Bei unserer Weinbewertung vom 29.8.2019 wurden zwei tiefdunkle Saperavi Rotweine aus Georgien eingereicht, die unsere Prüfer gut bewertet haben, selbstverständlich in Blindprobe, und wie immer probiere ich die besten nach, um sie hier vorzustellen:
Mit 88 roten Punkten – Kategorie 2, trocken über 12 % Alkohol – bewertet wurde der 2015 Saperavi of Qvevri, gewachsen in Shilda in Kachetien, von Chelti Estate, 14,5 %, zu dem ich notiert habe: Fruchtiger Duft mit einer hellen Note, darunter Kirschkompott, Johannisbeergelee, Brombeeren, Bitterschokolade; fülliger, dichter Körper, viel Rotwein auf der Zunge unterlegt mit tiefer Frucht; breit strömendes Finish mit kräftigen doch runden Tanninen – ein etwas rustikaler Rotwein doch mit sehr viel Muskeln, dem gut fünf bis sechs Jahre weiteres Potential vermache und schön zu Rindergulasch, Sauerbraten oder Lammkoteletts.
Mit sehr guten 89 Punkten bewertet wurde der 2016 Saperavi of Qvevri, gewachsen in Shilda in Kachetien, von Chelti Estate, 14,5 %: Tiefer Duft mit Noten von Cassis, Brombeeren, Cassislikör; auf der Zunge ein sehr fleischiger dichter Rotwein mit breit präsenten schön rund gereiften Tanninen unterlegt mit einem Hauch weißer Pfeffer; sehr kraftvolles Finish mit ebenso runden Tanninen. Ein Wein, der mich an eine alte romanische Kirche erinnerte mit vier bis fünf Jahren weiterer Zukunft und schön zu Wildgulasch, Lammkeule oder Rumpsteak.
Zurück zum Ursprung - Weinherstellung in Qvevri
Qvevri zur Weinherstellung, die in den Boden vergraben werden. Foto: k_samurkas - stock.adobe.comDer Marani (Qvevri-Weinekeller) des Weinguts Chelti mit in den Boden vergrabenen Qvevri
Dass der Ursprung des Weines in Georgien zu finden ist, ist unter Weinkennern längst kein Geheimnis mehr. Dass bei der Herstellung die Gefäße allerdings unter der Erde versteckt wurden, damit sie nicht geklaut werden, schon.
Qvevri werden bis heute traditionell in der Erde vergraben
Vergrabene Qvevri im Weingut CheltiVor bereits über 8.000 Jahren wurde der Wein in Georgien in gigantischen handgetöpferten Ton-Amphoren, den Qvevri, hergestellt. Damit dieser unangetastet ruhen und gären konnte und dabei auch nicht geklaut wurde, wurde er in der Erde vergraben. Bis heute werden diese Techniken angewendet. Denn die konstanten Temperaturen sind für den Reifeprozess ein wichtiger Bestandteil. Die Tiefe und der Ort der Lagerung der Qvevri ist entscheidend über die Reifung des Weines. Die Herstellung eines Qvevri, der bei Winzern meist rund 2.000 Liter umfasst, kann bis zu drei Monaten andauern. Die Größe der Qvevri variiert je nach Gebrauch zwischen 2 und 8.000 Litern. In der Antike wurden sogar Gefäße hergestellt, die 10.000 bis 15.000 Liter umfassen. Dadurch, dass die Poren des Tongefäßes nicht vollständig verdichtet sind, sondern oftmals mit Bienenwachs beschichtet werden, gelangen kleine Mengen an Sauerstoff an den zu reifenden Wein, was essentiell für die Gärung ist. Der Ton des Qvevri ist von Natur aus porös. Allerdings wird das Material, durch das einstreichen mit Wachs, verdichtet, so dass dieser nicht mehr porös ist. Fragt man einen Georgier, so ist der georgische Ton der Qvevris, damit der stabilste Ton der Welt. Die Wände des Qvevri saugen das Wachs auf und so wird eine Versiegelung gewährleistet.
Einzigartige Geschmäcker entstehen durch eine besondere Zubereitung
Warum georgischer Wein eine Besonderheit darstellt, hat zwei Gründe: Der Qvevri als Behälter und die Art der Befüllung. Der Most wird dabei mit der Maische vergoren, die aus Schalen, Stielen und Kernen der Trauben besteht. Beim Qvevri-Rotwein bleibt, verglichen mit Standard-Rotweinen, der Most mit der Maische um einige Zeit länger in Kontakt. Auch der Qvevri-Weißwein reift einige Wochen, indem flüssige und feste Bestandteile zusammengeführt werden. Bei Standard Weißweinen hingegen werden diese in der Regel früh voneinander getrennt. Während des Reifeprozesses in Qvevri wird den Weinen eine würzige und rustikale Note verliehen. Qvevri-Weißweine werden auch als flüssiger Bernstein bezeichnet, da sie dickflüssiger sind als andere Weißweine. Gleichzeitig schwappt Qvevri-Rotwein im Glas wie Tinte und weist eine derart dunkle Farbe auf, so dass man ihn auch als schwarzen Wein “ghavi gvino” bezeichnet. Anmerkung der Redaktion: Es kommen bei uns ja auch ähnliche Weinbereitungen neu vor, die so genannten Orange-Weine.
Umweltbewusste Methoden werden nach wie vor angewandt
Die Weine sind meist unbearbeitet und bestehen ausschließlich aus natürlichen Inhaltsstoffen. Bei einer immerzu umweltbewussteren Gesellschaft gehen viele georgische Winzer genau mit dem Trend, obwohl die Methode zur Weinherstellung viele Jahrtausende alt ist.
Wer also nun Lust auf dieses kulinarische Erlebnis bekommen hat, muss nicht zwingend nach Georgien reisen, um die besonderen Weine zu kosten. Denn auch hier in Deutschland wurde das Potenzial der Weine bereits erkannt. Ein Geheimtipp für eine exklusive Auswahl an georgischen Qvevri-Weinen und weiteren Infos findet man beispielsweise auf
www.wein-georgien.de.
Die Rebsorte Saperavi
Saperavi bei der LeseDas sehr informative Buch „Georgischer Wein“ von Anna Saldadze. Cover: Leopold Stocker Verlag 2018
Laut Anna Saldadze, in ihrem Buch „Georgischer Wein“, herausgegeben von Sarah Abbott, Leopold Stocker Verlag 2018, übrigens ein sehr informativ und lesenswert, gibt es in Georgien als einer Wiege des Weins über 500 Rebsorten, die meisten natürlich autochthone. Die wichtigste ist der rote Saperavi, der aus Kachetien stammt und rund ums Schwarze Meer verbreitet ist, also auch in Russland, in der Ukraine und bis hin nach Bulgarien, ja der sogar den Weg nach Australien gefunden hat. Die Rebe liefert kräftige, tiefdunkle Rotweine mit runderen nicht zu pfeffrigen Tanninen und ist auch die Traube des roten Krimsekts. Zugleich ist Saperavi auch als Tafeltraube beliebt.
Das Weingut Chelti, Chelti Estate
Die Inhaberfamilie des Weinguts Chelti – von links: Anna, Andria, Lia und Giorgi MarinashviliDas Gästehaus des Weinguts Chelti
Moderne Edelstahltanks im Weingut Chetli für die europäische Methode des WeinausbausDas Weingut liegt in den Reben der Lage Shilda in Kvareli, Georgien, im Alazanital in der Provinz Kachetien. Das familiengeführte Unternehmen wurde 2001 von Giorgi Marinashvili gegründet. Die Weinherstellung in der Familie Chelti geht jedoch bis auf das Jahr 1905 zurück. Man produziert Wein sowohl nach klassischen georgischen Herstellungstechniken im sagenumwobenen Qvevri, als auch nach modernen Methoden im europäischen Edelstahltank. So ist es Chelti möglich, ein großes Portfolio abzudecken und die Geschmäcker von mehreren Exportländern zu bedienen. Vor allem in China und Japan sind Qvevri Weine stark gefragt. Cheltis Bestreben nach Premiumqualität zeichnet sich aus durch zahlreiche Preise wie eine 97er Decanter Bewertung für ihren Saperavi Qvevri 2015 als auch Mundus Vini Grand Gold sowie die Ehre, dass georgischer Wein für das Royal Wedding zwischen Harry und Meghan im Jahre 2018 serviert wurde. Bei einer Reise nach Georgien empfiehlt es sich daher, die Winery Chelti zu besuchen. Dort befindet sich ein Restaurant, und die Inhaber organisieren gerne ein Weintour inklusive Tasting und bieten georgische Küche. Im Herbst kann man sogar bei der Ernte mithelfen.
Kachetien, das historische Weinland
Die Provinzstsadt Signagi in Kachetien mit Blick über das Alazanital auf den Kaukasus. Foto: Alena Birukova, AdobestockDas Kloster Alaverdi in Kachetien. Foto: Pixabay, Max Ben
Die gesamte georgische Rebfläche wurde 2017 auf 55.000 Hektar geschätzt und dürfte heute um 60.000 liegen. Rund 80 % der Weinbaubetriebe und 65 % der Weingärten befinden sich in Kachetien ganz im Südosten von Georgien, das vom Kaukasus-Hauptkann hinab über das breite Tal der Flüsse Alazani und Iori zu gegenüberliegenden Höhen und noch weit als Keil nach Aserbaidschan hineinreicht. Es herrscht ein moderates Kontinentalklima mit subtropischen Tendenzen. Bei Böden wechseln Flussschwemmland und Sedimente mit Kalk und Mergel. Die Weinberge liegen zwischen 250 und bis 800 Höhenmetern, die meisten um 250.
Auch hier bietet das Buch von Anna Saldadze viele Anhaltspunkte. Wie typisch für Georgien spielen die Klöster eine wichtige Rolle in der Geschichte des Weinbaus. Ein herausragendes Beispiel ist das Kloster Alaverdi in Kachetien. Nach dem Ende der Sowjetzeit sind viele Winzerpioniere nach Georgien gekommen und haben vieles an hochwertigem Weinbau wieder aufgebaut, wozu auch der heutige Abt des Klosters Alaverdi gehört, denn viele Georgier haben sich nach der Sowjetzeit wieder der Kirche zugewandt.
Text Qvevri: Francisco Reinhard, Kartli Weinimport. Übriger Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas. Fotos: PR sofern nicht anders angegeben; Flaschenfoto: bonvinitas