„In den aktuellen Protesten deutscher Landwirte vor Lagern des Lebensmitteleinzelhandels drückt sich einmal mehr das massive Machtungleichgewicht zwischen Erzeugern und dem Handel aus. Den Landwirten geht es nicht um Luxus, sondern schlicht um ihre Existenzen. Denn die Preisentwicklung – auch bedingt durch offensive Werbemaßnahmen des Handels – kennt seit langem nur noch einen Weg: nach unten. Wer aber gerne mit regionalen Produkten wirbt, der muss diese auch wertschätzen und dafür sorgen, dass unsere Bauernfamilien von der Produktion leben können. Den Unmut der Landwirte kann ich verstehen. So ist die jetzt in Rede stehende Absenkung der Einkaufspreise des Lebensmitteleinzelhandels für Butter vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Marktlage in dieser Höhe überraschend und kaum zu rechtfertigen.
Im Kern geht es geht um ein besseres, faires Miteinander zwischen Handel und Landwirtschaft. Deshalb habe ich gehandelt und werde mit einem Gesetz die so genannte UTP-Richtlinie (unten mehr) umsetzen und damit zahlreiche unlautere Handelspraktiken verbieten – etwa kurzfristige Stornierungen, lange Zahlungsziele für verderbliche Waren oder einseitige Änderungen der Lieferbedingungen. Zudem sehe ich eine weitere Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel kritisch. Ich erwarte von allen Beteiligten, dass mit den jüngst getroffenen Entscheidungen in diesem Bereich verantwortungsvoll umgegangen wird.
Als Politik machen wir unsere Hausaufgaben, auch, indem wir zum Beispiel mit Corona-Hilfen den Landwirten unter die Arme greifen oder bei neuen Anforderungen für Tierwohl und Umweltschutz Stallumbauten oder technische Modernisierungen finanziell fördern. Der Handel – und das betone ich seit Monaten in meinen Gesprächen mit der Branche – ist jetzt gefordert, konkrete Maßnahmen auf den Tisch zu legen. Ich erwarte, dass er jetzt endlich bereit ist, einen Verhaltenskodex mit den Landwirten zu vereinbaren. Zeit genug ist gewesen – uns wurde vom Handel zugesagt, im Januar einen Entwurf für einen solchen Kodex vorzulegen.“
Zur UTP-Richtlinie
Die UTP-Richtlinie der Europäischen Union 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette - kurz: UTP-Richtlinie - wurde im April 2019 vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union erlassen. Näheres hier. Sie ist bis 1.5.2021 je in nationales Recht umzusetzen.
Am 18. November 2020 wurde im Bundeskabinett der Entwurf zur Zweiten Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes beschlossen. Der Entwurf dient der Umsetzung der UTP-Richtlinie. In dem Entwurf ist vorgesehen, dass das Agrarmarktstrukturgesetz um einen Abschnitt "Unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittellieferkette" erweitert wird. Gleichzeitig soll es in „Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz“ umbenannt werden.
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Aufmacherbild: stockphoto-graf - stock.adobe.com