Weinregion Gaillac: Von zweien, die auszogen, um die Region wachzuküssen

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Zwei Köpfe, eine Vision: Das Gaillac soll wieder den Ruhm erhalten, den es verdient, finden Ferdinand von Thun (l.) und Riccardo Cottarella.' Zwei Köpfe, eine Vision: Das Gaillac soll wieder den Ruhm erhalten, den es verdient, finden Ferdinand von Thun (l.) und Riccardo Cottarella.
Graf Ferdinand von Thun und der Star-Önologe Riccardo Cotarella wollen der südfranzösischen Region Gaillac zu neuem Ruhm verhelfen – auch ohne AOP-Siegel.

 

Wenn Graf Ferdinand von Thun und Hohenstein über das Gaillac spricht, gerät er ins Schwärmen: „Als ich dieses Fleckchen Erde zum ersten Mal sah, wusste ich: Dies ist der Ort, an dem ich meinen Traum leben und große Weine erzeugen werde.“ Als Weinliebhaber bekannt, bekam der Münchner Ex-Diplomat aus dem österreichischen Adelsgeschlecht im Jahr 1998 das damals leicht verfallene Chateau de Frausseilles, rund 80 km von Toulouse entfernt, samt dazugehöriger Weinberge zum Kauf angeboten – und schlug zu. Als önologischen Berater holte er sich Riccardo Cotarella dazu, ein langjähriger Freund von ihm und einer der gefragtesten italienischen Önologen. Die Geschichte des Weingutes „Comte de Thun“ nahm ihren Lauf.

 

Autochtones? Muss nicht sein

Wo kann man besser Wachküssen üben, als in einem Schloss? Das Chateau de Frausseilles auf dem Plateau Cordais im Gaillac, rund 80 km von Toulouse entfernt.In den Weinbergen fanden die beiden zunächst sämtliche Rebsorten vor, die den AOP-Status des Gaillac führten, und aus denen der Vorbesitzer für die Region typische Cuvées produzierte: Neben Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot waren dies auch die beiden regionalen Sorten Duras und Braucol. Alle Rebsorten bauten sie zunächst einzeln aus – und dann ging es schon ans Aussortieren: die beiden autochtonen Sorten, beschlossen sie, müssen weg: „Sie entsprachen dem Stil, den wir für Comte de Thun anstrebten, einfach überhaupt nicht“, erinnert sich Ferdinand von Thun.  

Besonders angetan war er allerdings von einem alten Syrah-Weingarten. Der Wein von dort überzeugte ihn schon im ersten Jahrgang: straffe Struktur, säuredominierte Spannung und eine charismatische, eigenständige Würze – darauf kann man aufbauen, beschloss er. Die Weinberge, in denen zuvor Duras und Braucol standen, ließ er wiederum mit Cabernet Franc bepflanzen. Riccardo Cottarella kümmerte sich wiederum besonders um den Merlot, und riet außerdem – einer „Eingebung“ folgend, wie er sagt – zu Pinot Noir.

 

Erfolgsgeschichte versiegte im 17. Jahrhundert

Das Gaillac liegt in Südfrankreich und blickt auf mehr als 2000 Jahre Weinbaugeschichte zurück. Es gab Zeiten, als dem dem Bordeaux qualitativ überlegen war.Das Weingut liegt auf dem Plateau Cordais im Norden des Gaillac. Eingebettet in eine Hügellandschaft entlang des Flusses Tarn, ist die Hochebene geprägt von kargen, kalkhaltigen Böden. Sie gilt als das beste Terroir der Region. „Mit Cabernet Franc, Syrah und Pinot Noir haben wir Rebsorten ausgewählt, die das Terroir auf eine unglaubliche Art und Weise artikulieren: charakterstark und eigenständig“, sagt Riccardo Cottarella. Zudem seien alle drei, auch wenn das wenig bekannt sei, Teil der jahrhundertealten Rebkultur des Gaillac.

Das Gaillac ist eine von der Geschichte stark mitgenommene, vor sich hinschlummernde Weinregion. Dennoch mit gewaltigem Potenzial, davon sind die beiden Freunde überzeugt. Schließlich waren die kräftigen, dunkelroten Weine einmal in ganz Europa begehrt – unter anderem, weil sie durch Lagerung immer besser wurden. Sowohl der englische Königshof als als die Oberschicht des Bordeaux sollen ihn sich bis ins 17. Jahrhundert hinein haben liefern lassen. Heute ist der Ruf nahezu vergessen: Heute gibt eine große Bandbreite an Stilistiken, sowohl von Rot- als auch von Weißweinen. Gerade das erschwert es der kleinen Region aber offenbar, sich international zu profilieren.

 

Zwei Crus und ein Zweitwein - charismatisch und elegant

Aus den dunklen Merlot-Trauben entsteht der Cru-Wein La Maze, einer der Flaggschiff-Weine von Comte de Thun.Dagegen wollen Ferdinand von Thun und Riccardo Cottarella etwas unternehmen: mit Weinen von den Cru-Lagen des Weingutes, „La Tarabelle“ und „La Maze“. Der La Tarabelle Syrah gibt eine geballte Würze von Pfeffer, Graphit und dunklen Waldfrüchten, dunkler Schokolade und Kaffee wieder. Dabei hat er feine Tannine und eine erfrischende Säure. Der La Maze Merlot wiederum überrascht zunächst mit einer fast schwarzen Farbe. Dicht strukturiert, ist er dennoch ein eleganter Wein. Er duftet nach Waldbeeren, Pflaumen und Kirschen, weißem Pfeffer, Wacholder, grünem Tee und Rauch. Mineralisch und mit straffen Tannine, bringt er einen rotfruchtigen Geschmack hervor. Beide Weine, darf man erwarten, werden durch Lagerung noch charismatischer und intensiver.

Nicht zu verachten ist allerdings auch der Zweitwein von „Comte de Thun“, der La Parrazal, eine Cuvée aus Syrah, Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Sein Duft ist stark von Syrah geprägt, am Gaumen zeigen sich Merlot und die Cabernets mit ihrer Fruchtausprägung von roten Früchten und Cassis, eingebettet in eine kräuterige Frische und sanfte Tannine.

 

AOP-Siegel: „Wir verzichten gerne“

Diese Auswahl der Rebsorten und die Entscheidung, reinsortige Weine statt Cuvées zu erzeugen, hat allerdings einen Knackpunkt: So bekommt man für seinen Wein nicht die Klassifikation „AOP Gaillac“. Das kann man als Problem sehen – muss man aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn man etwas Neues, Exklusives aufbauen will. Schließlich haben die beiden Weinfreunde ja vor, die Region wachzurütteln: „Wir verzichten gerne auf das AOP-Siegel“, sagt Ferdinand von Thun. „Wir sind überzeugt, dass diese Richtung früher oder später weltweit Anhänger unter den Weinliebhabern finden und sich auszahlen wird. Und zwar nicht nur für uns, sondern für die gesamte Region.“

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Fotos: Comte de Thun

Textquelle: Comte de Thun


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