Der Muscadet und das Nantais
ausgewählt gute Weine und was ‚Sur Lie‘ bedeutet
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/1f/11/b6/der-muscadet-und-das-nantais-39-1657627608.jpgDas Nantais und seine AOP
Das gesamte Nantais umfasst um 12.600 ha Rebfläche – zum Vergleich die Mosel um 8.600. Da sich in Frankreich gemäß europäischem Weinrecht (dessen Vorbild übrigens Frankreich war) die Qualitätsbezeichnungen und Einstufungen bekanntlich an der Herkunft festmachen, ist die AOP – Appellation d’Origine Protégée – geschützte Ursprungsbezeichnung – und deren jeweiligen Qualitätsfestlegungen in erster Linie wichtig.
Insgesamt sieben AOP mit entsprechenden Qualitätsvorgaben für die Winzer gibt es im Nantais. Die größte ist die AOP Muscadet, welche die meisten der sieben kleineren AOP Regionen einschließt.
Muscadet und Melon
Sur Lie
Die AOP Muscadet Sèvre-et-Maine
Die genau abgegrenzten Rebflächen der AOP Muscadet Sèvre-et-Maine mit rund 6.000 Hektar erstrecken sich von der Loire oberhalb von Nantes aus nach Südosten entlang den Nebenflüssen Sèvre et Maine ziemlich im Herzen des Nantais. Die Böden sind von Erguss- und metamorphem Gestein des Massic Amoricain geprägt, das die Bretagne bis Angers umfasst und sich südlich über Nantes hinaus fortsetzt. Zugelassen ist nur die Rebsorte Melon bis zu einem Basishöchstertrag – rendement de base - von 55 hl/ha, wenn diese engere AOP-Bezeichnung aufs Etikett soll. Wobei zu bemerken ist, dass es in Frankreich für die einzelnen AOP Appellationssyndikate aus berufsständigen Vertretern gibt, die beim L'Institut national de l'origine et de la qualité (INAO) je nach Jahr deutliche Überschreitungen der Höchsterträge beantragen können, was nicht selten geschieht. So erinnern mich die rendement de base mehr an die Richtgeschwindigkeit auf unseren Autobahnen.
Für die Angabe „Sur Lie“ bedarf es bei dieser AOP einer Reifung von mindestens sechs Monaten.
Innerhalb des Gebiets sind noch neun Crus eingetragen, welche um die gleichnamigen Ortschaften liegen, mit noch strengeren Kriterien - wenn sie auf dem Etikett erscheinen sollen.
Ich möchte zwei Weine dieser AOP vorstellen, die mir anlässlich einer Reise ins Gebiet, eingeladen von Vin de la Loire, besonders gut gefallen haben. Da eine große Zahl von Weinen präsentiert wurde, waren in der Kürze der Zeit leider keine ausführlichen Weinbeschreibungen möglich, sondern nur Stichworte:
Muscadet Sèvre-et-Maine AOP Sur Lie 2021 der Domaine Bouffard, mit Goldmedaille des Concours des vins du Val de Loire 2022, zum dem ich notiert habe: guter frischer Wein mit schöner Mineralität. Das 28 Hektar Weingut, das sich über drei Gemeinden erstreckt, liegt in 49230 St-Crespin-sur-Moine geleitet von Gilles und Sohn Frédéric Bouffard.
Muscadet Sèvre-et-Maine AOP Sur Lie 2021 der Domaine de la Potardière, ebenfalls mit Goldmedaille: frischer, ansprechender Muscadet mit Mineralität, sehr gut! Das 25 Hektar Weingut liegt in 44430 Le Loroux-Bottereau nicht weit von der Loire. Die Böden sind von Ergussgestein geprägt, was die Mineralität zeigt. Chef ist Gérard Couillaud.
Die AOP Muscadet Coteaux de la Loire
Das recht kleine Gebiet mit 130 abgegrenzten Hektar Reben zieht sich von Ancenis hauptsächlich rechts sowie auch links der Loire flussabwärts Richtung Nantes. Hier ist das (rechte) Nordufer etwas höher und steiler, so rücken die Reben mit Südneigung näher an den Fluss heran. Zugelassen für diese AOP ist nur Melon und das mit einem rendement de base von 55 hl/ha. Die Böden gehören ebenfalls zum Massiv Amoricain und sind von verwittertem Erguss- und metamorphem Gestein geprägt. Für die „Sur Lie“ Angabe braucht es ebenfalls mindestens sechs Monate Reife.
Aus dieser AOP möchte ich drei Weine vorstellen:
Muscadet Coteaux de la Loire AOP, “Champtoceaux“ 2018, der Domaine des Génaudières in 44850 Le Cellier direkt oberhalb des Flusses gelegen: Noch schön frischer, kräftiger Muscadet, sehr gut! Eigentümer und Leiter: Graf Athimon zusammen mit der nächsten Generation. Das Gut bietet auch Tourismusunterkünfte. Anfragen an Anna Athimon. Champtoceaux ist übrigens eine noch strengere Cru innnerhalb dieser AOP benannt nach der Gemeinde, die inzwischen ein Ortsteil von Le Cellier ist.
Muscadet Coteaux de la Loire AOP Sur Lie 2020 „Vignoble de Thouaré“ der Vignoble Marchais: Schöner, frischer, sauberer und lebhafter Muscadet, sechs Monate auf der Hefe gereift. Das 27 Hektar Weingut von Philippe Marchais liegt in 44470 Thouaré-sur-Loire direkt flussaufwärts neben Nantes und bietet auch schöne Veranstaltungsräume für Feste sowie Schlafen im Weinfass. Den genannten Weinberg Thouaré mit Schiefer- und Quarzböden hat Philippe Marchais 1987 angelegt.
Muscadet Coteaux de la Loire AOP sur Lie „Les Chailloux“ 2021 der Domaine des Galloires in 49530 Orée-d’Anjou: frischer spritziger Muscadet! Das ansehnliche 50 Hektar Weingut nicht weit von Ancenis gehört der Familie Toublanc, die es gemeinsam bewirtschaftet. Neben Wein bietet man durch eigene Rinderhaltung auch Fleisch an. 0,75 l à 5,10 €.
Die AOP Coteaux d’Ancenis
Als AOP-Gebiet Coteaux d’Ancenis entlang der Loire benannt nach der Stadt Ancenis praktisch auf der Hälfte zwischen Angers und Nantes sind lediglich 150 ha Reben ausgewiesen, kaum mehr als ein großes Weingut. Wobei viele Weingärten nicht direkt am Fluss liegen sondern rechts und links im Hügelland. Die Böden bestehen weitgehend aus verwittertem Schiefer und Gneis. Rotweine und Rosé stellen etwas mehr als die Hälfte und bestehen weitgehend aus der Sorte Gamay. Als weiße Sorte ist nur Pinot Gris, also Grauburgunder, zugelassen, der sich dort Malvoisie nennt, wenn die AOP-Bezeichnung aufs Etikett soll, mit einer rendement de base von 50 hl/ha. Bei den roten und rosé gelten für die AOP-Bezeichnung als rendement de base 60 hl/ha.
Auch hier möchte ich drei Weine vorstellen, die mir besonders gut gefallen haben, einen roten und zwei Malvoisie – Grauburgunder:
Vorneweg ein Rotwein: Coteaux d’Ancenis AOP „Le Vieux Planty“ 2020 rouge nochmals von der Domaine des Galloires, zu dem ich ‚sehr süffiger Rotwein‘ notiert habe, 0,75 l à 7,10 €.
Coteaux d’Ancenis AOP Malvoisie „Les Vigne des Grées“ 2019 nochmals von Vignoble Marchais: Sehr ansprechender Wein mit dezenter Restsüße.
Coteaux d’Ancenis AOP Malvoisie 2020 vom Weingut Earl Landron Chartier: Ebenfalls sehr ansprechender Tropfen mit Tiefe und dezenter Restsüße, leicht salzig unterlegt, fruchtig mineralisches Finish. Das Weingut in 44150 Accenis-Saint-Géréon unweit von Nantes ist ein Familienbetrieb gemeinsam geleitet von Bernard, Françoise et Benoît Landron.
Text: Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas. Flaschenfotos: bonvinitas; übrige Fotos PR falls nicht anders angegeben.