sauvignon Blanc, ein Lehrbuchfall, wo alles stimmt – wozu schön ausgereifte spannende vegetativ grüne Noten gehören – sehr gut! 0,75 l, 6 €. Das Haupthaus des über 100 Hektar Weinguts mit drei Domainen auf verschiedenen Terroirs im Touraine liegt in 41400 Saint-Georges-sur-Cher.
IGP Val de Loire, 2021 Sauvignon Blanc der Domaine Joël Delaunay, betrieben von Thierry Delaunay in 41110 Pouillé: Rundum stimmig, Blume, Duft, Körper und die typischen grün-vegetativen Sauvignon-Noten sehr schön eingebunden - sehr gut, der beste, den ich in diesem Rahmen probiert habe – Goldmedaille verdient! 0,75 l, 6,50 €. Das 23 Hektar Weingut mit umweltschonendem Weinbau liegt an den Hängen des Flusses Cher, östlich von Tours, wo auch die berühmten Loire-Schlösser einladen.
IGP Val de Loire, 2020 „le S“ Sauvignon Blanc des Weinguts Ampelidae betrieben von der Familie Meuli in 86170 Neuville-de-Poitou: Sehr guter stoffiger Wein mit dezenten Barrique-Noten, macht Spaß zu genießen - vegan erzeugt, 0,75 l, 19,50 €. Die Region Poitou deutlich südlich der Loire zählt noch zum Gesamtgebiet Loire. Die Reben des Weinguts Amelidae verteilen sich auf eine Strecke von rund 30 km, und man ist stolz, dass man klimatisch wie terrroirs-mäßig an der Kreuzung des Massivs Amoricain, des Pariser Beckens, des Bordeaux-Gebiets sowie des Massif Central liegt.
IGP Val de Loire Chardonnay 2021 mit Goldmedaille der Domaine de la Coche betrieben von den Cousins Laurent et Emmanuel Guitteny in 44680 Sainte-Pazanne: Schöner Wein mit dezenter Säure, 0,75 l, 42 €. Die 36 Hektar Reben mit biologischem Anbau wachsen im Nantais unweit des Atlantiks teils auf Sand- und Kiesböden, teils auf Tuff aber auch auf Gneis.
Da Cabernet Franc die wichtigste rote Sorte der Loire darstellt, gehört ein solcher dazu: IGP Val de Loire Cabernet Franc rouge der GAEC Papin Damien et Vincent zu dem ich notiert habe: Schön eingängiger Rotwein! Wobei GAEC Erzeugergemeinschaft bedeutet, hier geleitet von Damien und Vincent Papin, die sich nach außen einfach nur Vignoble Papin nennen, in 49230 Sèvremoine im Nantais. 0,75 l à 4,30 €.
Touristische Highlights
Natürlich gibt es auch eine Weinstraße, und Weingüter, die zum Besuch offen stehen, sind von „Val de Loire“ besonders genannt. Doch zu den Highlights zählen vor allem die Loire-Schlösser.
Das rund 15 Kilometer östlich von Blois in einem ausgedehnten früheren Jagdgebiet gelegene Schloss Chambord gilt als das prächtigste aller Loireschlösser, das in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter König Franz I. als Prunk- und Jagdschloss errichtet wurde. Besonders bemerkenswert ist die sehr mächtig angelegte doppelte Wendeltreppe.
Sehr bekannt ist das Schloss Chenonceau, dessen Hauptgebäude am Ufer des Cher liegt und dessen Galerie sich auf einer Bogenbrücke über den Fluss erstreckt. Hauptfigur der wechselvollen Geschichte ist Katharina von Medici, die nach dem Tod Königs Henry II als dessen Witwe Frankreich von hier aus als Regentin regierte und die so berühmte Galerie errichten ließ. So bildet die Loire ein attraktives Reiseziel, wo sich Kultur und gute Tropfen aufs Beste verbinden lassen.
Text: Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas; Fotos wie angegeben bzw. PR, Karten: Vins de val de la Loire