Beste Weine unserer Weinbewertung vom 14. März 2016

wie „Musik der Rolling Stones“ bis „Kettenkarussell“

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Von  3610
Beste Weine unserer Weinbewertung vom 14. März 2016

Augen zu, an was erinnert mich der Wein - an welchen Urlaub, welche Musik, Film, Person, Erlebnis, Stimmung …

So habe ich die Prüfer animiert, zu nenen, an was sie der jeweilige Wein erinnert. Es kam Interessantes, von wie „Musik der Rolling Stones“ bis „Kettenkarussell“. Denn Wein ist eine fröhliche Sache. Hingegen wirken die oft umfangreichen Beschreibungen von Aromen und Geschmack, wie "in der Nase gelbfleischige Früchte, Zitronen bzw. Kirschen oder Leder, kraftvoll am Gaumen usw. usw." etwas oberlehrerhaft und steif. 

 

Die Weinberge steigen direkt vom Seeufer auf: Weingut Aufricht in Stetten am Bodensee. Manfred und Robert Aufricht. Foto: Winfried Heinze Was man in den Weinen des Weinguts Mertes in Waldrach/Mosel, genauer Ruwer, schmeckt: Der Tonschiefer. Foto: www.buntru.de Wolfgang Mertes, Weingut Heinrich Mertes. Foto: www.buntru.de
Mit wie Musik der Rolling Stones - aufmüpfig, ein wenig provokant wurde der 2015 Meersburger Sonnenufer Grauburgunder trocken vom Weingut Aufricht in Stetten bei Meersburg am Bodensee beschrieben und mit 87 bonvinitas Punkten bewertet (Kategorie 2, rote Punkte, Weine über 12,5%). Wie immer werte ich der Neutralität wegen selbst nicht mit, probiere aber die besten Weine nach, stelle sie hier vor und möchte die Phantasiebeschreibungen zum Besten geben. Ganz auf die üblichen Weinbeschreibungen möchte ich dennoch nicht verzichten, habe sie aber deutlich gekürzt. Bei diesem Wein lauten meinen Notizen: „In der Nase anregend frisch; verbindet Lebendigkeit mit Glut und sagt mit Pfeffer im Finish ‚trink nochmal‘; passt gut zu Rindfleischsalat, Wiener Schnitzel mit Pommes oder würzigen Grillsteaks.“
 
Die Rebflächen steigen direkt vom Bodenseeufer auf und gehören zu den höchsten in Deutschland. Knapp 400 Meter liegt der Seespiegel über Null, die Weinberge erstrecken sich bis in 500 Meter Höhe. Sie gehören nicht  nur zu den südlichsten in Deutschland, 
sondern die Reben wachsen – auch das ist eine Besonderheit – auf eiszeitlichen Endmoränenböden mit unterschiedlichstem Gestein und daher vielen Mineralien. Manfred und Robert Aufricht, die das Weingut betreiben, wissen dies klug zu nutzen. So haben sie diesen aufmüpfigen Grauburgunder erzeugt, der seine 104° Öchsle locker wegsteckt, denn die Höhe liefert keine überreifen Trauben. Niedrige Erträge durch Ausbrechen von Trauben ohnehin und teilweise Spontangärung liefern den Kick. Gekonnt!
 
Zwei interessante rote, die uns direkt aus Chile eingesandt wurden: Red Devil nannte einer der Prüfer die 2013 First Edition des chilenischen Weinguts Viña y Cava Valle Secreto, ein Caraménère 2013, der 89 bonvinitas Punkte erzielte. „Tiefer Duft, Schmalz und Schmelz im Finish an Merlot erinnernd“, habe ich notiert, „schön zu Ochsenschwanzsuppe, Rinderschmorbäckle, Lammhüfte oder Hirschgulasch.“ 
 
Caraménère ist eine aus dem Bordeaux-Gebiet stammende Rebe, die dort vor der Reblausmisere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viel angebaut wurde. Die sehr farbkräftigen weicheren Rotwein mit Schokolade-, Tabak- und Lederaromen dienten dem Verschnitt, wie er bei Bordeauxweinen ja üblich ist und die Weine gut austariert. Bei der Wiederanpflanzung nach den Reblausrodungen, hatten sich die Winzer jedoch weithin anderen Sorten zugewandt. Die zur Prüfung geöffneten Flaschen haben Prüfer aus Begeisterung anschließend gleich mitgenommen. Zum Glück hatten wir für’s Foto noch Konterflaschen.
 
Soul Man, Südstaatenblues, Tabak, das kam in den Sinn bei dem 92 bonvinitas Punkte 2013 Cabernet Franc, ebenfalls aus dem chilenischen Weingut Viña y Cava Valle Secreto. „Ein super Tropfen mit maskulinem Duft, vitaler Kraft und im Finish wie ein vorbeifahrendes Martinshorn das per  Dopplereffekt langsam tiefer wird. Schön zu Rindersteaks, Lammkoteletts oder Entenbrust gebraten“, habe ich notiert.
 
Sehr schön die zwei Moselrieslinge feinherb (gelbe Punkte, Weine über 9 g/l Restsüße): Süßer Fratz nannte einer Prüfer die 87 Punkte 2014 Waldracher Sonnenberg Riesling Spätlese feinherb des Weinguts Heinrich Mertes in Waldrach / Mosel, genauer genommen Ruwer. „Im Duft verspielt, auf der Zunge gradlinig fruchtig mit lebendiger Süße im Finish, die Spaß macht; passt gut zu würziger China-Küche insbesondere Ente kross oder gebratene Leber mit Apfelscheiben“, lauten meine Notizen. 86 bonvinitas Punkte ergatterte die aus derselben Lage stammende 2014 Riesling Spätlese ebenfalls von Heinrich Mertes, die mich an ein Jahrmarkt-Kettenkarussell erinnerte, und zu der ich notiert habe: „Auf der Zunge quirlige Süße und schön zum Nachkauen im Finish, gut zu Rindersteaks mit grünem Pfeffer oder Cremedesserts.“ 
 
Das Weingut Heinrich Mertes, das heute von Wolfgang Mertes geführt wird, der hauptberuflich nichts Geringeres ist als der verantwortliche Betriebsleiter und Kellermeister am Weingut "Reichsgraf von Kesselstatt" auf Schloß Marienlay in Morscheid, ist ein Geheimtipp. Typisch in seinen Weinen findet sich der Tonschiefer, der sich insbesondere im individuellen Finish zeigt. Wolfgang Mertes reist viel und gerne, wobei er sich mit in- und ausländischen Kollegen austauscht. „Das bringt mich und meine Weine immer ein Stückchen weiter“, verrät er.
 
Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Bilder: Aufmacherbild bonvinitas; übrige Bilder PR falls nicht anders angegeben
 
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