Über PIWIs
Leider können sich unsere üblichen bekannten Rebsorten gegen die beiden sehr aggressiven Pilzschädlinge, Oidium und Peronospora, die schon im 19. Jahrhundert aus der neuen Welt eingeschleppt wurden, nicht wehren. Die Pilze befallen heftig die Blätter sowie die heranwachsenden Trauben und bilden dort Rasen bereits um die Blütezeit. Um die Ernte und bald auch um den Stock ist es dann geschehen. So gibt es keinen anderen Ausweg als die mehrfache kräftige Schädlingsbekämpfung vielfach mit der chemischen Keule. Doch da es in der neuen Welt einheimische Reben gibt, welche die Pilze offensichtlich abwehren, sonst wären diese Reben dort schon längst verschwunden, kam die Idee, solche Reben mit unseren Sorten züchterisch zu kreuzen, um diese Widerstandseigenschaften mit unseren guten Weinqualitäten zu kombinieren, was mehrfach beachtenswert gelang. Noch mehr dazu im Grußwort der Bundesministerin, Julia Klöckner, unten.
Es gibt auch einen internationalen PIWI-Verband, der sich um diese Züchtungen und ihre Verwendung kümmert und diese fördert.
89 Punkte
erzielte der 2019 Cabaret Noir Qualitätswein Pfalz mit 13,5% Alkohol und 2,0 g/l Restsüße herrlich durchgegoren trocken vom Weingut Alois Metz, Weinmanufaktur, in Herxheim in der Südpfalz, zu dem ich notiert habe: Tiefer Duft nach Kirschmarmelade, Heidelbeerkompott, Toast, mit einem Hauch Schokolade; kräftiger, schön trockener, fruchtig unterlegter Körper von kräftiger Rotweinart mit einem Blitz Temperament, das sich im Finish fortsetzt, umspielt von Frucht. Ein kräftiger Rotwein, der mich an ein modernes Holzhaus erinnerte, mit gut fünf bis sechs Jahren weiterem Potenzial und schön zu Rinderbraten, Wildgulasch oder Lammkoteletts. Metz gilt als einer der kleinsten deutschen Topwinzer, der auf insgesamt nur 25 Ar alles nach der Natur in Handarbeit beste Weine erzeugt.Cabaret Noir
Gleichfalls 89 Punkte
erhielt der 2018 Schnaiter Monarch holzfassgereifter Rotwein Qualitätswein Württemberg trocken, Bio-Wein mit 13,5% und 2,8 g/l Restzucker vom Weingut Im Hagenbüchle, Achim Stilz, in Schnait/Württemberg: Sehr lebendiger, fruchtiger Duft nach Heidelbeerkompott, Schlehe, Nougat, mit einem Hauch Orangenmarmelade; auf der Zunge ein lebendiger, fruchtiger Rotwein mit Noten von Sandelholz und frischen Walnüssen; lebendiges Finish mit sanft vegetativen Noten wie Moos und mit feinen Tanninen. Ein sehr lebendiger Rotwein, der mich an einen grünen Mooswald erinnerte, mit gut drei bis vier Jahren weiterem Potenzial und gut passend zuu Pizza, Blätterteigpastetchen, Salat mit Entenbrust oder Rundfleisch in Rosinensauce. Stilz ist ein sehr engagierter PIWI-Pionier,Monarch
Monarch ist eine Züchtung des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg, die 1988 gelang, aus der PIWI Sorte Soalris gekreuzt mit Dornfelder. Für den Ertragsweinbau ist Monarch seit 2008 offiziell zugelassen. Die Anfälligkeit gegenüber Peronospora gilt als sehr gering bis gering, gegen Oidium als gering bis mittel. Die Sorte liefert, wie probiert, fruchtige, lebendige Rotweine.
Ebenfalls 89 Punkte
holte Stilz mit seinem 2018 Pinotin Schnaiter Burghalde Rotwein holzfassgereifter Qualitätswein Württemberg trocken, Bio-Wein mit 13,5% und 3,4 g/l Restzucker: Tiefer Duft nach Waldboden, Torf, Brombeermarmelade, Bitterschokolade; auf der Zunge ein mundfüllender Rotwein mit Frucht und Schmelz, unterlegt mit einem feinen Muskatton; fruchtiges Finish mit schön eingebauten Tanninen; ein leicht zugänglicher Rotwein, der einfach Spaß macht. Gerne gebe ich ihm vier bis fünf Jahre weiteres Potenzial – gut passend zu Hasenpfeffer, Rinderbraten oder Grillsteaks. Ein Rotwein, der sicher viel Freunde finden wird.
Pinotin
Ist eine Züchtung, die 1991 ebenfalls Valentin Blattner gelang und von der Rebschule Volker Freytag in Neustadt an der Weinstraße über viele Jahre und etliche Generationen selektioniert wurde, um die besten Stöcke mit den schönsten Trauben zu finden und zu vermehren. Die Sorte wurde 2014 zugelassen. Stilz: „Ich habe 2008 Pinotin gepflanzt und noch nie gespritzt.“ Mehr muss man über die Widerstandskraft dieser Rebe wohl nicht sagen. Die Sorte verdient echt Beachtung!
Mit stolzen 90 Punkten
Cabertin
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Weinfreundinnen und Weinfreunde,
die Forschung an pilzwiderstandsfähigen Weinen hat eine lange Tradition: Bereits ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden die sogenannten pilzwiderstandsfähigen Sorten (PIWIs) gezüchtet, um Pilzkrankheiten der Rebe biologisch zu bekämpfen. Die Sorten entstehen auch heute noch, indem die geschmackvollen europäischen Reben (Vitis Vinifera) mit Nachkommen der pilzresistenten amerikanischen oder asiatischen Wildreben durch klassische Züchtung gekreuzt werden. Inzwischen werden die Resistenzeigenschaften aber pyradimisiert. Das bedeutet, dass verschiedene Abwehrmechanismen in einer Pflanze kombiniert werden und dadurch eine möglichst langandauernde Resistenz gegen verschiedene Schadpilze erzeugt wird.
Die Früchte dieser Arbeit kommen erst heute in die Praxis. Das hängt zum einen mit den langen Zeiträumen zusammen, die von der ersten Kreuzung bis zur marktreifen Rebsorte vergehen, nämlich zwanzig bis dreißig Jahre. Und zum anderen dadurch, dass im Lichte des Klimawandels die Widerstandskraft gegen Schaderreger und Schädlinge zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Mittlerweile gibt es mehr als dreißig pilzfeste, weiße und rote Rebsorten, quasi nachhaltige Pioniere, die für den Anbau zugelassen wurden. Die Züchter reichen vom Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof des Julius Kühn-Instituts (JKI) über das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg, der Hochschule Geisenheim, die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg bis hin zu Privatpersonen. Auch im Auftrag meines Ministeriums werden PIWIs gezüchtet und angebaut. Das JKI brachte mit dem Regent, dessen Kreuzung übrigens bereits 1967 erfolgte, 1995 die erste klassifizierte Rotwein-Neuzüchtung heraus. Mit einer Rebfläche von rund 2.000 Hektar ist der Regent heutzutage die meist verbreitete pilzfeste Rebsorte. Eine der neueren Sorten ist der 2020 zugelassene Calardis Blanc, der eine fruchtig feinwürzige Aromatik aufweist, die dem des Rieslings ähnelt.
Neben der Züchtung von neuen pilzfesten Rebensorten erforscht das JKI die genetischen Grundlagen der Pflanzen und entwickelt moderne molekularbiologische Methoden im Rahmen des Pre-Breeding. Durch das Pre-Breeding lassen sich frühzeitig die Nachkommen auswählen und kombinieren, die ausschließlich die erwünschten Eigenschaften geerbt haben. Die Rebenzüchtung wird dadurch effizienter und die Entwicklungsdauer einer neuen Sorte lässt sich verkürzen.
Als zuständiges Ministerium sehen wir großes Potenzial in den resistenten Rebsorten, die einen verminderten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ermöglichen. Diese eröffnen die Chance, dass der Weinbau widerstandsfähiger, klimastabiler wird und mit weniger Pflanzenschutzmittel auskommt. Außerdem ergänzen sie die traditionellen Sorten. Denn für den Verbraucher und Weinliebhaber, für Sie, ergeben sich neue und interessante Weine aus nachhaltigem Anbau. Fragen Sie doch einfach beim nächsten Einkauf mal nach Weinen aus diesen Pionier-Rebsorten. Begeben Sie sich auf eine Entdeckungsreise.
Herzlichst
Ihre Julia Klöckner
Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Aufmacher-Flaschenfoto: bonvinitas; übirge Fotos: PR sofern nicht anders angegeben