Wir gehen immer davon aus, unsere geschätzten Leser wollen keine Medaillen trinken, sondern guten Wein. Die DLG-Bundesweinprämierung, die Medaillen und Bundesehrenpreise in Ehren – wir berichteten, auch bereits über die Erzeuger – aber wie schmecken die Weine? So haben wir uns einige Muster schicken lassen. Horst Kröber und bonvinitas Chefredakteur, Dieter Simon, haben probiert. Hier nun Weine von Bundesehrenpreisträgern, die uns überzeugten, und die uns auf Grund ihrer Vielschichtigkeit auch auf viele Speiseideen brachten (in der Reihenfolge wie auf dem Bild von links nach rechts):
Weingut Albert Kallfelz, Zell-Merl, Mosel, 2013 Merler Königslay-Terrassen Riesling Spätlese trocken:
Ein wunderschöner, vielschichtiger Wein, der mit seiner Frucht, seinem Süße-Säure- Spiel, seiner Frische und Mineralität begeistert. Der Duft nach Mango, Zitrus, Grapefruit, Pfirsich, Mirabelle, einer zarten Quittenote, sowie einem Hauch von Rosen macht neugierig. Die schön eingebundene Restsüße setzt die Fruchtaromen frei und die dazu passende Säure verleiht Lebendigkeit und Esprit. Die Geschmackspalette reicht von Mirabelle über Pfirsich Mango bis zu zarten Ananastönen und einer leichten Nuance von Holunderblüte. Das alles wird getragen von einer feinen mineralischen Note, die sich in Richtung Pfeffer und Muskat bewegt. Ein gelungener Spagat zwischen Dichte und Komplexität, Leichtigkeit und Eleganz.
Schön zu: Austern mit Grapefruitfilets; Geflügel pochiert oder gebraten mit Zitronensauce; Carpaccio vom Zander mit Limonenwürfeln, Basilikum und Olivenöl; Zanderfilet gebraten auf Rahmsauerkraut mit Riesling-Sahne-Sauce; Kalbsbrust – mariniert mit Orangensaft, Kümmel, Zimt und Riesling – geschmort;Rinderbrust gekocht mit Apfelmeerrettich und Kartoffeln oder zu Käse, wie Limburger, Weinkäse oder mittelaltem Gouda.
Weingut Bungert-Mauer, Ockenheim, Rheinhessen, 2013 Ockenheimer St. Jakobsberg Scheurebe trocken:
Klar, hell, fruchtig und verspielt. Man will finden und ergründen und verliert sich am Ende doch im Träumen. Zart und schmeichelnd der Duft nach Cassis, Mango, Pfirsich und Mandarine und etwas Holunderblüte und Orangenschale sowie Gewürznoten nach Zimt und Nelken. Für die nötige Erdung sorgen angedeutete mandelige Röstaromen. Im Geschmack hat man nicht diese oft aufdringliche typische Cassisnote, sondern gelbfleischige, fast tanzende Fruchtaromen. Der Wein hat Eleganz und verfügt über viele fast spielerische Momente. Zitrusaromen bringen die Säure mit. Sehr filigran, leicht und beschwingt kommt dieser Wein daher. Mit einer fein nuancierten Fliedernote, einem Hauch Geranien und Zitronengras verbunden mit einem Schuss weißem Pfeffer verwöhnt er unseren Gaumen. Dieser Wein ist einfach gut drauf, sein spontanes Lachen steckt an. Er plappert einfach drauf los, lässt Fünfe gerade sein, ist einfach unwiderstehlich. Mit diesem Wein möchte man durchbrennen, egal wo hin.
Gut zu: Wildterrine mit Cumberlandsauce; Spargel mit Malteser- oder Sauce Hollandaise mit Blutorangensaft; Kaisergranat gebraten mit Orangen-Buttersauce und glaciertem Chicoree; zu Wolfsbarsch mit Orangen- und Zitronenschalen im Ofen gegart, Fenchelgemüse mit Kurkuma oder Gerichte mit Curry.
Nochmals Bungert-Mauer, 2012 Ockenheimer Hockenmühle Silvaner Spätlese trocken:
Im Duft kocht er wahrhaftig nicht auf Sparflamme. Hier zieht er alle Register. Ein Aromenkuss von Ananas, knackiger Birne, grünem Apfel über den Duft von frisch gemähtem Gras bis hin zu leicht exotischen Komponenten wie Kumquat und Passionsfrucht sowie Anklängen nach Nuss und Mandel, Alles überaus stimmig und gut miteinander verwoben. Der Geschmack ist sehr vielschichtig, dicht und kraftvoll mit zartem Schmelz und dezenter Restsüße bis hin zu zarten Bitternoten nach Quitte und Kumquat. Fleischig, dicht und voll, ohne breit zu wirken. Er ist reif, in sich geschlossen, getragen von einer inneren Ruhe und Gelassenheit. Er besitzt Schmelz und Geschmeidigkeit, und eine feine, Süße nach Krokant und Süßholz. Zum Schluss gesellen sich noch frische Noten nach Mirabelle hinzu. Die Kugel, als vollendete Form. Dieser Wein ist kein Sprinter, sondern ein Langstreckenläufer. Für alle die am Anfang an ihm vorbeiziehen hat er nur ein belustigtes Grinsen. Er weiß wer gewinnt. Sein Schlussspurt auf der Zielgeraden ist phänomenal. Am Schluss genießt er den wohlverdienten Beifall. Man denkt schade, dass Silvaner ein wenig aus der Mode gekommen ist.
Sehr schön zu: Raukesalat mit geraspeltem Parmesan, Walnussöldressing und gerösteten Pinienkernen; Hausgebeizter Lachs mit Senf-Dill-Sauce; Maischolle gebraten mit Röstspeck und Frühlingslauch; Steinbutt gedünstet mit Senf-Sahne-Sauce und gebackenen Selleriewürfeln; Maultaschen mit Käsefüllung und Basilikum oder zu Käse wie Comte, Parmesan, Tilsiter, Reblocheon.
Nochmals Albert Kallfelz, 2013 Merler Königslay-Terrassen Riesling Spätlese feinherb:
Frische pur in der Nase. Frisch gebackenes Brot, leicht nussige Noten und gelb-fleischige Früchte wie Pfirsich Mango und Mirabelle sind zu riechen. Daneben nimmt unsere Nase noch leicht salzig mineralische Komponenten wahr und auch Noten nach frisch gemähtem Gras sowie eine muskatige, leichte Schärfe sind zu erkennen. Diese Töne bringen Frische und Lebendigkeit ins Spiel. Im Geschmack präsentieren sich die schönen Fruchtaromen leicht und zartschmelzig und die wunderbar eingebundene Fruchtsüße sorgt für die nötige Harmonie. Dicht, sinnlich, fleischig, füllt er den ganzen Mund aus. Dabei wird er nie langweilig, denn seine leichte Schärfe nach Muskat und Meerrettich sorgt für das nötige Frische-Ausrufezeichen. Der Wein ist in sich stimmig, von Anfang bis Ende. Er überzeugt durch seine Unbeschwertheit und Transparenz. Wir sitzen in einem offenen Zweispänner, munter traben die Rosse, wir genießen unsere Freiheit und lassen eine blühende Landschaft an uns vorüberziehen.
Passt gut zu: Sushi mit milder Sojasauce; Riesengarnelen gebraten mit Orangen-Riesling-Ingwer-Buttersauce; Entenleber gebraten mit Rieslinggelee oder schlicht zu Käse, wie Edelpilzkäse, Brie oder Camembert sowie zu Desserts wie Apfelstrudel mit Limonen-Vanillesauce oder karamellisierte Ananastörtchen mit Zitroneneis.
Weingut Leopold Schätzle, Endingen am Kaiserstuhl, Baden, 2012 Endinger Engelsberg Scheurebe Spätlese:
Das Schönste an diesem Wein ist sein Geheimnis. Schon im Duft lässt er uns nur erahnen, was in ihm steckt. Verhaltene Aromen, die so viel offenbaren ohne alles zu zeigen. Nur zart schmeicheln Düfte nach Wildrosen und Cassis, Vanille und Krokant die Nase. Im Geschmack hat man nicht diese typische Cassisnote, sondern gelbfleischige Fruchtaromen wie Mango und Banane, sowie vegetative Noten nach Fenchel und Sellerie. Alles harmoniert auf schöne Weise mit der eingebundenen Fruchtsüße. Die zartherbe Ausrichtung verkörpert durch Quitte- und Mandarinenschalearomen, sorgen für die nötige Bodenhaftung Auch die floralen Nuancen kommen nicht zu kurz. Eine Spur Flieder, ein Hauch Geranien halten diesen Wein bis zum Schluss in der Schwebe.
Passt gut zu: Hausgebeizter Lachs mit rosa Grapefruitfilets und Senf-Dill-Sauce; Honeydew Melon mit Parmaschinken;Ente gebraten mit Ingwer-Orangen-Mangosauce; Geflügelcurry mit gebackener Ananastönen oder zu Mandelsulz mit Orangenkonfitüresauce.
Weingut Bös, Malsch bei Heidelberg, Baden, 2012 Merlot RS trocken:
Ein maskuliner Wein mit stark frankophilem Tatsch. Forsch im Auftreten, sehr animierend und fordernd. Der Duft, dunkel, leicht rauchig, wenig Kirscharomen, eher Holunderbeeren, Cassis, Rosmarin, Unterholz, Trockenpflaumen und einer ganz leichten, interessanten Note nach Lorbeer, Sojasoße und Tannennadeln. Sehr vielfältig und abwechslungsreich sein Geschmack. Dicht und füllig, voller Kraft. Ein Animateur der ständig Neues aus seiner Wundertüte zaubert. Er fängt mit rauchiger Schwarzkirsche an, geht über zu Schlehen, Dörrpflaumen und Hagebutte. Dann folgen leicht stahlig-würzige Komponenten wie Thymian, Wacholder, schwarzer Pfeffer, Chili und Lorbeer. Nuancen nach Morcheln, Trüffel, Laub und Zedernholz und einem kleinen Bitterschokoladenmäntelchen. Ganz weit hinten lugt noch das Blau eines Veilchens hervor. Sein Abgang, fast ewig.
Passt gut zu: Kalbsnieren gegrillt auf Cassis-Sauce; Ente kross gebraten mit Kirschsauce und gebratener Polenta; Ochsenschwanzragout mit glasierten Karotten oder Rehmedaillons gebraten mit Wacholder-Rosmarinsauce und Waldpilzen.
Nochmals Bungert-Mauer, 2011 Ockenheimer Laberstall Regent trocken Barrique:
Den Duft prägen Fruchtaromen wie Schwarzkirsche und Dörrpflaumen, sowie Würznoten wie Nelken und Wacholder. Der Geschmack überaus vielschichtig, dicht voll und muskulös. Kein Kraftprotz, aber einer der seine Kraft umsetzt in Geschmeidigkeit und Fülle. Den Anfang machen Fruchtnoten nach Schwarzkirsche, Brombeeren, Dörrpflaumen und zartbittere Schlehen. Dann gesellen sich Würznoten wie schwarzer Pfeffer und Wacholder hinzu. Ein Überraschungsmoment bildet der Geschmack nach Schwarzbier und Pumpernickel. Für die stillen Momente am Schluss sorgen leicht florale Noten nach Veilchen und Efeu. Das Ganze wird untermalt von einer leichten Süße, die die zartbitteren Noten wunderbar auffängt. Der Abgang; ewig lang.
Schön zu: Rinderbacke im Rotwein geschmort mit roter Bete und Knollenselleriepüree; Fasanenbrust mit Bauchspeck gebraten mit Holunder-Wacholdersauce und karamellisiertem Rotkohl; Rheinischer Sauerbraten – auch mit Rosinen - mit Kartoffelklößen; Blutwurst – auch angeräucherte – gebraten mit karamellisiertem Rotkohl oder zu Rehnüsschen gebraten mit Heidelbeer-Wacholdersauce und Rosenkohl.
Weingut August Ziegler, Maikammer, Pfalz, „KALTBLUT“ Maikammer Kirchenstück Shiraz Barrique:
Der Duft ist dunkel, fast schwer und doch sehr abwechslungsreich. Die Pauke schlägt den Takt und eröffnet den Aromenreigen mit leicht rauchigen und erdigen Noten nach Unterholz und Baumrinde. Dann kommen schwarze Früchte wie Holunderbeeren, Brombeeren und Schlehen zu ihrem Recht. Aber auch die Gewürzfraktion mischt munter mit und überzeugt mit Nuancen nach Lorbeer, Wacholder und Sojasoße. Beim Geschmack legen die Pauken noch einen Zahn zu. Dicht und füllig, voller Kraft füllt dieser Wein den ganzen Mund aus. Erstaunlich was er alles aus seiner Wundertüte zaubert. Er fängt mit rauchiger Schwarzkirsche an, geht über zu Schlehen, Dörrpflaumen und Hagebutte. Dann folgen leicht stahlig-würzige Komponenten wie Thymian, Wacholder, schwarzer Pfeffer und Lorbeer. Sogar eine leicht nach Räucherspeck schmeckende Komponente lässt sich ausmachen. Zum Schluss verwöhnt er uns mit Gewürznelken und einem Anflug von Zimt. Mit einem kaum enden wollenden Abgang verabschiedet er sich. Eine überaus gelungene Vorstellung.
Passt gut zu: Wildpastete mit Pflaumenrelish; Pekingente; Taubenragout mit karamellisierten Zimtpflaumen; Hahn im Rotwein, Perlzwiebeln, Räucherspeck und Brotcroutons oder zu Rindfleisch- und Gemüsestreifen im Wok gegart mit Sojasauce.
Nochmals Leopold Schätzle: 2009 Endinger Engelsberg Spätburgunder Auslese trocken Barrique:
Man riecht schon, was man im Glas hat. Wunderschön die weich- warm- fruchtigen Nuancen nach Brombeere, Schwarzkirsche, Holunderbeere und ein Hauch Schwarzer Johannisbeere. Doch bevor man in Trance fällt, wirbelt die leicht rauchige Note gepaart mit Wacholder das Ganze kräftig durcheinander und macht neugierig auf das, was kommt. Der weiche Kern dieses Weines ist zauberhaft. Doch genau so viel Spaß macht es zu ihm vorzudringen. Es ist wie der Biss in eine hochwertige Bitterschokolade mit einer Füllung aus Orangenschale Ingwer und Cassis. Dazwischen streifen Veilchen, Kirsche und Pflaumen unsere Geschmacksnerven. Wahrhaft kein Hungerhaken. Fleischig, sinnlich, verführerisch. War es am Anfang vielleicht nur ein Flirt, wird es beim zweiten und dritten Glas mit Sicherheit zur Dauerbeziehung.
Schön zu: Entenbrust kross gebraten mit Himbeeressigjus; Fasanenbrust mit Rauchspeck gebraten, Linsengemüse und mit ein paar Tropfen Himbeeressig; Steak aus der Hochrippe vom Grill mit gebratenen Steinpilzen; Hasenrücken gebraten mit Wacholder-Rosmarinjus Sellerie und Rote-Bete-Püree oder zu Taube, leicht angeräuchert, gebraten mit Dörrpflaumensauce und etwas Balsamico-Essig.