Geschmackssache von Jakob Strobel y Serra: so topinformiert wie unterhaltsam
Über das Glück, in den besten deutschen Restaurants zu essen
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/67/7d/45/geschmackssache-von-jakob-strobel-y-serra-so-topinformiert-wie-unterhaltsam-9-1607358595.jpgUnterhaltung vom Feinsten gespickt mit Fachwissen und gewürzt mit Sprachwitz und Kritik
Und wie in der Weinszene gibt es auch in der Restaurantszene ein Ranking. Ob Michelin, Gault& Millau oder „Feinschmecker“, jedes Jahr wird mit Spannung erwartet, wer wie viele Punkte, Sterne oder Hauben bekommt. Auch Jakob Strobel y Serra, als Restaurantkritiker tätig für die FAZ, ist in diesem Metier tätig. Seine Kolumnen über Restaurants sind mehr als nur eine Beschreibung und Bewertung der Kochkunst der jeweiligen Köche. Weit ab von einer sachlich, fachlichen Analyse, alles andere als trocken und puristisch, sind die Beschreibungen seiner Geschmackserlebnisse. In bildhafter Sprache, unterhaltsam, mal sinnlich erotisierend, mal klar und kristallin, wie die zu beschriebenen Gerichte schmecken. Ein lukullisches Sprachfeuerwerk, das einem beim Lesen schon das Wasser in den Mund treibt. Es ist schon eine eigene Welt, diese Gourmetküche und Strobel y Serra zeigt sie in all ihren Facetten. Die Highlights seiner Kolumnen sind in diesem Buch festgehalten. Die Leser tauchen ein in eine sinnenfreudige Genusslandschaft, voller Aromen und das Ganze wird gewürzt mit dem unerschöpflichen Sprachwitz des Autors. Lesevergnügen der Extraklasse! Natürlich werden sich die meisten den Besuch eines zwei oder drei Sterne Restaurants nicht leisten können. Manche werden auch sagen, es sei dekadent, aber wie der Autor schon im Vorwort schreibt, ist dieses Buch auch ein Plädoyer gegen gedankenlose Ernährung und Geizgeilheit.
Von Meisterköchen und Individualisten
Aber nun zu dem Buch selbst: Wissend, dass es auch in der Kochlandschaft verschiedene Strömungen gibt, hat Strobel y Serra seine Kolumnen in sechs Bereiche aufgeteilt.
Den Anfang machen „Die großen Meister“. Hier werden Meisterköche wie Joachim Wissler, Klaus Erfort, Christian Jürgens und Sven Elverfeld etc. porträtiert. Als Restaurantester lässt er uns teilhaben an seinen Besuchen, lässt uns mitschmecken, -riechen und -erleben. Dies tut er ungezwungen launig, witzig aber auch mit dem nötigen Sachverstand. Jeden Gang eines Menüs, fasst er in Worte, teilweise sezierend bis ins Kleinste manchmal aber auch schwärmerisch und euphorisch. Doch er belässt es nicht nur bei den sinnlichen Vergnügungen, sondern geht auch auf den Koch/Köchin ein, beleuchtet die Vita, hinterfragt die Philosophie und entlockt manch Interessantes. Natürlich kritisiert er auch bisweilen, wenn er es für angebracht hält. Doch dieses Kritisieren ist kein „Abkanzeln“ sondern ein Hinweis, was vielleicht noch zu verbessern wäre. Es ist müßig, verschiedene Beispiele seiner Beschreibungen aufzuzeigen, sind doch alle von ganz besonderer Eigenart. Manche von wagnerischer Walkürenhaftigkeit andere wiederum von mozartesker Leichtigkeit und Verspieltheit aber immer eine sprachliche Offenbarung.
Von Meisterköchen und ihren Philosophien
Dies gilt natürlich auch für die anderen Kapitel, die er mit „ Die jungen Wilden“, „Die Traditionalisten“, Die Individualisten“, „Die Heimatköche“ und „Die Weltköche“ betitelt hat, je nachdem welche Schwerpunkte in der Küche gesetzt werden. Egal ob sich ein Koch der regionalen, der nationalen oder der internationalen Küche verschrieben hat, egal ob puristisch, einfach und übersichtlich oder großes Kino. Strobel y Serra findet die richtigen Worte.
Die etwas anderen Winzer
Fazit
Selten hatte ich das Vergnügen, ein Buch wie dieses übers Kochen zu lesen. Die Versiertheit der Sprache, das bissige eines Kurt Tucholsky, das sinnliche eines Hermann Hesse kombiniert mit dem verschmitzten Sprachwitz eines Heinz Erhardt und gespickt mit Fachwissen und historischen Hintergründen. Selten hat ein Streifzug durch die deutschen Gourmetküchen so viel Spaß gemacht. Dieses Buch verdeutlicht auf ausdrucksvolle Art und Weise, wie ernst der Autor seinen Beruf nimmt, wieviel Spaß er dabei empfindet, und wieviel Hochachtung er den Künsten der Köche und Winzer zollt. Ein Glücksfall in der doch oft so tristen und austauschbaren „Kochbücherwelt“!
Text: Horst Kröber. Abbildungen: aus dem Buch