Ein neuer Stern geht auf: „Goldes Loch“ im Schloss Neuweier
Wein und Speisen komplett neu gedacht – modernes Restaurant sowie hochelegante historische Salons
https://bonvinitas.com/media/reviews/photos/thumbnail/780x480c/96/4d/f0/ein-neuer-stern-geht-auf-goldes-loch-im-schloss-neuweier-4-1598628810.jpgDas Restaurant „Goldenes Loch“ - Wein und Speisen neu gedacht
Mit Joachim Altvater hat Schätzle einen außerordentlich phantasievollen Koch und Manager auch für Events gefunden. Altvater, der zuvor nicht nur auf Kreuzfahrtschiffen rund um die Welt tätig war, sondern auch Leiter von „The Grill“ im Casino Baden-Baden, bringt ganz Neues auf die Teller, abgestimmt mit den Gewächsen des Weinguts. Diese werden vorwiegend in 0,1 l Gläsern angeboten, „damit viele Kombinationen möglich und zu verkosten sind“, wie er erklärt.
Zum Entrée bietet er zum Beispiel Artischockenboden mit Salzzitronen, frischen Erbsen und Pfifferlingen oder Lauwarme Jakobsmuschel mit Nussbuttervinaigrette. Altvater: „Wir richten vieles mit frischen Kräutern an und bringen auf diese Weise Traditionelles ins Moderne. Wir schauen darauf, möglichst Abfall zu vermeiden und jeweils die ganze Pflanze zu verwenden. Denn da sind ja viele wertvolle Stoffe drin.“ Sehr interessant ist auch seine Lachsforelle Tartar mit Rettich und Passionsfrucht – der Rettich ist sehr mild und beides eine überraschend gute Kombination, wie ich nach eigenem Probieren bestätigen kann – prima dazu Riesling oder auch Sauvignon Blanc. Dass sein Rinderfilet auf der Zunge zergeht, braucht keine weitere Erklärung, wozu er auch selbst bereitete frische Umami-Sauce reicht - jene Geschmackskomponente, welche die Zunge neben süß, salzig, sauer, bitter und scharf nach neuesten Erkenntnissen aus Japan übernommen mit fleischigen Aromen wahrnimmt. So kann, was Altvater bietet, echt als wegweisend gelten.
Das „Goldene Loch“ wurde erst am 15.8.2020 eröffnet. Es befindet sich im Erdgeschoss oder besser im Zugbrückengeschoss mit einer Terrasse gleich unter den Weinbergen. Zuvor hatte Armin Röttele dort sein Restaurant mit Michelin Stern betrieben. Schätzle: „Röttele und wir haben uns getrennt, denn wir wollten ganz bewusst etwas Neues bieten, eine Erlebnisadresse mit dem Ideen-Restaurant, den Salons und Events, und dies mehr mit unseren Weinen verbinden. Wir sind jetzt erst am Anfang und möchten die Dinge noch weiter entwickeln, wie ein preisgünstiges Bistro hinzufügen und natürlich Events bieten, wozu wir uns auch welche im Schlossgraben vorstellen können.“ Nebenbei bemerkt: Neuweier ist ein Ortsteil von Baden-Baden.
Die Salons und die Schlosskapelle
Auf die hocheleganten historischen Salons in den oberen Geschossen ist Schätzle besonders stolz und hat so auch die Geschichte des Schlosses erforscht: „Diese Salons bieten je ganz besondere Rahmen für private Feiern oder auch geschäftliche Treffen im kleineren Kreis, wie man sie sonst kaum findet.“ Eine Schlosskapelle, speziell geeignet für Hochzeiten, gehört ebenfalls dazu, und natürlich fehlt auch nicht die Kellerbar.
Damit wären wir bei einem Blick in die Geschichte
Das Schloss ist in Topzustand, war es doch vor Schätzles 1992 von Helmut Willy Joos und seiner Ehefrau gekauft worden. Joos war ein Stararchitekt, der das Gesicht Frankfurts mitgeprägt und u.a. das Terminal 2 am Flughafen gebaut hat. Mit dem Schloss Neuweier wollte er bewusst etwas ganz anderes verwirklichen und hat es komplett saniert. Nach seinem Tod ging das Schloss dann an Schätzles.
Die Geschichte des Schlosses reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück, und so gilt es als eine der ältesten und besterhaltenen Wasserburgen Deutschlands. 1547 hatte ihm Kaiser Karl V. die Reichsunmittelbarkeit bestätigt. Von den vielen adligen Besitzern ist das bekannte Geschlecht der von Katzenellenbogen besonders zu erwähnen. In der dunklen Zeit des 30-jährigen Kriegs und den weiteren Erbfolgekriegen wurde das Schloss leider mehrfach geplündert und beschädigt. Doch ab 1782 widmete sich Franz Philipp Knebel von Katzenellenbogen, vormals kaiserlicher Gesandter und Diplomat, ganz dem Weinbau in Neuweier und brachte sowohl den Riesling wie den Bocksbeutel dorthin. Das 19. Jahrhundert sah mehrfach wechselnde Besitzer, bis Schloss und Weinberge 1869 an die Baden-Badener Familie August Rößler kamen. Diese machten die Lage Mauerberg zu einer internationalen Berühmtheit. So stand Neuweierer Mauerberg in Bocksbeutel sowohl bei Queen Victoria von England hoch im Kurs als auch 1929 bei der Weltumrundung des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ auf der Karte. August Rößler war ein Kunstliebhaber und wohl auch sehr sachverständig. So gehen die schönen Salons, die vielen Bilder und Kunstgegenstände, die das Schloss zu bieten hat, auf seine Initiative zurück. Als seine letzte Nachfahrin 1984 verstarb, kam das Schloss nach rund acht Jahren Leerstand an das oben genannte Ehepaar Joos.
Das Weingut Schloss Neuweier
Schloss und Weingut sind sowohl in der Geschichte wie besitz- und grundstücksmäßig aufs Engste verbunden. Das Weingut befindet sich in den Gebäuden, die den Schlosshof umrahmen, wo auch die Hotelzimmer untergebracht sind sowie ein kleines Weinbaumuseum.
Das rund 17 Hektar große Weingut ist Mitglied des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter, VDP, und die Lagen Goldenes Loch wie Mauerberg sind von diesem als VDP.Große Lage klassifiziert. Die Lage Schlossberg, vom VDP als Erste Lage bewertet, befindet sich im Alleinbesitz. Alle drei liegen oberhalb rund ums Schloss. Riesling steht mit rund 80 % im Vordergrund, gefolgt von Spätburgunder, Weißburgunder und weiteren Sorten. Schätzle: „Kürzlich konnte ich in Bühlertal ein sehr gutes Stück mit 50 Jahre alten Spätburgunderreben erwerben.“
Mit seinem Bordeaux Oenologie-Prädikatsexamen ist Schätzle ein sehr engagierter, langfristig denkender, ja wegweisender Winzer. Das Gut besitzt viele alte Reben, im Goldenen Loch z.B. rund 30 Jahre alte Rieslinge. Schätzle hat viel in die Schulung und das Wissen der Mitarbeiter investiert, um die alten Reben zu pflegen und zu erhalten, was sanfter Schnitt heißt bis hin zu Operationen. So hat er auch viel in die Erhaltung der Trockenmauern am Mauerberg gesteckt. „Das sind echte Biotope“, betont er, „und wir tun auch viel für den biodynamischen Weinbau. So experimentieren wir zum Beispiel mit pilzwiderstandsfähigen Neuzuchten. Es ist total spannend, wo der Weinbau mit der Klimaveränderung, größerer Nachhaltigkeit und weniger Schädlingsbekämpfung in den nächsten Jahren hingeht. Immer müssen wir dem auch im Keller folgen, denn neue Sorten brauchen ihren speziellen Ausbau. Wir lernen stets dazu.“ Grundsätzlich schwört er auf Spontangärung und ein langes Hefelager der Weine.
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Fotos Schloss und Restaurant: PR. Foto Reben oben Mitte: VDP, Verband Deutscher Prädikatsweingüter. Alle anderen Fotos: bonvinitas sofern nicht anders angegeben.
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