Schon der Vater Franz Keller hat als „Rebell vom Kaiserstuhl“ Furore gemacht. Fritz Keller ist ihm mittlerweile an Bekanntheitsgrad weit überlegen. Was liegt näher als über den Gastronomen, Weingutsbesitzer, Weinhändler und Präsident des SC Freiburg ein Buch zu schreiben. Die Kunst dabei ist, sich der Person Fritz Keller so zu nähern, dass der Leser versteht, weshalb der Mensch Fritz Keller so ist wie er ist. Ein Original, sowohl fest verwurzelt in der Region, als auch Hans Dampf in allen Gassen. Ein Mensch, den die Erziehung geprägt hat, der Höhen und Tiefen erlebt hat, der Verantwortung für mittlerweile 120 Mitarbeiter trägt und sich für die Belange seines Berufsstandes einsetzt. Einer der aneckt, einer der etwas bewegen kann, seine Meinung resolut vertritt aber auch einer, der integrieren kann.
Herausgeber Ralf Frenzel und seinem Autorenteam ist es gelungen, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Auf eindrucksvolle Weise wird das Leben Fritz Kellers skizzenhaft beschrieben.
Gelungen in Aufmachung, Wort und Bild
Schon wenn man dieses Werk anfasst, merkt man, dass man da etwas Besonderes in der Hand hat. Weich, fast samtig ist das Cover dieses Buches. Genauso aufwendig und liebevoll gestaltet sein Inneres. Die Bilder sind eine wahre Augenweide. Authentisch und treffsicher zeigen sie Landschaft, Personen, machen Arbeitsabläufe deutlich und entführen den Leser in Weinberge, Restaurants, Kellerräume und lassen ihn gedanklich mit der Zunge schnalzen bei den Aufnahmen von diversen Speisen. Allein schon wegen der Fotos, ist da Buch empfehlenswert. Doch auch die Texte sprechen eine ganz eigene Sprache. Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt. In diesen wird die Vielseitigkeit Fritz Kellers verdeutlicht. Ob im Weinberg, im Keller, in seinen Restaurants, auf dem Fußballplatz oder einfach beim Gespräch, es finden sich viele persönliche Geschichten in diesem Buch.
Nicht immer war es leicht
Die Autoren lassen das Leben Fritz Kellers Revue passieren. Hierbei wird auch nicht gespart mit zum Teil heftiger Kritik an den Erziehungsmethoden des Vaters Franz Keller, der mit seinen cholerischen Anfällen und oft nicht nachvollziehbaren Handlungen seiner Familie das Leben schwer gemacht und den älteren Sohn damit aus dem Haus getrieben hat. Die Ambivalenz zu seinem Vater spricht Fritz Keller offen an. Bewunderung und Unverständnis liegen dort nahe beieinander. Es wird deutlich wie stark die Frauen im Hause Keller den Jungen geprägt haben. Ob Mutter oder Großmutter. Beide haben, so sagt er, ihm den Weinbau, die Natur nahe gebracht und ihm die Lust und Leidenschaft für Wein eingeimpft. Der Leser wird mitgenommen auf den schwierigen Weg den der Weinbau am Kaiserstuhl genommen hat. Wird eingeführt in das Fühlen und Denken der Familie Keller, in die Anfangszeiten deren Selbständigkeit. Nimmt teil an den Entscheidungsprozessen des Vaters Franz Keller, der mit seiner Art nicht nur die Familie sondern auch viele Kollegen vor den Kopf gestoßen hat, aber durch seine Beharrlichkeit und Sturheit die Weinwirtschaft des Kaiserstuhls maßgeblich beeinflusst und geprägt hat.
Tradition und Innovation
Deutlich wird in diesem ersten Abschnitt des Buches auch, dass Fritz Keller und sein Sohn Friedrich versuchen die Tradition aufrecht zu erhalten und mit innovativen Ideen zu unterfüttern. Ob es der biodynamische Anbau ist, ob es der konsequente lagencharakteristische Ausbau der Weine ist, wichtig ist nach wie vor das Streben nach absoluter Qualität. Kein modischer Schnickschnack sondern Weine die vom Terroir geprägt sind. Die Aufnahme in den Kreis des VDP zeigt, dass man mit dieser Philosophie auf dem richtigen Weg ist. Diese Philosophie Landschaft und Wein miteinander zu verbinden, setzt sich auch in der Architektur des neuerrichteten Weinguts fort. Nachvollziehbar wird erläutert wie und weshalb man diesen Weg gegangen ist und wie man das geworden ist, was man eigentlich immer werden wollte.
Die drei Gasthäuser, Genuss am Kaiserstuhl
Kurz gestreift in dem Kapitel über Weinbau und Weinkeller wird auch das Thema Weinhandel, mit dem sich die Kellers ein drittes Standbein geschaffen haben. Den drei Restaurants hat man nachfolgend den meisten Platz eingeräumt. Ob „Schwarzer Adler“, „Rebstock“ oder die „Kellerwirtschaft“, jedes Gasthaus wird extra beleuchtet. Hierin wird deutlich wie wichtig Essen und Trinken seit jeher für die Kellers waren und wieviel Leidenschaft und Liebe man dort hineingesteckt hat. Der Aufstieg des "Schwarzen Adler" vom einfachen Gasthaus zum Spitzenrestaurant, eingebettet in die Familiengeschichte, macht deutlich, welche Powerfrauen das Haus Keller geprägt haben, egal ob Oma Mathilde Keller oder die Mutter Irma, als erste Sterneköchin Deutschlands. Hierbei werden auch die Verbindungen zum Nachbarland Frankreich deutlich aufgezeigt, die sich nicht nur auf den Weinbau bezüglich Weintyp, Rebklone und Rebunterlagen beschränken, sondern auch die Speisen und deren Zubereitung maßgeblich beeinflusst haben. Hier wurde seinerzeit die neue deutsche Küche ins Leben gerufen. Auf eindrückliche Art und Weise wird, der Weg vom Winzer zum Gastronom aufgezeigt, den die Kellers bestritten haben. Dieser Teil des Buches ist besonders bilderreich und verdeutlicht die Unterschiede zwischen den drei Restaurants, deren Ambiente, Speisekarte und Konzeption. Dies wird auch dokumentiert anhand verschiedener Gerichte und deren Rezepturen.
Fußball und ALDI
Sehr intim und aufschlussreich ist das nachfolgende Kapitel „ Im Gespräch“. In einem Interview geben Fritz Keller und seine drei Söhne Auskünfte über die familiäre Zusammenarbeit und ihr Engagement.
Natürlich darf auch ein kleiner Exkurs zur „Edition Fritz Keller“, die umstrittene Zusammenarbeit des Weinguts mit dem Discounter ALDI in diesem Buch nicht fehlen. Zu guter Letzt wird die schönste Nebensache der Welt, der Fußball beleuchtet. Auch hier zeigt sich dass es nicht wie bei anderen Mannschaften um Starrummel, Dünkel und Eskapaden geht. Zusammenhalt, emotional aber reflektiert, heißt die Devise. Ein Fußballverein mit Terroir in dem sich nicht nur Fritz Keller als Präsident sondern auch Sohn Vincent im Scouting engagieren.
Absolut empfehlenswert!
Fazit: Ein überaus gelungenes Werk in dem sich Aufmachung, Text und Bild auf wunderbare Art und Weise ergänzen. Ein Buch das die vielen Facetten eines Fritz Kellers ehrlich und authentisch aufzeigt, tiefe Einblicke in Historie und familiäre Befindlichkeiten aufzeigt und auch Kritik nicht scheut. Ein Buch, außergewöhnlich wie sein Protagonist.
Text: Horst Kröber
Fritz Keller - Wein & Genuss am Kaiserstuhl
Herausgegeben von Ralf Frenzel und Autorenteam
Tretorri Verlag
256 Seiten, zahlreiche Farbfotos, Hardcover
€ 49,90 (D) | € 51,30 (A)
ISBN 978-3-96033-049-3