Es waren die runden, mundfüllenden Weißweine, die bei dieser Weinbewertung besonders überzeugten. Wie immer werten neutrale Prüfer in Blindverkostung, und ich probiere die besten nach. Gewertet wird im 100 Punkte-Schema. 85 bis 88 Punkte gelten als sehr gut, 89 bis 94 Punkte als hervorragend (hier unser Bewertungssystem), wobei die roten Punkte Kategorie 2 bedeuten, trocken über 12 % Alkohol. Hier also die besten trockenen Weißweine. Ab 82 Punkte gelten die Weine als gut und finden sich alle in unserem Weinführer. Über schwächer bewertete schweigen wir. Dass sich hier der Bodensee ballt, ist reiner Zufall, denn die Winzer reichen uns Weine selbständig ein. Es gibt keine Vorauswahl. 87 Punkte
erzielte der 2018 Grauburgunder Meersburger Sängerhalde trocken Qualitätswein Baden, 13 %, vom Weingut Aufricht in Meersburg am Bodensee, zu dem ich notiert habe: Reifer, breit strömender Duft mit Anklängen an Herbstäpfel, Hagebutten, Blütenhonig, Marzipan; mundfüllender Körper mit elegantem Schmelz auf kräftigem Unterbau; ebenso kraftvolles Finish mit schön eingebauten Noten von grüner Paprika; ein Wein mit gut drei Jahren weiterem Potenzial, der mich an ein Open-Air-Konzert erinnerte, und der gut zu Spargel, Fisch gedünstet oder Kalbsbraten passt. Zum Weingut Aufricht unten beim Chardonnay mehr.
88 Punkte
Mit 88 Punkten bewertet wurde der 2018 Weisser Burgunder trocken Qualitätswein Baden, 13 %, vom Weingut und Weinhaus Ernst & Adolf Behringer in Müllheim-Britzingen im südbadischen Markgräflerland: Eleganter Duft mit Noten von Äpfeln, Pfirsichen, Honigmelone; am Gaumen ein ebenso eleganter Körper auf solidem Fundament, dezent unterlegt mit einer feinen, interessanten Salznote; fest gebautes Finish untermalt mit angenehm belebend herben Noten, die nach dem nächsten Schluck verlangen. Ein Wein, der mich an einen grünen Wald an einem heißen Sommertag erinnerte, mit gut 2 bis 3 Jahren weiterem Potenzial und schön zu Spargel, Gemüsegratin, geräucherten Forellenfilets oder Kalbsgulasch.
Weingut und Weinhaus Ernst & Adolf Behringer
2004 übernahmen die jungen Weinmacher Bernd und Thomas Behringer in 4. Generation das bereits 1893 in Müllheim-Britzingen im südbadischen Dreilandereck Deutschland-Frankreich-Schweiz gegründete Weingut. Bernd, Dipl.-Ing. für Weinbau und Önologie, ist zuständig für die Weinberge und Thomas, staatl. geprüfter Weinbautechniker, für den Ausbau und die Vermarktung. Beide haben ihren Weg und eigenen Stil gefunden und produzieren Weine im Einklang mit der Natur. So wurden zum Beispiel Blühstreifen angelegt, die bis in den Herbst hinein blühen und Futter wie Rückzugsmöglichkeiten für viele Insekten, Vögel und Säugetiere bieten. Viel Unterstützung erfahren die beiden von der Familie. So ist Larissa Behringer, Bernds Ehefrau, geprüfte Sommelière und bringt ihre Erfahrung ein. Gemeinsam mit Vertragswinzern, die teilweise schon seit Generationen ihre Trauben ans Weingut liefern, bewirtschaftet man über 38 Hektar Reben. Im Vordergrund steht der typische Markgräfler Gutedel, ferner Weißburgunder, Grauburgunder, Muskateller und Gewürztraminer. 40 % sind Rotweine, wie Spätburgunder, Regent und Cabernet Franc.
89 Punkte
gaben unsere Prüfer dem 2017 Weissen Burgunder trocken Qualitätswein Baden, 13 %, vom Winzerverein Meersburg am Bodensee, zu dem meine Notizen lauten: Feingeschliffner Duft mit Noten von Äpfeln, Zuckermelone, weißer Schokolade; saftiger, mundfüllender Körper dezent unterlegt von floralen Noten; ebenso saftiges Finish mit nochmals leicht floralen Noten. Ein Wein wie ein schöner moosiger Wald mit gut 3 bis 4 Jahren weiterem Potenzial. Schön zu Käseplatte, Spargelsalat, eingemachtem Kalbfleisch oder Kalbschnitzel.
Der Winzerverein Meersburg
Schon vielfach wurden Weine des Winzervereins Meersburg von unserer neutralen Prüfern sehr gut bewertet. 30 engagierte Winzerfamilien bewirtschaften 50 Hektar Reben in den Meersburger Lagen Sonnenufer, Fohrenberg und Sängerhalde, die vom nahezu mediterranen Klima des Bodensees profitieren. Außerdem wachsen die Reben, in Deutschland einmalig, auf Endmoränen, welche die Eiszeitgletscher hinterlassen haben. Zwischen die lockeren Kieswacken von allerlei Gestein können die Rebwurzeln durch eine obere Lössschicht hindurch tief eindringen und den Weinen Mineralien mitgeben. Gegründet 1884 gilt die Gemeinschaft als eine der ältesten deutschen Winzergenossenschaften. Im Vordergrund steht blauer Spätburgunder, der rund zur Hälfte zu Weißherbst gekeltert wird, gefolgt, wie könnte es am Bodensee anders sein, von Müller-Thurgau. Schließlich wurde die Rebe quer über den See im Schweizer Thurgau gezüchtet. Weiter folgen Grauburgunder, Weißburgunder, Kerner, Chardonnay, Bacchus, Dornfelder und Muskateller.
Stolze 90 Punkte
erzielte der 2018 Chardonnay Meersburger Sängerhalde trocken „drei Lilien“ Qualitätswein Baden, 13,5 %, nochmals vom Weingut Aufricht: Feiner, blumiger Duft nach Rosen, Williamsbirnen, Zuckermandeln, Cashewenuss; üppiger, strahlend eleganter Körper mit Kraft, Frucht und Schwung, der einfach mitreißt; fruchtig-elegantes, geradezu aristokratisches Finish. Ein Wein wie ein klassisches Open-Air-Konzert im Frühling, mit gut 3 bis 4 Jahren weiterem Potenzial und schön als Aperitif, zu Fingerfood sowie zu Fisch poschiert oder Kalbsteak.
Das Weingut Aufricht
Es macht von sich reden, das Weingut der Brüder Robert und Manfred Aufricht in Meersburg-Stetten am Bodensee. Ansehnliche 40 Hektar Reben werden bewirtschaftet, die meisten gut arrondiert direkt vom Seeufer aufsteigend. „Wir sind die Mosel des Südens“, sagt Johannes Aufricht, mit dem als Sohn von Manfred schon die nächste Generation heranwächst. Gemeint sind die Besonderheiten des Klimas und der Böden, Endmoränenböden, wie schon oben erwähnt, als Überbleibsel des Eiszeitgletschers, der den Bodensee bildete. Obenauf finden sich zwei bis drei Meter dicker Lehm, darunter liegt der typisch lockere Moränenschotter aus vielen rundgeschliffenen Steinen mit hohem Kalkgehalt, kam der Gletscher doch aus den Kalkalpen. Ein Terroir, das für Reben einfach ideal ist, finden sie doch alle nötigen Mineralien und bekommen nie nasse Füße, weil der Moränenschotter überschüssiges Wasser ablaufen lässt. Hinzu kommt, dass ein Teil der Weinberge bis 500 m Höhe aufsteigt, was dazu führt, dass die Trauben auf Grund des warmen Seeklimas gut reifen, doch die Weine nicht zu schwer werden. Denn das ist es, was beim Genießen viel Spaß macht: Gute Tropfen ohne das Zuviel an Alkohol. Neben gekonnt balancierenden Spätburgunder Rotweinen werden weiße Burgundersorten angebaut, Grau- und Weißburgunder sowie auch Chardonnay.
Bemerkenswert ist das eigene Qualitätsschema, bezeichnet mit „Lilien“ auf dem Etikett, was Manfred Aufricht wie folgt erklärt: „Drei Lilien bedeuten Selektionsweine der höchsten Qualität. Wir haben die ‚Burgundische Lilie‘ gewählt, weil wir uns sozusagen im Burgunder (Anbau-)Land befinden. Rein geografisch haben wir die gleichen Voraussetzungen wie das Burgund, und auch unsere Böden weisen einen ähnlich hohen Kalkgehalt auf. Außerdem wurden am Bodensee schon vor über 1000 Jahren das erste Mal außerhalb Burgunds Setzlinge von dort gepflanzt. Da von der Genetik her alle Burgundersorten aus Burgund stammen, und das Wappenschild der Burgunder-Könige die Burgundische Lilie trägt, haben wir uns für die Lilien entschieden.“
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Aufmacherfoto: bonvinitas. Übrige Fotos PR sofern nicht anders angegeben.