Das angesehene französische Wochenmagazin L’Express veröffentlichte am 22.1.13 einen kritischen Artikel im Web über den französischen roten Michelin Restaurantführer. Nicht nur die Auflagen schwänden, auch die Unabhängigkeit des Führers wie die der Köche sei nicht mehr gegeben.
Die Tester seien nicht mehr anonym. Am Ende des Test gebe sich der Tester zu erkennen. Über die Reservierung lasse sich leicht die Handy-Nummer des Testers ermitteln. Inzwischen würden unter einschlägigen französischen Köchen ausführliche Listen von Testern kursieren. Michelin selbst verkaufe immer mehr Werbung an die Köche, wie Plaketten, oder die so genannte Wonderbox, eine Art Geschenkgutschein, wozu die Köche bis zu 30% Nachlass geben müssten. Für 69 € im Monat kämen Gastronomen mit Foto und Infos auf die Michelin-Website, völlig unabhängig davon, ob sie getestet worden seien, und wie sie abgeschnitten hätten, so dass die Michelin-Website überhaupt nichts mehr aussage über die Qualität des dargestellten Restaurants.
Jean-Luc Naret, der über acht Jahre bis 2010 als Direktor die Geschicke des roten Führers leitete, sei mit dem Model Colette Poupon liiert gewesen, die ihrerseits – obwohl nicht vom Fach – eine Beratungsagentur für Köche betrieben hätte. Man könne sich denken, ließe sich ein dekorierter Koch vernehmen, was passiere, wenn man die „freundlichen Angebote“ nicht annähme.
Sollte dies alles zutreffen, was bei L’Express kaum zu bezweifeln ist, ist die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des roten Führers in Frankreich nicht mehr gegeben, was auch am Ruf der französischen Küche kratzt.
Ob das in Deutschland auch so ist, darüber kann man sich angesichts eines zentral geführten Unternehmens seine eigenen Gedanken machen.
Dieter Simon
Quelle: www.lexpress.fr/styles/saveurs/restaurant/les-sept-casseroles-du-guide-michelin_1212498.html
Änliches veröffentlichte das französische Gastronomie-Fachmagazin Gmag: www.gmag.fr