Weißburgunder ist die Trendsorte. Mit fast 5.000 Hektar wachsen weltweit die meisten Weißburgunderreben in Deutschland mit kräftiger Zunahme in den letzten Jahren. Gut gepflegt und im Weinberg stark zurückgeschnitten liefert Weißburgunder sehr gehaltvolle und elegante Tropfen mit weniger Säure als Riesling. Denn die typisch temperamentvolle Rieslingsäure ist nicht jedermanns Sache.
Darum haben wir die Weißburgunder-Verkostung ausgeschrieben. Was uns angestellt wurde, präsentierte sich durchweg auf hohem Niveau, wie die Bewertungen der Prüfer ergaben. Hier die besten der Kategorie 2 (rotes Label), trockene Weine über 12 % Alkohol – internationaler Typ:
Mit 90 Punkten am höchsten bewertet wurde der 2013 Kirchheimer Kreuz Weißburgunder trocken Barrique vom Pfälzer Weingut Benzinger aus Kirchheim. „Interessanter, üppig cremiger Tropfen, der seine 90 Punkte echt verdient: In der Nase reife Herbstäpfel auf der Hürde, Vanille, Kiefernwald im Sommer, je ein Hauch Blütenhonig und Aprikosenlikör; üppig cremiger Körper, der in ein interessant temperamentvoll gut ausgepuffertes Finish mündet mit einem nochmals interessanten kleinen Meerrettichschwänzle. Passt gut zu gemischten pikanten Vorspeisen, Räucheraal, Paprikahuhn, Helles Fleisch mit Kapernsauce, Schweinelende“, lauten meine Notizen bei der Nachverkostung. Ich werde ja nicht müde, zu betonen, dass von bonvinitas selbst niemand mitwertet. Unsere Blindverkostungen durch Fachleute sind absolut neutral und entsprechend streng. Darauf können sich unsere Leser verlassen. Wir knicksen vor niemanden. Aber ich probiere die bestbewerteten Weine dann nach, um sie und ihre Erzeuger hier vorzustellen.
Das Weingut Benzinger, das zwischenzeitlich den Grafen von Leiningen gehörte, wird von der Familie Benzinger auf entsprechend hohem Niveau betrieben einschließlich eines Restaurants. Das hier gezeigte Bild bereitet mir besonders Freude, beweist es doch naturnahen Weinbau, wie man ihn bei weitem nicht überall sieht: In den Gassen gehackt, unter den Weinstöcken Natur und keine Spur von Unkrautvernichter. Kann ich nur sagen: Weiter so!
88 Punkte errang der Gau-Algesheimer Weißburgunder trocken Edition 2014 vom Weingut St. Nikolaushof in Gau-Algesheim mit angenehmen 12,5 %. „Reifer, kräftiger, gut gelungener Tropfen: In der Nose frische Äpfel, Litschi, Karamell, Nusskranz; fruchtiger Körper mit Schmelz und verschmitzer kleiner Kräuternote, die den Tropfen interessant macht; weich fließendes Finisch. Gute Kombination zu geräuchreten Forellenfilets, Poularde, eingemachtem Kalbfleisch oder Pilzen in Rahm“, wie ich notiert habe. Winzermeister Klaus und Ehefrau Anja, die das ansehnliche rheinhessische 16 Hektar Weingut betreiben, erzeugen mehr als nur die üblichen Weine. Mit eigenen Kreationen, wie „Cuveé am Turm“ oder ihren Editionsweinen, wie diesen, beweisen sie viel Einfallsreichtum und Hingabe.
Weitere vier Weine der Kategorie 2 (trocken, über 12%) erreichten 87 Punkte (im Bild von links nach rechts), die ich hier vorstellen möchte. Als erster einen „Seewein“: Meersburger Sonnenufer Weissburgunder trocken vom Winzerverein Meersburg/Bodensee: „Schön ausgewogen zwischen Temperament und Geschmeidigkeit. In der Nase Weincreme, Zitronencreme, Stachelbeeren mit einem Hauch Rhabarber, auf der Zunge das gut balancierte weiche Temperament, das in ein weiniges frisch lebendiges Finish übergeht, das zum nächsten Schluck einlädt. Schön zu Fisch poschiert, Spargel mit Sauce Hollandaise, Grillsteaks.“ „Der schönste Müller-Thurgau wächst am Bodensee“, hört man ja immer wieder. Hier beweist die 53 Hektar Gemeinschaft, dass es auch ausgezeichnete Weißburgunder sein können.
Ebenso mit 87-Punkten bewertet wurde der „Weisser Burgunder Muschelkalk 2014“ vom Weingut Erlenwein in Ilbesheim/Pfalz. Es wurde bereits „Riesling Muschelkalk“ von Willi und Timo Erlenwein, die das gut arrondierte Weingut inmitten der Reben betreiben, von unseren Prüfern bestens bewertet. Zur großen Freude nun auch Weißburgunder, der bei Erlenweins die zweitwichtigste Sorte nach Riesling darstellt – ganz im Trend möchte ich sagen. So konnte ich bei der Nachprobe notieren: „Fruchtiger Weißburgunder: In der Nase schöne Frucht mit Noten von reifer Ananas, Apfelkompott, Mirabellen; fruchtiger Körper mit Schmelz und anregendene Terroirnoten und schmiegsamem Finish. Passt gut zu Poularde, Curryhuhn, Schaschlik, asiatische Küche nicht zu scharf.“
Ein weiterer Seewein, der den Prüfern gut gefiel: 2014 Meersburger Fohrenberg Weissburgunder trocken "Edition" vom Weingut Thomas Geiger in Meersburg-Riedetsweiler. Meine Notizen dazu lauten: „Kräftig, füllig fließender Wein: Sehr präsenter, ansprechender Duft, blumig, fruchtig, unterlegt mit Noten von Birnengelee, Zuckermandeln, Nussgebäck; am Gaumen kräftig, angenehm weich-fließend mit gut ausgepuffertem lange füllenden Finish. Schön zu Kalbsnierenbraten, gefüllter Kalbsbrust, Champignons oder Steinpilze in Rahm.“ Thomas Geiger ist nebenbei leidenschaftlicher Rennfahrer. Mehr als 90 Pokale und Urkunden sind Zeugen von zahlreichen nationalen und internationalen Erfolgen. Gerne glaubt man ihm, dass er sein Weingut mit gleichem Temperament und Leidenschaft betreibt. Dies drückt sich insbesondere in den Weißweinen aus, die er im Drucktank vergärt, damit sie rassig und spritzig bleiben.
Als geradezu aristokratischen Tropfen habe ich empfunden und notiert - „Wunderschön im Duft, vielschichtig mit Noten von reifen Pfirsichen, Aprikosen, Nectarinen mit einem Hauch Kokos; reifer, eleganter, geradezu aristokratischer Körper mit weich fließendem Finish mit Schmelz und kleiner interessanter Schärfe zum Schluss. Schön zu Kalbsteak, Spargel mit Sauce Bernaise, Steinpilze in Rahm oder saure Nierle“ - die 2014 Weißburgunder Spätlese trocken, Kirrweiler Mandelsberg, vom Weinhaus Hermann Zöller in Kirrweiler in der Pfalz.
Text: Dieter Simon, Chefredakteur bonvinitas; Titelfoto: bonvinitas, weitere Fotos PR sofern nicht anders angegeben.