Die Weinwelt Galiziens
abwechslungsreiche Landschaften und der Star Albariño
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/b4/d1/7a/die-weinwelt-galiziens-66-1693900751.jpgDie Küstenlandschaft ist geprägt von tiefen, fjordartigen Einschnitten mit weißen Sandbuchten vor türkisem Meer. Im Landesinneren sind Weingärten in hügeliger Landschaft oder an terrassierten Steillagen angelegt. Die Unterböden bestehen zumeist aus Granit und Schiefer. Damit ist die Drainage gut, ein Vorteil bei häufigem Regen. Die führende weiße Rebsorte ist Albariño. Sie bringt säurereiche, alkoholstarke Weine, typischerweise mit Aromen von Apfel, Zitrus, Pfirsich sowie floralen Noten von Linde und Akazie hervor. Rotweine hauptsächlich aus Mencía, spielen eine untergeordnete Rolle. Sie sind körperreich und alkoholstark und zeigen Aromen von roten Beeren. Mit etwa 4.000 Hektar Anbaufläche ist das grösste von insgesamt fünf Anbaugebieten die D.O. (Denominación de Origen, d.h. Herkunftsbezeichnung) Rías Baixas. Weitere Anbaugebiete sind von Westen nach Osten Ribeiro, Ribeira Sacra, sowie nach Süden, in Richtung der portugiesischen Grenze, Valdeorras und Monterrei.
Die Weinbaugebiete Galiziens, schöne Karte der Wine Scholar Guild:
Atlantisches Val do Salnés
Weingut Martín Códax
Das größte Weingut im Val do Salnés ist Martín Códax in Campados. Der Name wurde von einem Troubadour des 13. Jahrhunderts entlehnt, der Galizien, ähnlich einem Oswald von Wolkenstein, besungen hat. Damit soll die enge Verbundenheit mit der Region und der Tradition zum Ausdruck gebracht werden. Das Weingut ist eine Kooperative mit heute etwa 500 Mitgliedern. Für die Vinifizierung der Albariño werden unterschiedliche Ansätze der Kellertechnik gewählt. Die Bandbreite reicht vom frischen jungen Einstiegswein, reduktiv im Stahltank ausgebaut, über Weine, die einige Monate auf der Hefe liegen, mit und ohne Bâtonnage, bis hin zu Albariños, die in Eiche zu Ende fermentiert und gereift werden. Sowohl neue als auch gebrauchte Eichenfässer kommen zum Einsatz. Die Komplexität wird so durch Ergänzung der Frucht- um hefebasierte und aus der Eiche entstehende Aromen erhöht. Die Fermentierung erfolgt ausschließlich mit Umgebungshefen. Das Produktionsvolumen liegt bei etwa 6 Millionen Flaschen pro Jahr von denen ca. 50% ins Ausland exportiert werden. Das Weingut bietet eine professionelle Besucherinfrastruktur mit Online-Buchungsmöglichkeit. Nach der Führung durch die Produktionshallen wird im Tasting jeweils ein Repräsentant der einzelnen Typen zusammen mit einem passenden Seafood-Tapa gereicht. Der Ort Campados punktet mit einer gepflegten Innenstadt mit vielen erhaltenen Adelspalästen. Albariño verkosten kann man in zahlreichen Weinhandlungen oder direkt am Hauptplatz neben der Kirche in den Bodegas del Palacio de Fefiñanes.
In den deutlich wärmeren Subzonen der Rías Baixas an der portugiesischen Grenze, in O Rosal und Condado do Tea, werden Albariño-basierte Blends mit den auch in Portugal gängigen Sorten Godello, Treixadura oder Caiño Blanco sowie Loureiro hergestellt.
Unbekanntes Ribeiro
Ribeiro, neben Rías Baixas eine weiteres Anbaugebiet in Galizien, liegt im Landesinneren. Damit sind die Durchschnittstemperaturen höher und die Regenmenge ist deutlich geringer. Der Fluß Minho (portugiesisch und auf der Karte Miño) durchzieht die Region und fließt über Portugal in den Atlantik. Bereits im 16. Jahrhundert wurde Wein über den Minho an die Küste transportiert und nach England und Italien exportiert. Hauptrebe ist die fruchtige, eher säurearme, alkoholstarke Treixadura. Typische Aromen sind Birne, Zitrone und Pfirsich. Den Schwerpunkt bilden weiße Blends mit den auch in Rías Baixas verwendeten Rebsorten. Rotweine basieren auf Mencía, Caiño Tinto, Sousón und Brancellao. Der Tourismus ist hier kaum ausgeprägt, und so ist die Tasting–Infrastruktur entwicklungsfähig. Zentrum des Weinanbaus ist die Kleinstadt Ribadavia, mit einem sehenswerten alten Stadtzentrum.
In Ribadavia organisiert die lokale Touristeninformation Verkostungen auf kleineren, in der Umgebung gelegenen Weingütern. Valdavia in Cuñas und Pousadeiro in Castrelo de Minho sind typische Vertreter der Region. Auf wenigen Hektar wird eine übersichtliche Anzahl unterschiedlicher Weissweine sowie ein Rotwein in insgesamt geringen Mengen produziert. Valdavia nutzt noch die von den Mönchen des nahegelegenen Kosters San Clodio im zwölften Jahrhundert angelegten Kelterräume. Eines der Gebäude hat einen Lagar aus der Entstehungszeit, ein Steinbecken, in dem die Mönche Trauben gepresst haben.
Ein größeres Weingut, nur wenige Kilometer außerhalb von Ribadavia, lohnt besonders den Besuch. Casal de Armán in San André liegt in Panoramalage mitten in den Weinbergen. Die im Vergleich zu den beiden vorgenannten Bodegas deutlich grössere Anzahl unterschiedlicher Weine verkostet man am besten im Rahmen einer Weinbegleitung im zugehörigen Restaurant Sábrego. Auch ältere Jahrgänge, die nicht mehr im Verkauf sind, werden dabei angeboten.
Steillagen in der Ribeira Sacra
Topographisch besonders imposant ist die im Osten an Ribeiro angrenzende D.O. Ribeira Sacra. Hinter der Kleinstadt Ourense, Zentrum der Ribeira Sacra, taucht man ein in eine Landschaft, in die der Fluss Sil tiefe Schluchten gegraben hat. Die Rebanlagen reichen im Steilhang, meist terrassiert, bis an den Fluss hinunter und sind dadurch extrem arbeitsintensiv. Trotzdem wird hier seit der Römerzeit Wein angebaut, denn die kargen Böden erbringen zusammen mit der Ausrichtung der Hänge und dem herrschenden Mikroklima eine hervorragender Qualität. Die führende Rebsorte ist die rote Mencía. Der Name Ribeira Sacra besteht seit dem 12. Jahrhundert, als Zisterzienser und Benediktiner hier Klöster gründeten und den Weinbau forcierten, der noch heute wichtigster Wirtschaftsfaktor ist. Zahlreiche romanische Kirchen und Klöster sind erhalten. Beeindruckende Beispiele sind Santo Estevo de Ribas de Sil, in spektakulärer Lage zwischen dem 12. und 18. Jahrhundert erbaut oder Santa Cristina de Ribas de Sil, ebenfalls ein Benediktinerkloster, das seinen Ursprung bereits im 10. Jahrhundert hat.
Kultur in Santiago de Compostela
Abrunden lässt sich eine Weinreise durch Galizien mit dem Besuch von Santiago de Compostela, Endstation des Jakobswegs und UNESCO-Weltkulturerbe. Nicht zuletzt hat die Entwicklung des Weinbaus in dieser Region neben den Römern und mittelalterlichen Klöstern von den Pilgern profitiert. Santiago de Compostela mit seinem lebendigen, internationalen Flair beeindruckt durch herausragende mittelalterliche sakrale und profane Bauwerke. Dabei ist die Altstadt übersichtlich und gut zu Fuss zu erschliessen.
Fotos: © Evelyn Damiani & Rupert Schmid sofern nicht anders angegeben. Titelmnage: bonvinitas, Karte: Tupungato – Adobestock, Landschaft: alexat25 – Adobestock.