Um es vorweg zu schicken, dies war keine unserer Blindverkostungen mit Prüfern, sondern ist redaktionell und die Meinung des bonvinitas Herausgebers und Chefredakteurs, Dieter Simon.
Grundlage waren unlängst zwei Gelegenheiten, Spitzenweine zu probieren, einmal bei der diesjährigen VÉRITABLE, wo Uwe Warnecke, zuvor Sommelier im Deidesheimer Hof, zusammen mit Philipp Kiefer vom St.Aloisiushof in St.Martin, Pfalz, nur die Crème de la Crème der Weingüter einlädt. Viele klingende Namen, darunter viele VDP-Weingüter, insgesamt über 70 Erzeuger, präsentierten ihre besten Gewächse (wir berichteten). Natürlich kann man nicht die je sechs Weine aller Aussteller verkosten. Daher hatte ich gebeten, mir von den Weinen Proben einzuschenken, die sehr individuell sind, die „eine Geschichte erzählen“, Weine mit Terroirnoten und Persönlichkeit, vielfach Spontangärer, und je mit viel Zukunft. Diese hatte ich dann für mich im Katalog mit Noten von eins bis drei bewertet, und später die Weingüter der „1er- oder 1plus-Weine“ gebeten, mir je eine Musterflasche zu senden zur ungestörten und intensiven Verkostung. Dasselbe tat ich bei den „TOP10 Riesling Ortenau 2015“ im bekannten Hotel Dollenberg, wo die Höchstbewerteten Rieslinge der Ortenau vorgestellt wurden.
Den 2014 Riesling SL Dreistern trocken vom Weingut Alexander Laible aus Durbach, Baden, habe ich mit 90 Punkten bewertet: ein fülliger elegant schmeichelnder Riesling gut balanciert zwischen Temperament und Fülle, mit Schmelz und sanft rauchigen Terroirnoten. Ein schon gut trinkfertiger Tropfen, der in der Reife schöne Honignoten entwickeln dürfte. In dieser Momentaufnahme würde ich ihn zu Fisch gebraten, Kalbsteak, oder auch zum Kartoffelauflauf mit Speck, Ei und Kümmel wählen.
94 Punkte erhielt die 2014 Durbacher Schlossberg Klingelberger (Riesling) Spätlese trocken vom Gräflich Wolff Metternichschen Weingut ebenfalls in Durbach, ein topp gelungener Wein mit Kraft, Rasse und viel Individualität, der einfach Spaß macht, alles andere als ein Allerweltstropfen, „Must have“ habe ich notiert, mit Potenzial von gut 8 bis 10 Jahren. Schon in den nächsten zwei Jahren dürfte der Wein weiter zulegen, und ich möchte eigentlich erst dann sagen, wozu er passt. Absolut spannend! Und das alles mit lediglich 12,5 %. Das kann nur Riesling. Leider trinken wir solche Weine vielfach zu jung und geben ihnen gar nicht die Chance, zu zeigen, was sie können.
Absolut super - 95 Punkte - probierte sich der 2013 Kirrweiler Mandelberg „Große Lage“ Weißburgunder trocken vom VDP-Weingut Bergdolt in Neustadt-Duttweiler, Weinstraße/Pfalz: ein sehr individueller kraftvoller Tropfen mit aristokratischem Temperament, fast wird man an mittelalterliche Ritterspiele erinnert. Geschmeidig mit Schmelz und Rasse, ein Wein, wie man ihn nicht alle Tage trifft und noch lange nicht fertig. Denn sollte man sich in die Sammlung legen. Stand heute schon sehr schön zu Kalbsbraten, Schweinelende mit Pilzen oder auch zur hellen Zigarre. Auf jeden Fall spannend, wie es weitergeht!
94 Punkte erhielt der 2013 Weißburgunder „S“ trocken vom VDP-Weingut Dautel in Bönnigheim, Württemberg: üppiger Tropfen, den man zu besonderen Anlässen rausholt; in der Nase Herbstäpfel und Vanillenoten; auf der Zunge ein „Vollbad“ mit Schmelz und anhaltender Kraft, leicht rauchig, die im Finish nur ganz allmählich einer gut gereiften Rasse Platz macht. Ebenfalls viel Potenzial! Für die Momentaufnahme würde ich ihn zu Pfeffersteak, Gänsebraten oder auch einer gegrillten Schweinshaxe wählen, aber auf jeden Fall als Schatz im Keller, der noch weiter reift.
Als absolute Spitze mit 96 Punkten fand ich den 2013 Forster Riesling „U500“ trocken vom Weingut von Winning in Deidesheim. Dass dies Pfalz ist, braucht man eigentlich nicht zu sagen: Sehr intensive Nase mit typischen Noten von Zitronensaft, Kiwi, Mandeln; voll mundfüllend, Volumen und Rasse laufen um die Wette, ein großartiger Wein, sehr individuell, mit etwas Holz, im Finish gut abgepufferte aber doch präsente Fruchtsäure, die ihn besonders interessant macht. Es ist bereits zu spüren, wo die Reise mit der Reife hingeht, doch der Wein legt auf jeden Fall noch kräftig zu. Die sanfte Holznote lässt ihn auf Stand heute zu Räucherfisch passen, wie zum Beispiel Schillerlocken, aber auch zu Räucherschinken oder einem würzigen Schweinekotelett.