Untertitelt ist es mit „Eine kulinarische Reise über die Grenzen“. Damit ist auch schon klar, worum es in diesem Buch geht. Oder nicht? In der Tat es geht nicht nur ums Essen. Es geht um Geschichte und Geschichten. Es geht darum, wie hängt  dies und das miteinander zusammen. Wo sind die Schnittstellen zwischen Deutschland und Frankreich. Wer bringt sich wie ein und was kommt bei dieser „Verschmelzung“ heraus? Dies bringt Matt-Willmatt auf wunderbare Weise auf 224 Seiten zum Ausdruck, indem er 35 Restaurants im Elsass und in Baden vorstellt, die alle einen deutsch-französischen Bezug haben. Egal ob Deutsche im Elsass ein Restaurant betreiben oder umgekehrt, oder ob der Hauch der Geschichte manche Restaurants umweht, immer ist diese mittlerweile zum Alltag gewordene deutsch-französische „Kooperation“ spürbar.

 

Was wäre ein solches Buch ohne die entsprechenden Bilder. Läuft einem bei den Aufnahmen des in Freiburg ansässigen Fotografs Heinz Linke, was das „Foodstyling“ betrifft, schon das Wasser im Mund zusammen, so versteht dieser es, auf interessante Art und  Weise die Texte von Matt-Willmatt bildhaft zu komplettieren. 

 

Bevor ich auf den Inhalt eingehe, möchte ich die beispielhafte Recherchearbeit loben. Die Geschichten die Matt-Willmatt jedem Restaurantportrait vorangestellt hat sind spannend, reich an Informationen und Anekdoten und in einer Art geschrieben, dass beim Lesen nie Langeweile aufkommt sondern Neugierde geweckt wird. Egal ob es die Begegnung  Adenauers mit Charles de Gaulle, und nachfolgend viele Treffen der deutschen und französischen Staatschefs in Brenners Parkhotel sind, oder die Erinnerung an Goethe und seiner Liebschaft mit Friederike Brion in der Auberge du Boeuf wach gehalten werden, man wird bestens unterhalten und ein ganzes Stück gescheiter beim Lesen. Wer hätte gedacht, dass man mit 102 Jahren noch fit ist. Die Geschichte von Mina Uhlmann aus dem elsässischen Obersteinbach zeigt dies und  liest sich wie ein Streifzug durch die deutsch-französische Geschichte. Jeweils auf einer Seite des Buches erzählt Matt-Willmatt solche Geschichten und stellt in kurzen prägnanten Worten das jeweilige Restaurant vor. Daneben erfährt der Leser auf der gleichen Seite, etwas abgesetzt, was auf den Bildern zu sehen ist.

 

Klassisch ist dann die Aufteilung wenn es um die Rezepte geht: auf einer ganzen Seite ist das jeweilige Gericht abgebildet und auf der anderen Seite dessen Zubereitung. Zutaten und Zubereitung sind gut beschrieben und übersichtlich angeordnet. In der Regel sind alle Rezepte für 4 Personen ausgerichtet. Sinnvoll und hilfreich fand ich, dass die einzelnen Schritte der Zubereitung deutlich kenntlich gemacht wurden. Dies möchte ich am Rezept „Münstertäler Gamsrückenterrine“ des Restaurants „Spielweg“ verdeutlichen. Hier wird neben der Zubereitung des Gamsrückens  und der Terrine auch die Zubereitung des notwendigen Wildfonds, der Wildbrühe, der Wildconsommee gut beschrieben. Auch die Tipps was das Anrichten betrifft, können sicherlich oft hilfreich sein. Ein kleines Statement des jeweiligen Küchenchefs bildet den Abschluss eines jeden Rezeptes.

 

Die ausgesuchten Restaurants, von der einfachen Gastwirtschaft bis hin zur Sterneküche, sind Zeugnis der enormen Bandbreite der elsässischen und badischen Küche. Entsprechend sind natürlich die ausgesuchten Gerichte mehr oder weniger aufwendig. So sind ein Spargelsalat mit Zuckererbsen und Cherry-Tomaten an Zitronenolivenöl-Dressing oder ein geräuchertes Forellenfilet an Sahnemeerrettich mit lauwarmen Pfifferlingen sicherlich nachkochbar. Wohingegen Einige doch mit der Zubereitung eines Gebratenen Wolfsbarschfilet auf Chorizostampf mit Paellasud und gegrilltem Lauch an ihre handwerklichen Grenzen stoßen dürften. Aber wie sagt das Sprichwort: man wächst mit seinen Herausforderungen. Appetit machen die ausgesuchten Rezepte allemal. Je zwei Rezepte pro Restaurants lassen das Herz eines jeden Hobbykochs höher schlagen.

 

 

Wer noch eines Beweises bedarf, wie deutsch französische Zusammenarbeit auf kulinarischer Ebene möglich ist, der findet es in diesem wunderbaren Buch. Selten fand ich nützliche, sachliche Informationen in solch einer kulinarischen Verpackung. Jedes Mal wenn ich ein wenig in diesem Buch geblättert und gelesen habe, verspürte ich eine unbändige Lust, mich mit ein Glas Wein in die Küche zu begeben und los zu kochen. Was will man mehr. Ein Buch das mehr ist und mehr sein will als nur ein Kochbuch. Ein Buch nicht nur für die deutsch-französischen Grenzanrainer des Oberrheins sondern für Jeden, der erfahren will wie Völkerverständigung kulinarisch funktioniert.

Cover: Verlag