Interview mit der Kochlegende Hans Haas
Der TANTRIS-Küchenchef anlässlich seines neuen Buchs
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x560c/be/47/58/interview-mit-der-kochlegende-hans-haas-97-1473694215.pngIn einem Satz gesagt: „Gut kochen können viele, aber das Niveau über Jahrzehnte zu halten, das ist Kochkunst.“
Ein Vierteljahrhundert ist der Tiroler Hans Haas (59) schon Chefkoch des TANTRIS in München. Die Süddeutsche Zeitung und der Tre Torri Verlag (Wiesbaden) erweisen dem Meister der kulinarischen Einfachheit und Gradlinigkeit im Jubiläumsjahr die Ehre. Der Bildband ist der erste Teil der neuen Reihe KOCHLEGENDEN aus der Gourmet Edition der Süddeutschen Zeitung. Auf 240 Seiten stellt Hans Haas 35 der Rezepte vor, mit denen er immer wieder die Geschmacksnerven betört und die Herzen seiner Gäste verzückt. „Einmal Haas immer Haas!“ Für viele Kenner der Münchner Gastronomieszene sowie die Fach- und Nebenfachjournalisten der Zunft ist das ein Axiom. Notabene: Haas’ schnörkellose Kochkunst bedarf in ihrer Stimmigkeit keines weiteren Beweises.
Auf der Fachmesse TENDENCE 2016 in Frankfurt am Main stellte der Tre Torri Verlag zusammen mit DT-Collection den ersten Band dieser Reihe vor. Die Kochkunst des Österreichers fasziniert seitdem seine Gäste. „Weniger ist mehr!“, diesem Prinzip folgen seine Gerichte. Dass das TANTRIS „nur“ zwei Sterne hat, stört Haas überhaupt nicht. Das Restaurant ist stets ausgebucht: mittags 30-40 Personen und abends zwischen 80 und 100. Seine Gäste verkosten die brillanten Menüs, diesseits und jenseits der Sterne. Sterne schnuppern im TANTRIS. So einfach-einfach so. Die 35 in dem Buch vorgestellten und ausführlich sowie leicht verständlich (und somit auch ebenso nachkochbaren) beschriebenen Gerichte, bezeichnet Haas allesamt als Signature Dishes. Das Buch stellt sie in einer ebenso einfachen wie Appetit anregenden, farbigen Bildsprache vor. Ohne extra Food-Styling. Dazu in Schwarz-Weiß Bilder, die die Konzentration auf die große Küche, auf Haas’ Team, den Service, den Wein und all das, was die Sterneprüfer aus dem Hause Michelin, zu den begehrten Emblemen bringt: Nie nolens, sondern immer volens.
Hans Haas ließ sich, trotz weniger Zeit und der Rückreise nach München für das Wein- und Genuss Portal bonvinitas befragen. Liebenswert und geerdet. Ein Sternekoch ohne Allüren. Das Interview führte Alexander Wischnewski:
Wischnewski: Kollegen sagen seit vielen Jahren: Hans Haas macht uns mit seinem Essen glücklich...Wer macht umgekehrt Sie glücklich, wer stimmt Sie zufrieden?
Haas: Die Zufriedenheit der Gäste, die glücklich nach Hause gehen, das ist genau das, worauf es ankommt, Es ist immer ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Das lohnt am Ende eines jeden Tages die Arbeit und die Konzentration und die Kreativität. Aber es macht mich auch glücklich, wenn ich mit meiner Frau oder meinen beiden Kindern raus in die Natur kann, Radl fahren. Oder Skifahren, einfach mal die Seele baumeln lassen. Eben Dinge machen für die der Beruf sonst kaum Zeit lässt.
Wischnewski: Haas, die Kochlegende. Ist das jetzt schon so eine Art vor formatierter Lebensabschnitt?
Haas: Nein, ich denke nicht daran aufzuhören. Ich bin noch gut drauf und das Leben hält noch viel Spannendes bereit. Hauptsache man ist gesund.
Wischnewski: Welches Signature Dish hat Ihre Karriere von Anfang an begleitet, waren Sie innovativ, Ihrer Zeit voraus?
Haas: Ach, das sind schon mehrere. Wichtig war und ist für mich immer das Einfache. Irgendwann konnte ich das ganze Filetzeugs nicht mehr sehen. Ich habe -da hat das noch niemand gekocht- als Chef im Frankfurter Brückenkeller Rinderbacke geschmort ... Heute eine hoch begehrte Delikatesse. Das war in der Zeit zwischen 1987 und 1991. Oder der Lachs in der Folie. Wenn man einen Lachs brät oder pochiert, dann ist er eben immer trocken. Aber in dieser Zubereitungsform kommt er geschmacklich voll zur Entfaltung. Und das muss auch so sein...
Wischnewski: ...aus Respekt vor der Natur, der Kreatur?
Haas: Ja, natürlich, ganz genau! Ich sage meinen Köchen gleich zu Anfang: Schmeißt’s den Fisch nicht so auf die Anrichte... das macht der dann nicht noch einmal. So sollte man handeln, wenn man so etwas Wunderbares, wie Fisch oder Fleisch und auch Gemüse zubereiten darf. Das muss mit Respekt geschehen. Das lernen meine Mitarbeiter als Erstes. Ich stamme ja von einem Bauernhof, den mein Vater aufgebaut hat, heute wird er von meinem Bruder bewirtschaftet. Die Tiere haben alle Namen und bekommen gutes Heu und kein Silofutter. Und wenn die geschlachtet werden... das kriegen die gar nicht mit. Das TANTRIS bezieht seine Produkte fast alle aus der Region. Fische aus dem Lech, Geflügel aus Niederbayern. Kälber im Ganzen, und Rinder als Hälften. Und da wird jedes Stückerl auch verwendet. Und nichts ist eingefroren oder vakuumiert.
Wischnewski: Gibt es Gerichte, die Sie von Ihrer Mutter her kennen und für die Sie meilenweit gehen würden?
Haas: Oh ja, die Buttermilch mit der sie Krapfen gemacht hat. Diesen natürlichen Geschmack, den vergesse ich nie. Und das ist bei den Gästen dann genau so, da werden Kindheitserinnerungen wach.
Wischnewski: Drei Sterne, zwei Sterne. Ist das eine Belastung ein Psychostress?
Haas: Nein. Aber die zwei, die wir haben, da müssen wir unsere Leistungsfähigkeit und Kreativität täglich unter Beweis stellen. Die Gäste sind die Sterne. Wir sind jeden Tag gut gebucht, das sagt doch alles, auch und vor allem in einer Stadt wie München. Wir haben um die 100 Plätze und die sind immer besetzt. Der Stammgast ist für uns das Maß aller Dinge.
Wischnewski: Würden Sie als Gastkoch mal irgendwo für eine kurze Zeit antreten, ein Teamkennen lernen und auch Knowhow weitergeben?
Haas: Ja, ab und zu ist das reizvoll. Im Hangar 7 in Salzburg, um meinem Lehrmeister Eckart Witzigmann eine Referenz zu erweisen und fachzusimpeln. Auch Harald Wohlfahrt, Marc Haeberlin, Roland Trettl und Bobby Bräuer haben mitgekocht. Das war eine wunderbare Geschichte. Aber eines ist für mich wichtig, es kommt nicht nur auf den Koch an, sondern auf den Menschen. Diese Balance muss stimmen.
Wischnewski: Sie haben ganz genaue Vorstellungen von Nachhaltigkeit und das hat Sie sogar zum Künstler gemacht...
Haas: Ja, angefangen hat es, als ich einen Kalbskopf ausgelöst habe. Da hat mich der Unterkieferknochen angeschaut wie eine schnatternde Ente. Ich bin der Überzeugung, dass man genauso auch einem ausgelösten Fisch gegenüber diesen Respekt zollen sollte. Also habe ich Steinbutt-Karkassen von allen Fleischresten befreit und diese dann farbig lackiert und zu einem Turm aufgeschichtet. Das hat schon viele unserer Gäste begeistert. Aber diese Kunstwerke gehören zur Dekoration des TANTRIS und bleibt als Installation hier. Auch wenn Einige bereit gewesen wären, viel Geld auf den Tisch zu legen.
Die Kochlegende Hans Haas
240 Seiten, zahlr. Farbfotos
240 Seiten, zahlr. Farbfotos
Verlag Tre Torri
€ 39,90 (D) | € 41,10 (A)
ISBN 978-3-944628-83-7
ISBN 978-3-944628-83-7
Text: Alexander Wischnewski; Cover: Copyright Tre Torri Verlag; Food-Bilder: 3c4y Food Photography für den Tre Torri Verlag
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