„Spannend und turbulent hat das Jahr 2024 begonnen“. Mit diesen Worten eröffnete der Präsident des Badischen Weinbauverbandes (BWV) Rainer Zeller die Neujahrspressekonferenz. Die Verunsicherung der Winzer sei groß und es fehle jedwede Planungssicherheit. Kaum zu verstehen seien die holprigen und abrupten Entscheidungen der Regierung. Verursacht sei diese Verunsicherung durch eine Flut an Verordnungen, Auflagen und die überbordende Bürokratie. Zudem beklagte Zeller die schlechte Kommunikation zwischen Regierung und den Fachverbänden. Diese kämen zu der Zeit, in der der Weinbau ohnehin unter großen Marktverwerfungen leide. Um ihren Unwillen kundzutun hätten sich auch viele Winzerinnen und Winzer an den sogenannten Bauerndemonstrationen beteiligt. Um die Themen der Kundgebungen in der öffentlichen Wahrnehmung zu halten, müssten die Gespräche mit der Politik weiter intensiviert werden und es müsse gemeinsam an Lösungen für die Branche gearbeitet werden. Kritische Marktentwicklung
„Die wirtschaftliche Situation ist mittlerweile für viele Betriebe so schwierig, dass perspektivisch auch in Baden sicher einige Flächen aus der Bewirtschaftung fallen werden.“, so Zeller. Diese Aussage Zellers untermauerte der Geschäftsführer des Verbandes Holger Klein mit aktuellen Marktzahlen, so sei der Pro-Kopf-Verbrauch von Wein im zurückliegenden Jahr weiter zurückgegangen. Er liegt jetzt bei nur noch 19,9 Litern/Jahr. Auch der Marktanteil deutscher Weine im Inland ist weiter rückläufig und liegt gegenüber 43 % aus dem Vorjahr jetzt nur noch bei 41 Prozent . Die Gründe dafür sind mannigfaltig. So konsumieren in schwierigen Krisensituationen besondere preissensible Konsumenten bevorzugt günstigere, importierte Weine. Mit Preisen von unter 50 Cent für den Liter Fasswein könnten deutsche Produzenten nicht konkurrieren. Insbesondere nicht bei stetig steigenden Produktions- und Lohnkosten, so Klein. Noch habe sich die Krise allerdings nicht merklich auf die Flächenentwicklung ausgewirkt. Nach vorläufigen Zahlen der Weinbaukartei hat sich die bestockte Rebfläche in Baden nur unwesentlich um 44 ha auf jetzt 15.702 ha verringert. In den zurückliegenden 10 Jahren ist die Rebfläche um etwa 150 ha geschrumpft, also um rund 1 Prozent der Anbaufläche. Es sei jedoch mittelfristig damit zu rechnen, dass der Rückgang deutlicher ausfalle, weil sich insbesondere Nebenerwerbsbetriebe aus dem Weinbau zurückziehen, wenn der Weinbau sich immer weniger rentiere. Auch sei schon festzustellen, dass sich große Betriebe etwas verkleinern, um Kosten für Fremdarbeitskräfte zu sparen.
Weißweine im Trend
Positiv bewertet der Verband die Zunahme von weißen Rebsorten in Baden. Deren Flächenanteil ist in den letzten 20 Jahren um 500 Hektar auf heute 9.675 ha angewachsen. Das entspricht einem Anteil von 61,6 Prozent gegenüber 38, 4 Prozent bei roten Sorten.
Grauburgunder führt bei den weißen Sorten die Statistik an. Er nimmt 15,3 % der Rebfläche ein. Das entspricht 2.398 ha (fast 40 ha mehr als im Vorjahr. Zweitwichtigste weiße Sorte ist der Müller-Thurgau mit 2.164 ha und einem Anteil von 13,8 Prozent an der Gesamtrebfläche. Danach folgen Weißburgunder (10,6%), Gutedel (6,5 %), Riesling (5,6%) und Chardonnay (2,4 %).
Nachhaltige Neuzüchtungen legen zu
An 9. Stelle mit immerhin 125 ha kommt die wichtigste pilzwiderstandsfähige Weißweinsorte der Souvignier Gris. Die Fläche des Souvignier Gris ist im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent angewachsen. Deutschlandweit liegt die Sorte auf Platz 3 der wichtigsten weißen PIWI- Sorten hinter Cabernet Blanc (570 ha) und Solaris (384 ha). Ein Drittel aller Souvignier Gris Stöcke steht also in Baden. Die Sorte wurde 1983 in Freiburg vom Staatlichen Weinbauinstitut gezüchtet. Der Weinbauverband ist überzeugt, dass die Sorte in Baden eine erfolgreiche Zukunft haben wird und ist dabei ein Sortenprofil zu entwickeln.
Spätburgunder bei den Rotweinen dominant
Bei den Rotweinen dominiert der Spätburgunder. Mit 5.031 ha und einem Flächenanteil von 32 Prozent ist er mit Abstand die wichtigste Rebsorte des Anbaugebietes. Die anderen roten Sorten sind statistisch gesehen zu vernachlässigen. Lediglich der Schwarzriesling, der insbesondere im Kraichgau eine regionale Spezialität darstellt, fällt mit rund 200 ha noch ins Gewicht. Der Regent liegt schon unter 200 ha im Anbau und verliert weiter an Fläche. Auch die internationalen Sorten Merlot, Cabernet Sauvignon oder Syrah haben jeweils weniger als 0,5 Prozent Flächenanteil.
Erntemenge unter Vorjahresniveau
Die Erntemenge lag mit 126,6 Mio. Litern rund 10,5 Mio. Liter unter der Erntemenge des Vorjahres (137 Mio. Liter). Der Durchschnittsertrag lag mit 83,9 hl/ha unter dem erlaubten Höchstertrag von 90 hl/ha und auch unter dem Vorjahresertrag von 88,4 hl/ha. Am Tuniberg konnten die höchsten Erträge eingefahren werden, während an der Badischen Bergstraße nur 70,5 hl/ha und im Kraichgau nur 74,8 hl/ha im Durchschnitt geerntet wurden. Trotz mehrerer Hagelereignisse konnte im Markgräflerland noch ein Durchschnittsertrag von 86,3 hl/ha eingebracht werden, das ist auf die gute Blüte und in der Folge guten Behang zurückzuführen. Die Weine präsentierten sich fruchtbetont bei moderatem Alkoholgehalt. Eine Stilistik, die bei den meisten Endverbrauchern sicherlich auf positive Resonanz stoßen werde.
Die ehemalige Deutsche Weinkönigin Katrin Lang wirbt für Baden
Im Anschluss stellte Geschäftsführer Klein die neue Referentin für Herkunftskommunikation, Katrin Lang, vor, die seit Januar im Verband tätig ist, nachdem die Gebietsweinwerbeorganisation zum 31.12.2023 ihre Aktivitäten einstellen musste.
Katrin Lang war 2021/22 Badische Weinkönigin und 2022/23 Deutsche Weinkönigin. Ihr Fachwissen hat sich die 24- jährige in ihrer Ausbildung im Staatsweingut Freiburg, in einem anschließenden Weinbau- und Oenologiestudium am Weincampus in Neustadt (Pfalz) sowie als Kellermeisterin angeeignet. Der Verband habe gemeinsam mit der Weinwerbung ein Konzept für die kommenden zwei Jahre entwickelt und freue sich, dass er mit der ehemaligen Deutschen und Badischen Weinkönigin Katrin Lang, eine versierte und sympathische Fachfrau für diese wichtige Aufgabe gewinnen konnte. Flankierend zur Tätigkeit von Lang möchte der Verband eine auf zwei Jahre angesetzte Kommunikationskampagne organisieren, die aus freiwilligen Abgaben aller Weinbaubetriebe finanziert wird. „Außerdem werden wir politisch daran arbeiten, dass die Schutzgemeinschaft perspektivisch eine Möglichkeit zur Finanzierung ihrer Tätigkeit über eine allgemeinverbindliche Abgabe erhält.“, so Klein. „Gemeinsam mit unseren Winzerinnen und Winzern und mit der Unterstützung unserer Partner im Tourismus muss es uns gelingen, das drittgrößte deutsche Anbaugebiet auch in der Wahrnehmung der Verbraucher wieder nach vorne zu bringen.“
Bericht und Foto von Katrin Lang: Horst Kröber, Aufmachermontage: bonvinitas; Hintergrundfoto (Durbach) sowie Karte: Badischer Weinbauverband; Foto Spätburgunder: Dieter Simon, bonvinitas