bonvinitas: Herr Schwörer, wo sehen Sie den deutschen Weinbau morgen?
Christian Schwörer: Auch wenn der Weinbau tief in der Tradition unseres Landes verankert ist, denke ich, dass er Pioniergeist benötigt. Der Weinbau von morgen muss und wird es schaffen, sich an neue klimatische Bedingungen anzupassen – Züchtung neuer Rebsorten, Frostschutz, Hagelabwehr oder Bewässerungsmanagement sind nur einige Beispiele eines notwendigen, künftig besseren Risikomanagements im Weinbau.
Der Weinbau von morgen muss die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Durch Roboter gesteuerte Drohnen erscheinen dem ein oder anderen aktuell noch sehr futuristisch und wenig für das Gros der Winzer geeignet. Aber wer hätte Anfang der 80er Jahre gedacht, dass der Vollernter im Jahr 2019 nicht mehr aus dem Weinberg wegzudenken ist. Natürlich kann Technik die Erfahrung des Winzers und des Kellermeisters nicht ersetzen, die den Wein neben der Herkunft und dem Terroir prägt.
bonvinitas: Über welche Entwicklungen freuen sie sich?
bonvinitas: Wo sehen Sie Probleme und insbesondere Handlungsbedarf?
Christian Schwörer: Die Arbeit wird uns in den nächsten Jahren nicht ausgehen. Herausforderungen wird es in verschiedenen Bereichen des Weinbaus immer geben.
Der Klimawandel und damit verbunden das Thema Risikomanagement werden auch in den nächsten Jahren im Mittelpunkt stehen. Durch zunehmende Wetterextreme wird der Weinbau sich z.B. verstärkt mit alt bekannten und neuen Schadorganismen auseinandersetzen müssen. Selbst wenn neue Wege beschritten werden, um im Sinne der Nachhaltigkeit den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, wird man auch zukünftig nicht ganz darauf verzichten können. Daher muss das Augenmerk auf einen sach- und fachgerechten Pflanzenschutz und funktionierende Abläufe von Zulassungs- und Anerkennungsverfahren gelegt werden. Darüber hinaus müssen sich die Forschungseinrichtungen verstärkt mit der Erforschung und Entwicklung von Alternativen befassen.
Die prohibitive Alkoholpolitik der EU bzw. einiger ihrer Mitgliedstaaten, die sich gegen die Akzeptanz des Weines als Kulturgut richtet, betrachte ich mit einiger Sorge. Eine richtige Antwort in diesem Zusammenhang kann nur Aufklärung über moderaten Umgang mit Wein sein. Die von der deutschen Weinwirtschaft unterstützte europäische Plattform „Wine in Moderation“, die einen verantwortungsvollen Umgang mit alkoholischen Getränken propagiert, ist hier genau die richtige Antwort.
Darüber hinaus werden natürlich Themen wie der Strukturwandel, ein verändertes Konsumverhalten, ein erhöhter internationaler Wettbewerbsdruck sowie eine überbordende Bürokratie, die die deutsche Weinwirtschaft und damit auch uns in der täglichen Arbeit beschäftigen.
bonvinitas: Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Arbeit setzen?
bonvinitas: Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
Christian Schwörer: Eine Fortsetzung des intensiven Austausches mit unseren Mitgliedsverbänden, der in den verschiedenen Gremien stattfindet. Als Dachverband ist es mir bzw. uns sehr wichtig, auch den Kontakt zur Basis, d.h. zu den einzelnen Betrieben zu pflegen und über deren aktuelle und künftige Themen bestens informiert zu sein. Insbesondere mit Blick auf die Zukunft wünsche ich mir, dass sich die jüngere Generation in den regionalen Vertretungen des Berufsstands bzw. sich direkt noch stärker in unser Verbandsleben einbringt.
Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin als Plattform für den Transfer von Ideen und Erfahrungen zwischen Forschung, Beratung, Politik, Industrie und Praxis fungieren.
Auch zu den anderen Akteuren und Verbänden der Weinwirtschaft sowie zum Deutschen Weininstitut – in Form der Mitarbeit in den Gremien des Deutschen Weinfonds – ist mir ein enger Draht wichtig. Ich denke, dass viele Herausforderungen gemeinsam leichter gemeistert werden können.
Persönliches zu Christian Schwörer:
Christian Schwörer stammt aus Baden, er wurde 1977 in Freiburg geboren. Nach dem Abitur begann er 1997 sein Studium der Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, das er 2003 mit der Ersten juristischen Staatsprüfung abschloss. Auf der Basis einer Maîtrise de Droit International et Européen, mit der er 2001 sein Studium an der Université des Sciences Sociales in Toulouse abschloss, setzte er nach dem deutschen Staatsexamen seine akademische Laufbahn mit einem zweijährigen Deutsch-Französischen Masterstudiengang im Bereich Internationale Wirtschaftsbeziehungen und Handel am Frankreichzentrum der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg und an der Université Paris XII fort. Es folgte das Rechtsreferendariat, das er 2007 mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung abschloss.
Bevor er seine Tätigkeit beim DWV aufnahm, arbeitete er fünf Jahre als Geschäftsführer in der Abteilung für EU-Angelegenheiten sowie als stellvertretender Büroleiter für den Deutschen Anwaltverein e.V. in Brüssel. Davor war er drei Jahre als Rechtsanwalt im Bereich International Corporate Tax (French Desk) für eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf sowie in einer Deutsch-Französischen Anwaltskanzlei in Stuttgart tätig.
Dem DWV-Generalsekretär obliegt auch die Geschäftsführung des Verbandes Deutscher Weinexporteure e.V. (VDW), die Christian Schwörer ebenfalls ab dem 1. Januar 2019 übernimmt. Als Generalsekretär wird er zudem Teil der neuen Chefredaktion für das Fachorgan des DWV, dem ddw Der deutsche Weinbau, das zweiwöchentlich im Meininger Verlag erscheint.
Darüber hinaus stellt Christian Schwörer seine Expertise auch den Gremien anderer Organisationen zur Verfügung: Auf internationaler Ebene bei der Organisation für Rebe und Wein (OIV) als Sachverständiger für Deutschland in der Kommission III für Wirtschaft und Recht und der DROCON für Recht und Verbraucherinformation; auf EU-Ebene als stellvertretender Vorsitzender in der Fachgruppe Wein von COPA-COGECA; auf nationaler Ebene im Aufsichtsrat und im Verwaltungsrat für den Deutschen Weinfonds.