Denn erst die Weinbau-Kulturlandschaft bietet den günstigen Lebensraum
Über viele Monate schwelte dieser Konflikt, ausgelöst durch die ‚Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen‘ (Schmetterlingskundler), die zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem BUND NRW Naturschutzstiftung den Mosel-Apollofalter zum Schmetterling des Jahres 2024 gekürt haben. Eigentlich eine gute Idee! Doch die darauffolgende Kampagne ließ viele Winzer auf die Barrikaden gehen. Behaupteten die vorgenannten Institutionen doch, die Spritzmittel, welche seit Jahrzehnten mittels Hubschrauber versprüht werden, seien Schuld an der zurückgehenden Population des Apollofalters. Demzufolge müsse ein Verbot her. Nach genauer Sicht der Faktenlage hat sich diese aufgestellte These jedoch als sehr fragwürdig entpuppt, denn in Bezug auf den Apollofalter gab es keine relevanten Erkenntnisse. Erst als man sich mit der Lebensweise des Falters beschäftigte, stellte sich heraus, dass die Entwicklungsphasen des Falters immer weniger mit der Blüte der Futterpflanzen korrelieren. Terrassenweinberge sind keine Naturlandschaft, sondern eine von Menschen über Jahrtausende angelegte und gepflegte Kulturlandschaft. Werden Weinberge wieder der Natur überlassen, erstickt wucherndes Gestrüpp die einzigartige Steillagenflora und -fauna innerhalb weniger Jahre. Auch wenn es nicht in manches Weltbild passt: Nur der intelligente Einsatz von Pflanzenschutzmitteln garantiert den Erhalt des Weinbaus, ermöglicht das Fortbestehen der Kulturlandschaft und rettet den Apollofalter.
Grünes Licht für die Spritzkampagne 2024
Die Lösung sei eine große Erleichterung und ein Riesenschritt nach vorn, sagte der Geschäftsführer des Weinbauverbandes Mosel, Maximilian Hendgen in Koblenz. Ein Verbot der Hubschraubereinsätze hätte für etliche Winzer das Aus bedeutet, da es für die steilen Hänge keine Alternative gebe. Bislang war bei etlichen Winzern mit steilen Weinbergen an der Terrassenmosel zwischen Bremm (Kreis Cochem-Zell) und Winningen (Kreis Mayen-Koblenz) der Pflanzenschutz für 2024 und die Folgejahre ungeklärt gewesen. Grund ist der Apollofalter. Der seltene und bedrohte Schmetterling ist dort heimisch. Das Umweltbundesamt (UBA), das am Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln beteiligt ist, hatte einen verstärkten Schutz des Falters gefordert. Daher gab es zunächst kein grünes Licht vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln mittels Hubschrauber für dieses Jahr. Nach Angaben des Weinbauministeriums liegen Untersuchungen vor, nach denen die Bewirtschaftung von Weinbaulagen erst die Voraussetzung für Habitate des Apollofalters schafften. In verbuschten Landschaften würde er dagegen kaum vorkommen, heißt es.
So muss der Erhalt dieser einzigartigen Landschaft gesichert sein
Was ist zu tun? Zuerst einmal müssen gesicherte Erkenntnisse her. Dann muss gezielt nach Alternativen gesucht werden. Fakt ist, dass der Klimawandel und der Rückgang der Population des Apollofalters in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Auch für das Weinbauministerium ist es nicht nachvollziehbar die Winzer für den Rückgang des Schmetterlings verantwortlich zu machen. Diese Meinung vertritt auch Winzer Kilian Franzen aus Bremm der Weinberge im „Bremmer Calmont“, dem steilsten Weinberg Europas bewirtschaftet. „Es gibt Studien, die die klimatischen Veränderungen mit dem Rückgang der Falterpopulation in Verbindung setzen“, so Franzen. Doch nicht nur für die Winzer ist der Erhalt dieser Steil- bzw. Terrassenlagen von existentieller Bedeutung. Als prägende Elemente der Flusslandschaften seien Steillagen auch von besonderer landschaftskultureller Bedeutung, erklärt das Bundeslandwirtschaftsministerium: „Ihre sozioökonomische Bedeutung geht daher weit über die Weinerzeugung hinaus.“ So seien die trockenwarmen Steillagen auch Lebensraum besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten, die auf die Offenhaltung durch weinbauliche Nutzung angewiesen seien. „Den Steillagen-Weinbau können wir nur erhalten, wenn wir den Rebschutz aus der Luft möglich machen“, sagt DLR-Experte Porten.
Drohnen statt Hubschrauber?
Ein Verbot des Hubschraubereinsatzes ist zumindest für 2024 vom Tisch. Jetzt soll es Versuche geben, die aufzeigen sollen, wie Drohnen an der Terrassenmosel eingesetzt werden könnten. Hierzu hat man in besagtem Gebiet ein fünf Hektar großes Gelände ausgewiesen, das im Sommer mit Drohnen besprüht wird. Umweltbehörden würden die Drohne auch deswegen als das Instrument sehen, um überhaupt noch Pflanzenschutzmittel im Weinberg anzuwenden, meint Norbert Müller, Leiter des Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel. Die Drohne ist damit eine der entscheidenden Lösungen, um überhaupt in Zukunft im Steillagenweinbau Wein produzieren zu können: "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von Drohnen im Weinberg zwar viele Vorteile bietet, jedoch auch mit einem aufwändigen Genehmigungsverfahren und bestimmten Einschränkungen verbunden ist."
Sobald die Ergebnisse zur Abdrift endgültig vorliegen, kann das bundesweit für den Pflanzenschutz zuständige Julius-Kühn-Institut die gerätetechnischen Anerkennungsprüfungen für Drohnen vornehmen. Damit wäre der Weg frei für einen legalen und regulären Drohneneinsatz zur Fungizidanwendung im Steillagenweinbau, erklärte die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Weinbauministerium, Daniela Schmitt.
Fazit:
Wie schon so oft, sind vorschnelle Schlüsse nicht hilfreich und eher kontraproduktiv. Es empfiehlt sich daher in Gesamtzusammenhängen zu denken und dementsprechend zu handeln. Dabei steht der Erhalt einer wohl einzigartigen Landschaft im Vordergrund. Diese zu erhalten, und somit einer ganzen Region und der dort lebenden und arbeitenden Menschen die Existenz zu sichern, hat oberste Priorität. Das schließt das ständige Suchen und Streben nach Verbesserungen nicht aus. Dies geht nur miteinander und nicht mit gegenseitigen Vorwürfen.
Text: Horst Kröber