In keinem Land der Welt gibt es eine größere Auswahl an Brot und Brötchen als in Deutschland. Aber muss man selbige immer in der Bäckerei kaufen? Immer mehr haben sich Großbäckereinen breit gemacht und etabliert. Nur noch selten kann man in Bio-Bäckereien die Backwaren kaufen, die auf natürliche Art und Weise und ohne Fertigbackmischungen hergestellt werden. Was also spricht dagegen, es einmal selbst zu versuchen. Eine wunderbare Motivation und entsprechende Anleitung dafür bietet das Buch von Valesa Schell „Der Brot Backkurs. Einfach starten - Profi werden.“
Handwerkszeug und Grundbegriffe
Auf knapp 200 Seiten lehrt die Bloggerin Valesa Schell in einem „Einsteigkurs“ leicht verständlich und nachvollziehbar, sozusagen von der Pike auf, wie man Brot selbst bäckt. Bevor man sich allerdings an das Backen wagt, empfiehlt es sich, die vorgeschalteten Kapitel gründlich durchzulesen. So beschäftigen sich die ersten 30 Seiten mit dem fürs Backen notwendigen Handwerkszeug, den kleinen und großen Helfern des Bäckereihandwerks. Des Weiteren werden spezifische Begriffe und Grundkenntnisse sowie Brotbackmethoden ausführlich und teilweise bebildert auch für Laien verständlich erklärt. In der Regel widmet Schell jedem speziellen Brot eine Doppelseite. Ein ganzseitiges Farbbild zeigt das fertige Produkt. Auf der anderen Seite findet man die Rezeptur. Selbige ist aufgeteilt in Zubereitungszeit, Stockgare, Stückgare und Backzeit. Die Rezeptur ist in der Regel für das Backen eines Brotes ausgerichtet. Ausführlich wird dann die Zubereitung beschrieben. So zeugen an die 50 ausgesuchte Rezepturen von der Vielfältigkeit der Brotbackkunst.
Verschiedene Techniken
In acht Rubriken aufgeteilt, wird man mit den verschiedensten Techniken vertraut gemacht. Den Anfang macht das Brot backen mit Hefe. Jedem einzelnen Kapitel ist eine kurze Erklärung über die Backart vorangestellt. Erst dann folgen die einzelnen Rezepturen. So läuft einem bei den Bezeichnungen „Weizen-Buttermilch-Krusten-Brot“, „Mischbrot all in One“ oder Joghurt- Krüstchen“ das Wasser im Mund zusammen und man glaubt schon im Vorfeld den Geruch des frisch gebackenen Brotes in der Nase zu spüren. Die wunderbaren Fotos tun dabei ihr Übriges. Farblich abgesetzt ist jeder Rezeptur eine kurze Erklärung bzw. ein spezieller Tipp vorgeschaltet.
Backen mit Sauerteig
Dies Genusserlebnis gilt natürlich auch für die sich anschließenden Brote, die aus Sauerteig gebacken wurden. Die Herstellung der verschiedensten Sauerteige gestaltet sich recht aufwendig, ist allerdings dank der guten Erklärung auch für Laien machbar. Ob Roggen, Weizen oder Dinkel, aus jedem der Getreidesorten lässt sich Sauerteig herstellen. Und so kommt man letztendlich zu dem Genuss, eines wohlschmeckenden „Roggenbrotes“, eines deftigen „Bauernbrots“ oder eines „3 Korn Mischbrots“. Auch ein „Weizenbrot mit Bierkruste findet man in dem reichhaltigen Portfolio.
Koch- Quell-, Brühstück und Lievito Madre
Wer wissen will, was ein Koch-, Quell- oder Brühstück ist, oder was es mit einem Autolyseteig auf sich hat, wird im nachfolgenden Kapitel fündig. Durch tolle Endprodukte wie „ Karotten-Kürbiskern-Brot“, Zucchini-Nuss-Krusten-Brot“ oder „Rustikaler Buttermilchlaib“ wird man sicherlich für seine Arbeit mehr als entschädigt. Langsam aber merklich steigert sich der Schwierigkeitsgrad hinsichtlich der Zubereitung. So wie der Brot-Back-Fan als Nächstes mit dem Backen mittels Lievito Madre konfrontiert. Köstlichkeiten wie ein „Cidre-Krüstchen“ oder ein „Italienisches Landbrot“ sind unter anderem die Ergebnisse dieser besonderen Backmethode.
Brötchen, Baguette, „Wilde Hefen“ und Vollkorn
Als Königsdisziplin bezeichnet Valesa Schell das Backen von Brötchen und Baguettes. In der Tat, was gibt es köstlicheres, als beim Frühstück in ein knuspriges Brötchen oder beim Grillen oder sonstigen Gelegenheiten in ein knackig frisches Baguette zu beißen. So entlocken denn auch ein „ Frühstücksbrötchen All in One“, „Joghurt Doppelinos“ oder „Rustiküsse“ einem jedem Frühstücker ein „Oohh und Aahh“. Wilder wird es in der nächsten Rubrik, die sich mit dem Backen mit Wilden Hefen beschäftigt. Ob „Rustikales Wurzelbrot“ oder „Karottenbrot“, wenn dazu dann noch eine deftige Vesper gereicht wird und ein Glas Wein: Herz was willst du mehr.
Wie gesagt, es wird schwieriger. So untertitelt Schell das nächstfolgende Kapitel „Vollkorn“ mit „für Backprofis“. Aber mit der eingehenden Beschreibung dürfte es auch für Amateure möglich sein, mit etwas Geschick und Durchhaltevermögen „Pumpernickel“ oder einen „3er Vollkornlaib“ herzustellen.
Wenn es auch bisher sicherlich schon für jeden Brot-Back-Neuling aufregend und besonders war, so setzt das letzte Kapitel noch eins drauf:
Backen mit besonderen Mehlsorten und Getreidearten
Was für die Handwerker nach Abschluss der Lehre sein „Meisterstück“ ist, ist für den Brotback- Enthusiasten sicherlich die Herausforderung sich an außergewöhnliche Backmethoden heranzuwagen und sie letztlich zu „meistern“. So kann man dann auch bei den geladen Gästen mit „Alpen-Röggelchen“, „Manitobastücken“ oder einem „Schweizer Krüstli All in One“ sicherlich kräftig Eindruck schinden.
Fazit:
Erfreulich weit weg von jeder „Fertigbackmischung“. Zurück zu den Wurzeln. Zurück zum eigentlichen Handwerk, zur Handarbeit, zum Hand anlegen. Es macht Spaß in diesem Buch zu blättern und von Seite zu Seite steigert sich die Lust, es einmal selbst zu versuchen. Erfreulich auch, dass nicht, was in letzter Zeit fast üblich ist, von gesund oder ungesund geschwafelt wird. Hier geht es um ureigensten Genuss und alte Tradition. Und das ist gut so! Natürlich ist es einfacher ein fertig vorgebackenes, eingeschweißtes Brötchen aufzubacken. Aber was hat das mit Genuss und Lebensqualität zu tun. Nichts!! Also ran ans Selbstbacken. Dieses Buch liefert dazu eine perfekte Grundlage.
Horst Kröber
Valesa Schell
Der Brot-Backkurs
192 S., 176 Farbfotos, gebunden
Verlag Eugen Ulmer 2019
ISBN 978-3-8186-0687-9
€ 19,95