2015 auch in Österreich ein Top-Weinjahrgang - was eventuell sich einlagern?

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Von  5800
Lese im Weingut Bauer in Jetzelsdorf.' Lese im Weingut Bauer in Jetzelsdorf.

Wir haben viele österreichische Winzer befragt und viele Antworten allergrößter Zufriedenheit mit dem Jahrgang erhalten:

Reinhard Waldschütz, Weingut Waldschütz: Ältere Anlagen konnten die Wasserreserven aus der Tiefe holen. Foto: Wilke Weingut Gross: Südsteiermark wurde von großen Hitzeschäden verschont. Christian Reiterer, Weingut Reiterer: Super Säuregerüst und herrliche Aromatik Weingut Christ: Sehr lockere Traubenstruktur. Weingut Krutzler: Die kühlen Nächte im Herbst waren sehr positiv für die Aromenbildung. Christof Winkler-Hermaden, Schloss Kapfenstein: Der kräftige Alkohol ist gut eingebunden. Bioweingut Geyerhof: Wenig raue Äpfelsäure, hoher Anteil edle Weinsäure.  Foto: Stefan Knittel Weingut Schröck: Heidi Schröck freut sich über die Ernte 2015. Foto: Steve Haider Monika Neustifter, Weingut Neustifter: Säure gut balanciert. Foto: Steve Haider Weingut Sattlerhof über die 15er Jungweine: Schöner Druck am Gaumen. Weingut Zöhrer: Top-Jahrgang Weingut Pfeffer: Mächtiger Jahrgang für die Rotweine. Weingut Payr: Sehr weiche Tannine.

Sehr warmer und weithin äußerst trockener Sommer

Großes Thema war, wie auch in Deutschland, der sehr warme und trockene Sommer. Zwei markante Hitzewellen mit Höchstwerten stellenweise bei 38° C machten den Juli 2015 zum wärmsten Juli der 248-jährigen Messgeschichte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien. In den jüngeren Anlagen mussten die Winzern vielfach wässern, „doch die älteren Anlagen konnten die Hitzewelle sehr gut verkraften, weil die Wurzeln sehr tief gehen, um sich die nötigen Wasserreserven zu holen“, wie das Weingut Waldschütz in Elsarn im Kamptal erklärt. In der Steiermark hat es etwas mehr geregnet. „Die Südsteiermark wurde im Hitzesommer 2015 von erheblichen Trockenschäden verschont“, meldet das Weingut Gross in Ratsch an der Weinstraße und spricht von einer perfekten Wasserverteilung, dem auch das Weingut Christian Reiterer in Wies in der Weststeiermark beipflichtet und von einem super Säuregerüst und herrlicher Aromatik der Weine spricht. Für die Lese war das Wetter geradezu optimal. „Der September hatte Bildbandqualität“, beschreibt es die Domäne Wachau in Dürnstein.

Kleine Beeren, dicke Schalen – viel Aromen!

Das Ergebnis waren nicht nur außerordentlich gesunde Trauben, was allseits mitgeteilt wurde, sondern auch „eine sehr lockere Traubenstruktur“, wie das Weingut Christ in Wien-Jedlersdorf betont. Zugleich führte die Trockenheit dazu, „dass die Beeren kleiner und die Schalen dicker waren, was sich zusammen mit den kühlen Nächten sehr positiv auf die Aromenbildung auswirkte“, so das Weingut Reinhold Krutzler in Deutsch-Schützen. Denn es ist bekannt, dass die Aromen vor allem in den Beerenhäuten gespeichert werden. „Eine ausgeprägte Sortentypizität sowie reife und oft exotische Frucht stehen im Vordergrund. Der kräftige Alkohol ist gut eingebunden“, begeistert sich das Weingut Winkler-Hermaden Schloss Kapfenstein in Kapfenstein über die 15er Jungweine. Dem pflichtet auch das Weingut Wimmer-Czerny in Fels am Wagram bei: „Der trockene Sommer härtete die Schalen und gab dem Jahrgang Sunstanz; die Reben arbeiteten viel.“

Relatif hohe Öchsle-Werte, Hohe Reife, hoher Weinsäureanteil

Die Öchslegrade bzw. die in Österreich verwendeten KMW-Werte (Klosterneuburger Mostwaage – um Öchsle zu kommen, mit Daumenfaktor 5 multiplizieren) lagen relativ hoch, waren aber noch erträglich. Das Weingut Bauer in Jetzelsdorf spricht von 85 bis 110° Öchsle, was vielfach bestätigt wurde. 95° Öchsle entsprechen 13 Vol.% Alkohol. Der Grund ist weitgehend: „Während der großen Hitze im Sommer haben die Reben ihren Stoffwechsel so reduziert, dass keine Zuckereinlagerung erfolgte, so dass wir trotz heißem Jahr keine alkoholreichen Weine erwarten müssen“, so das Bioweingut Geyerhof in Furth. Um zu den Säurewerten nochmals das Weingut Winkler-Hermaden zu ziteren: „Das extrem reife Traubenmaterial führte zu niedrigen Gehalten an Äpfelsäure und hohen Anteilen an Weinsäure.“ Denn es ist die Weinsäure, welche den Weinen den reiferen und edleren Charakter verleiht im Gegensatz zur raueren Äpfelsäure. „Die Säure ist gut balanciert“, freut sich das Weingut Neustifter in Poysdorf.

Hohe Extraktwerte und große Harmonie

„Durch den hohen Extrakt und der extremen Fruchtigkeit wirken die Weine sehr ausgewogen“, beschreibt Waldschütz den Jahrgang. Das Weingut Weszeli in Langenlois spricht von viel Tiefgang und das Weingut Sattlerhof in Gamlitz von „ausgeprägtem Charakter und schönem Druck am Gaumen.“

Gute Bedingungen für Edelsßüße

"Als heuer zwischen 10. und 20. September die Trockenweine geerntet wurden, zeigten die Trauben jedoch noch keine Anzeichen für eine beginnende Botrytis. Ganz Österreich freute sich über den prächtigen sonnigen und trockenen Herbst. Doch für die Botrytis waren diese Bedingungen noch nicht ideal. Entsprechend stieg die Spannung. Optimale Bedingungen führten dann zur doppelten Erntemenge wie im Vorjahr. Anfang Oktober war es soweit. Kurze aber heftige Regenfälle rund um den Neusiedler See sorgten für die nötige Feuchtigkeit. Gleich darauf wurde es wieder warm und das 'Mirakel der Süßweine'", wie Heidi Schröck vom Weingut Schröck in Rust am Neusiedlersee die Entstehung der Botrytis gerne nennt, "nahm seinen Anfang." Zur Info: Botrytis heißt der Edelpilz, der reife Trauben befällt und austrocknen lässt, so dass der Winzer edelsüße Weine keltern kann. Es ist sozusagen eine natürliche Konzentration am Weinstock.

 

Summa summarum ein Top-Jahrgang – was vielleicht einlagern – solides Zukunftspotenzial

„Die jungen 2015er probieren sich fruchtbetont und cremig“, fasst das Weingut Nigl in Senftenberg zusammen. „Stilistisch wird der Jahrgang wohl zu kräftigen, dichten Weinen mit harmonischer Säure und solidem Zukunftspotenzial tendieren“, um die Domäne Wachau nochmals zu zitieren. Das Weingut Zöhrer in Krems spricht von einem Top-Jahrgang. „Mein Resumee“, meldet das Weingut Pfeffer in Gaweinstal, „toller Jahrgang für die Weißweine, mächtiger Jahrgang für die Rotweine“, und führt im Einzelnen aus: „Die Rotweine, blauer Zweigelt und Pinot Noir, zeigen sich in sehr dunkler Robe mit toller Länge, beeindruckender Beerenfrucht und einer großen Menge an reifen Tanninen. Der Ausbau im Holz wird das Übrige für diese tollen Jungweine tun.“ Das Weingut Payr in Höflein hebt nochmals die sehr weichen Tannine hervor. So verspricht der 2015er ein hervorragender Rotweinjahrgang zu werden. Wir können uns schon darauf freuen, die Weine nach ein bis zwei Jahren Reifung zu verkosten. Ich bin auf jeden Fall gespannt. Auch auf gute edelsüße Tropfen können wir uns freuen.

Weinfreunde, die über einen kleinen privaten Weinkeller verfügen, fragen sich ja immer, wo sollte man zuschlagen und was sich vielleicht einlagern. So lohnt es, die weitere Entwicklung des 2015ers zu verfolgen und dann zuzugreifen. Ich möchte empfehlen, bei Weißweinen vor allem auf die genannte Harmonie bei ausreichender Säure zu achten, so dass im Laufe der weiteren Entwicklung der Alkohol nicht in den Vordergrund tritt. Die gelobten Rotweine sprechen für sich selbst.

Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas

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Fotos: PR falls nicht anders angegeben


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