Der Wein, der Seeluft atmet – von der Insel Rügen

Weingut Hohmann – Souvignier Gris mit 86 Punkten als sehr gut bewertet

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Von  3830
Der Wein, der Seeluft atmet – von der Insel Rügen vom Weingut Hohmann – Souvignier Gris mit 86 Punkten als sehr gut bewertet. Im Bild das Kap Arcona
Im ersten Moment denkt man  nicht, dass es auf Rügen Weinbau gibt, doch Mario Hohmann und Simone Hantke haben 2018 knapp einen Hektar mit Souvignier Gris bepflanzt. 2019 gab es die erste kleine Ernte, und das Ergebnis kann sich sehen, ja als sehr gut schmecken lassen. 86 Punkte (grüne der Kategorie 1 = trocken bis 12% Alkohol) erzielte der Wein bei unserer Bewertung vom 13.11.2020. (Ab 85 Punkte gelten die Weine als sehr gut – hier unser Bewertungssystem.)

Man spürt durchaus ein wenig Seeluft, 

Die Reben des Weinguts Hohman bei Lancken-Granitz auf RügenDie Reben des Weinguts Hohman bei Lancken-Granitz auf Rügenund der Wein atmet etwas fröhlich Buntes und erinnerte mich an Touristen-Bähnchen, mit denen man z.B. durch sehenswerte Städte gekutscht wird: Im Duft ein bunter Blumenstrauß unterlegt von Frucht wie Mirabelle und reife Birne mit einem Hauch Karamell. Auf der Zunge ein schmackhafter Wein mit dezent salzigen Noten (!) und Anklängen an Rhabarberkompott; ruhiges Finish, in dem die Frucht und die salzigen Noten nachklingen, sowie mit einem Hauch Schärfe, der an Ingwer erinnert. Schön zu Räucherlachs, Curryhuhn oder Rahmschnitzel. 2019 Rügen-Souvignier Gris Deutscher Wein trocken, hohmann weinanbau rügen GmbH, vinifiziert von Weingut M. Apel in Nittel/Mosel, lautet die korrekte Bezeichnung – ein Wein mit angenehmen 12% Alkohol und daher noch in der Kategorie 1, Weine, die wir, wenn sie gut sind und gut bewertet wurden, ihrer Leichtigkeit und des Trinkspaßes wegen besonders lieben.

„Deutscher Wein“ 

lautet die gesetzlich bescheidene Qualitäts-Einordnung, weil Rügen natürlich (noch) nicht als Qualitätsweinbaugebiet eingetragen ist. Doch immerhin hat Mario Hohmann die streng reglementierte Pflanzgenehmigung erhalten. Die Klimaerwärmung lässt grüßen. Nebenbei: Bereits im Mittelalter gab es Weinbau bis zum ehemaligen Ostpreußen. Schließlich war Wein, der meist verdünnt, warm und mit Zucker getrunken wurde, neben Bier Volksgetränk. Denn hygienisch sauberes Wasser war in flachen Gegenden ohne Quellen ein Problem, und pasteurisieren kannte man nicht - auch Tee und Kaffee noch nicht. Später ist der Weinbau dann allerdings aus klimatischen Gründen dort wieder verschwunden.

Souvignier Gris

ist eine 1983 in der seinerzeitigen Forschungsanstalt Geisenheim (heute Universität) neu gezüchtete pilzwiderstandsfähige Rebsorte mit guten Resistenzen gegen die gefürchteten falschen und echten Mehltau-Pilze. So braucht sie deutlich weniger Schädlingsbekämpfung und eignet sich für feuchtere Gegenden. So war es ein kluger Schachzug der beiden Rügener Neuwinzer, diese Sorte zu wählen. Die Trauben sind rötlich und ergeben einen Weißwein.

Das Weingut Hohmann in Lancken-Granitz auf Rügen

Weingut Hohmanm: Erste kleine Weinlese 2019. Mario Hohman auf dem WagenWeingut Hohmanm: Erste kleine Weinlese 2019. Mario Hohman auf dem WagenEs ist noch ein ganz junges Weingut, das Mario Hohmann zusammen mit seiner Frau Simone Hantke auf Rügen betreibt.

bonvinitas fragte Mario Hohmann, wie er denn zur Winzerei gekommen sei?

Hohmann: Ich wollte aus dem Management aussteigen und etwas ganz anderes machen. 2011 hatten wir ein großes Grundstück auf Rügen erworben. Dann kam die Frage, was damit tun? Freunde rieten vieles, zum Beispiel Alpakas halten. 2016 besuchten wir Freunde an der Mosel, die Apels, im Weingut Apel in Nittel. Aus einer Weinlaune heraus wurde die Idee geboren, mit Weinbau zu beginnen. Heute helfen uns Apels mit der Vinifizierung und Abfüllung.

bonvinitas: Hatten Sie Vorkenntnisse in Weinbau?

Hohmann: Absolut keine. Doch ich habe ein Jahr in der Schweiz die Winzerei gelernt, sowohl beim Hauptinspektor der Lehranstalt und des Lehrhofs Strickhof in Wülfingen als im Weingut eines Mitstudenten.

bonvinitas: Wie kamen Sie auf die seltene Sorte Souvignier Gris?

Hohmann: Mit der Apels haben wir eine Vielzahl von PIWI-Weinen (aus pilzwiderstandfähigen Rebsorten) probiert. Von der Qualität her stießen wir immer wieder auf Souvignier Gris. Der wurde es dann.

bonvinitas: Weinbau auf Rügen ist ja nicht üblich, und Rügen ist auch kein anerkanntes Weinbaugebiet. Wie kamen Sie zum Pflanzrecht, das man ja für gewerbsmäßigen Weinbau braucht?

Hohmann: Wir haben den Antrag beim Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn gestellt. Es hat über ein halbes Jahr gedauert, bis wir dieses kurz vor dem Pflanzfenster 2018 erhielten und dann loslegen konnten.

bonvinitas: Machen Sie Weinbau jetzt hauptberuflich?

Hohmann: Noch arbeite ich anderweitig nebenher, komme aber demnächst in Rente. Dann soll ab 2021 der Weinbau meine Hauptbeschäftigung werden.

bonvinitas: Es gibt noch andere Winzer auf Rügen. Hat der Weinbau dort Tradition?

Hohmann: Nein, das ist alles ganz neu und begann allgemein erst um 2018.

Knapp ein Hektar beträgt Hohmanns Rebfläche auf einem leicht nach Südwesten geneigten Hang. Der Boden ist sandig und im unteren Bereich der Rebfläche, angrenzend an ein Biosphärenreservat, eher torfig. Schon heute hat sich Hohmann hoher Qualität verschrieben und möchte den Ertrag des kappen Hektars nicht über 5.000 Liter kommen lassen, wenn die Reben in den vollen Ertrag kommen, was üblicherweise erst im dritten Jahr erfolgt. Das Gemälde und die Etikettengestaltung stammen übrigens von Richard Fuchs.

Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Foto Kreidefelsen auf Rügen, Kap Arkona: Chemnitz von oben – Adobestock; Titelmontage und Flaschenfoto: bonvinitas. Übrige Fotos: PR

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