Die Faktoren, an denen die Güte und Leichtigkeit liegt
Es sind insbesondere die typischen Steillagen in Kombination mit der vorherrschenden spätreifenden Sorte Riesling. Durch das kühlere Klima, die Saarhänge liegen etwas höher als die der Mosel, reifen die Rieslinge oft bis in den November hinein und bilden auf den Steillagen - der dann nicht mehr so warmen Herbstsonne zugewandt - schöne Aromen aus, ohne noch zu viel Zucker zu produzieren. So bleiben die Weine leichter. Ohnehin ist der Riesling eine Sorte, deren Weine in der Regel dezenter im Alkohol bleiben. Hinzu kommen die weit verbreiteten Böden aus blauem Devonschiefer, in welche die Rebwurzeln tief eindringen können und den Weinen Mineralien mitgeben. Weiter hinzu kommt, dass die Winzer meist auf natürliche Spontangärung setzen und keine Reinzuchthefen verwenden. Die nicht so kräftigen natürlichen Hefen belassen den Weinen vielfach eine natürliche Restsüße. So probieren sich die Saar-Rieslinge blumig, mineralisch, vielfach mit natürlicher Restsüße und im Alkohol um 10 bis 12%, selten mehr. Eine weitere Besonderheit bildet die typisch kräftige Fruchtsäure des Rieslings, die geschmacklich aber schön in die Mineralität und Restsüße eingebunden ist, und den Weinen ein hohes Alterungspotenzial verleiht. Das ist keine Lobhudelei, die meisten Saarweine zeigen sich einfach so.
Aufbruch zu alter Größe
Lange lag die Region, die seit 2007 offiziell zum Weinbaugebiet Mosel zählt, im Dornröschenschlaf. Kriege und Wirtschaftskrisen forderten das Ihre. Viele Weinberge lagen brach, in denen sich Birken und Gebüsch breit machten. Doch neben kleineren Weingütern halten immer noch klingende Namen, wie zum Beispiel das Weingut Egon Müller oder das Weingut von Othegraven, das von Günther Jauch erworben wurde, die Fahne hoch, ins gesamt zehn VDP Weingüter. Nun gibt es neu mutige Weingutsbesitzer, ja Unternehmer muss man sagen, die kräftig dazu beitragen, die Saar zur alten Größe zurück zu führen. Vorneweg sind zwei zu nennen: Roman Niewodniczanski, Eigentümer des Weinguts Van Volxem in Wiltingen, zugleich der Sammler historischer Weinkarten und Listen, sowie Markus Molitor, Inhaber des gleichnamigen Weinguts in Bernkastel-Wehlen/Mosel, der an der Saar groß investiert.
Weingut Van Volxem, Wiltingen: Niewodniczanski investiert groß in die Reifung der Weine
Gut gefallen hat mir auch der 2016 Saar Riesling Gutswein mit 12% Alkohol: sehr individuell – toll, ein Spontangärer, sehr mineralisch, balanciert zwischen Filigranität und Kraft, typisch für das Weingut, ein Wein wie eine aus Stein gemeiselte Skulptur. Sehr gut probierte sich auch der 2016 Kanzemer Altenberg Riesling Alte Reben, Große Lage: eleganter, anmachender Duft; auf der Zunge mineralisch, rauchig; im Finish ein Gipfel von Eleganz und Mineralität – ein anregender Tropfen – ebenfalls nur 12% Alkohol. Zur Probe gehörten natürlich auch Schatzkammerweine, die das Gesagte bewiesen, wie der 1971 Okfener Geisberg Riesling: in der Nase herrliche Honignoten; am Gaumen ebenso herrliche Reife bei zugleich noch großartiger Frische; aristokratisch ausklingend. Präsentiert wurden auch klassische Kabinettweine und Spätlesen mit mehr Restsüße und entsprechend weniger Alkohol; ein Kabinett mit lediglich 8,5%. Niewodniczanski produziert auf seinen rund 90 Hektar lediglich 300.000 bis 400.000 Flaschen à 0,75 l pro Jahr. (Um 9.000 Liter pro Hektar und Jahr gelten deutschlandweit als durchschnittlich, das wären auf 90 Hektar gerechnet über 1 Mio. 0,75 l Flaschen!)
Markus Molitor baut die ehemalige Staatsdomaine Serrig neu auf
Gute Tropfen und interessante Geschichte: Das Weingut Würtzberg außerhalb Serrigs
Normalerweise beginne ich mit den Weinen, nicht mit der Historie, diese hier ist aber interessant. Das Weingut geht auf die goldene Zeit an der Saar Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Ab 1900 weitete Clemens Freiherr von Schorlemer zu Lieser – preußischer Staatsminister – die Flächen aus und begann mit dem Bau der ansehnlichen Gutsgebäude. Es nannte sich Weingut Freiherr von Schorlemer. 2005 wurde es von Dr. Jochen Siemens, ehemaliger Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, erworben und nach seinem Namen benannt. Im Sommer 2016 kauften es Dorothee Heimes und Ludger Neuwinger-Heimes, der als Manager in der Freudenberg-Gruppe wirkt. Nun wird es von Dorothee Heim geführt und nennt sich nach seiner Lage Würtzberg, eine Steillage, die von der Saar aufsteigt, direkt unterhalb der Gutsvilla. Sohn Felix steht kurz vor dem Abschluss seines Önoligie-Studiums in Geisenheim und wird demnächst einsteigen.
12 Hektar Rebfläche umfasst das Weingut plus 2 Hektar Pacht. Angebaut werden zu zwei Drittel Riesling. Gut gefallen haben mir der 2016 Riesling Rotschiefer: elegante Nase mit Pfirsichnoten; auf der Zunge stahlig, ein Riesling „comme il faut“ mit 11 g/l Restzucker; als auch die 2016 Würtzberg Riesling Spätlese -T-: ein kraftvoller schön individueller Wein mit blumiger Nase; weiter der 2016 Würtzberg Riesling Kabinett, ein dichter Wein mit Pfirsichnoten und viel Süße; sowie der sehr weinige und kraftvolle 2016 Pinot Blanc -R-.
Die Ayler Kupp und das VDP-Weingut Peter Lauer in Ayl
Ebenso verheißungsvolle Investoren: Anna und Stephan Reimann, Gästehaus und Weingut Cantzheim
Mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters Georg Thoma haben Anna und Stephan Reimann jüngst dem ehemaligen Kloster Cantzheim über die Saar gegenüber Kanzem neues, ja künstlerisches Leben eingehaucht. Eröffnet wurde erst in diesem Frühjahr. Die Liebe und Hingabe ist nicht nur in den Gästezimmern sondern im ganzen Haus zu spüren. Man soll die Langsamkeit des ehemaligen Klosters und die der Landschaft genießen.
Für das Weingut wurden fünf Hektar Riesling und Weißburgunder neu erworben und 2016 die erste Lese eingebracht. So kamen die ersten eigenen Weine erst vor kurzem auf die Flasche. Die drei präsentierten haben mir gut gefallen: 2016 die Gärtnerin Riesling feinherb: im Duft stahlig, frisch mit Noten von Zitronensaft; am Gaumen schöner Schmelz; elegantes, frisches Finish, das nach dem nächsten Schluck verlangt. 2016 Saarburger Fuchs Riesling Spätlese: reif, füllig, temperamentvoll, schöne Süße. Und ausnehmend gut fand ich den: 2016 der Gärtner Riesling trocken: frisch, spritzig, alles da - bei lediglich 11,5 % Alkohol, ein trockener leichter Saarriesling, einfach Klasse!
Weingut Hutmacher, Jutta und Michael Hutmacher in Oberemmel - mit Straußwirtschaft
Weitere schöne Tropfen der Saar-Region, die ich probieren konnte
Gut gefallen haben mir, ohne dass ich die Weingüter besuchen konnte:
Saar-Riesling Sekt, Weingut Phillips, Ayl: schön brut, sehr elegant.
2015 Riesling Spätlese trocken, Weingut Appel, Saarburg: feine Nase mit Noten von Pfirsich und Sandkuchen; auf der Zunge elegant mit viel Rückgrat; anregend herb bei schöner Frucht im Finish.
2016 Riesling feinherb, Weingut Vols, Ayl: im Bukett Pfirsich, Zitronat; am Gaumen saftig elegant; feine Frucht im Finish.
2015 Riesling „diabas“, Weingut Weber Brüder, Wiltingen: beim Hineinriechen Terroirnoten, typischer individueller Spontangärer; kraftvoller Körper mit Rückgrat; individuelles Finish mit feiner Frucht und Süße – hat mir sehr gut gefallen. Diabas ist ein vulkanisches basaltisches Magmagestein.
2012 Kanzemer Hörecker Riesling 1. Lage, VDP Weingut von Hövel, Oberemmel: lauter Duft, anspringend, fruchtig mit Noten von weißen Pfirsichen, Nektarinen, Mango; saftig-fülliger, fast üppiger Körper; kräftiges Finish mit einem Hauch Petrol.
1989 Ayler Kupp Riesling Auslese, Weingut Hausen-Mabilon, das nach dem Tod des Inhabers 2015 leider nicht mehr existiert, doch sein Wein hat ihn überdauert: in der Nase exotische Früchte, was sich am Gaumen schön fortsetzt; wunderbares Finish mit allem dran!
Die Weinbauregion Saar insgesamt
Man erwartet nicht, dass die Region komplett zu Rheinland-Pfalz gehört und nicht zum Saarland. Jenes besitzt nur eine Weinbaugemeinde in seinem Westzipfel, nämlich Perl - witzigerweise an der Mosel. Um die 770 Hektar Rebflächen werden an der Saar von rund 60 Betrieben bewirtschaftet. 82% sind mit Riesling bestockt. Die zugelassene (ehemalige) Rebfläche beträgt jedoch rund das Doppelte. Es bieten sich also noch sehr interessante Investitionsmöglichkeiten, und wenn so mutige Investoren, wie erwähnt, einsteigen, ist zu erwarten, dass die ganze Region bald wieder viel von sich reden macht.
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas; Fotos: bonvinitas, sofern nicht anders angegeben, Karte von Saar-Riesling e.V.