Die Weinregion Brda
In der Weinregion Brda, direkt an der italienischen Grenze, erzeugen die slowenischen Weinbauern sowohl Rotweine, wie Merlot, Refosco, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon, als auch Weißweine wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Weißburgunder und Grauer Burgunder. Und dann ist da noch Rebula (Ribolla Gialla), eine Traubensorte, die das Zugpferd der Region geworden ist. Den ersten Eindruck von diesen Rebula-Weinen bekamen wir bei einer Robert Parker Wein-Verkostung in Zürich. Nach meinem spontanen: “Wow“, lächelt der Winzer Marjan Simčič und lädt mich für Ende August zur dritten internationalen Masterclass: "Brda, Home of Rebula“ nach Slowenien ein.
Rebula hat in der Tat eine bedeutende Symbolkraft, weil es Wein-Produzenten aus den beiden Ländern Italien und Slowenien durch die Brda-Collio-Weinregion wieder vereint. Faktisch war die Region ab dem 2. Weltkrieg getrennt, aber viele Winzer hatten Weinberge auf beiden Seiten, somit ein paar Hektar im italienischen Collio, und einige Hektar in den Hügeln der slowenischen Brda.
Rebula
Rebula ist eine Weintraube, die die Hänge und Hügel liebt. In der Ebene findet man nur ganz selten eine Anpflanzung. Aber hier, zwischen der Adriaküste und den Alpen, in dieser wunderschönen Region mit sanften Hügeln, Wäldern, terrassierten Weinbergen sowie Oliven- und Obsthainen, fühlt sich diese Traubensorte wohl. Vom Boden her, herrscht Kiesel, Flysch und Kalkmergelboden (Opoka), reich an Mineralien, vor. Am wertvollsten sind die Lagen mit reinem Opoka. Die Weinbauregion ist vom mediterranen Klima sehr verwöhnt mit einer Niederschlagsmenge von durchschnittlich 860 mm pro Jahr. Bedingungen, die ideal für diese autochthone Sorte sind. Insbesondere Südhänge liebt diese faszinierende, goldhäutige Traubensorte.
Während meines Besuchs in Brda konnte ich Rebula in verschiedenen Ausbauformen verkosten. Der klassische, im Stahltank oder im großen Holzfass vergorene Wein, besticht durch eine Frische, Geradlinigkeit und Einfachheit. Der in Eichenfässern oder in Amphoren gereifte, lagerfähige Wein, mit zum Teil längerer Maischestandzeit, begeistert die Weinfreunde hingegen durch seine Komplexität. Es geht weiter von Rebula-Schaumweinen bis hin zu süßen Weinen im Passito-Stil. Ja sogar mit sehr interessanten Orange-Weinen wird aufgewartet. Diese hatten eine "ausgedehnte", monatelange Maischestandzeit, um möglichst viele Anthocyane (Farbstoffe), Tannine (Gerbstoffe) und Aromastoffe aus den Beerenhäuten herauszulösen.
Im Folgenden stellen wir vierzehn Winzer in Kurzform vor, die ich kennenlernen durfte deren Weingüter ich zum Teil besucht habe, und die einen Besuch wert sind.
Das Weingut Ščurek
Das Weingut Moro
Die Winzergenossenschaft Klet Brda
Das Weingut Dolfo
Das Weingut Dolfo befindet sich in Ceglo, direkt an der slowenisch-italienischen Grenze, mit Weinbergen teils auf der einen, teils auf der anderen Seite der Grenze. Marko und Melita Skočaj bewirtschaften 14 Hektar Rebfläche, davon vier in Italien und 10 in Slowenien. Als Hommage an seinen Grossvater wählte er den Namen "Dolfo" für die Hausmarke. Das Weingut produziert nur circa 60.000 Flaschen im Jahr. Marko führt aus: „Die natürlichen Bedingungen wie Boden, geografische Lage und Wetter bieten ein einzigartiges Terroir für das Wachstum der Rebula Traube, aber auch für andere Rebsorten in dieser Region. Dies war schon den Römern bekannt, da die Geschichte der Weinherstellung in unserem Land bis in die Antike zurückreicht, wo das nahe gelegene Aquileia ein wichtiges Handelszentrum war.“ Weinliebhaber und Kenner erkannten nach Öffnung der Grenze relativ bald die Qualität seiner extrem trockenen Weine, mit weniger als zwei Gramm Restzucker pro Liter. Marko ergänzt: "Wir möchten, dass die Mineralität der Weine zum Ausdruck kommt, sei es in der frischen, im Stahl ausgebauten „weißen Linie“, sei es in der in Eichenfässern gereiften „Schwarzen Linie“." Was folgte, war ein Erfolg, der zur Erweiterung der führte, gefolgt vom Bau eines neuen Kellers mit einem schönen Verkostungsraum. www.dolfo.eu
Das Weingut Medot
So wie bei uns die Namen Müller, Meyer und Schmidt vorherrschen, so ist in der Brda Region der Name Simčič sehr populär. Bei den verschiedenen Weingütern treffen wir immer wieder auf diesen Namen, und alle betonen, dass sie mit den anderen Familien Simčič nicht verwandt sind. Das Weingut Medot gehört Simon Simčič. Die Weintradition dieser Familie Simčič reicht bis ins Jahr 1812 zurück. In den 1990er Jahren wurde das heutige Markenzeichen Medot auf der Grundlage der Familiengeschichte etabliert. Das Weingut hat auf seinen 3 Hektaren einen sehr ansprechenden Verkostungsraum. Außer Rebula ist Pinot Noir und Chardonnay zu finden. Simon stellt entsprechend, neben seinem Rebula Stillwein, verschiedene Schaumweine her, die er in der traditionellen Flaschengärung reifen lässt. Mometan werden auf diesem Boutique-Weingut lediglich 27.000 Flaschen erzeugt. Aber da Simon jetzt weitere drei Hektar Weinland gekauft hat, werden wir in den nächsten drei Jahren mit einer höheren Produktion rechnen können.Weingut Zanut
Weingut Jermann
Weingut Ferdinand
Die „neuere“ Geschichte des Weinguts Ferdinand in Kojsko beginnt mit Matjaž Četrtič im Jahr 1992, die „ältere“ Geschichte bereits viele Jahre zuvor. Die Weinberge wurden schon in der Zeit von Matjažs Urgroßvater Ferdinand in Familienbesitz genommen. Leider verlor dieser sehr jung im Krieg sein Leben. Die Weinberge wurden dann von einem Bruder seines Vaters bewirtschaftet, der aber mit der Zeit aufgab. Da er keinen Nachfolger hatte, war Matjaž derjenige, der 1992 diese brachliegenden Weinberge übernahm und seinen Urgroßvater Ferdinand huldigte, indem er dessen Namen für seine Weinmarke verwendete. Allerdings war er zu dieser Zeit noch ein Teenager und Schüler im Gymnasium für Landwirtschaft. Bis 1993 brauchten Matjaž und seine Eltern um alte Rebstöcke gegen neue zu tauschen. Von Anfang an war es seine Vision, einen Weinkeller mit hochwertigen Weinen zu errichten, und diese Vision wurde zusammen mit seinem Vater Marjan Schritt für Schritt umgesetzt. Die ersten Flaschen „Ferdinand-Wein“ kamen 1997 auf den Markt. Heute ist Ferdinand eine der bekanntesten Marken auf dem Gebiet der slowenischen Qualitätsweine und gehört zweifellos zu den führenden Weingütern in der Welt der Rebula Traube. Von seinen neun Hektar Rebfläche sind 2,5 Hektar mit Rebula bepflanzt. Seine Kompetenz konnte er sowohl auf der „Matter of Taste“ Weinverkostung in Zürich als auch während der privaten Weinprobe in seinem Weingut eindrucksvoll unter Beweis stellen.Weingut Edi Simčič
Der Weinmacherstil von Edi Simčič in Vipolže unterscheidet sich schon ein wenig von seinen Winzerfreunden. Im Gegensatz zu vielen Kollegen werden auch die Weißweine von Edi Simčič lange Zeit in Eichenfässern vergoren und ausgebaut und haben daher einen fast französischen Stil. Viele Top-Kritiker halten ihn für einen der besten, wenn nicht sogar für den besten Winzer Sloweniens. Edi und sein Sohn Aleks sind hartnäckig, fleißig und mit Herzblut dabei, aber auch aufgeschlossen, wenn es darum geht, neue Ideen auf ihren 12 Hektar Weinland auszuprobieren. An die 37 Jahre alten Rebula-Reben lassen sie weder Herbizide, Pestizide noch Insektizide. Die Jahresproduktion über alle Weine sind ca. 50.000 Flaschen. www.almavista.si/edi-simcic-estate
Weingut Marjan Simčič
Die Wurzeln des Weingutes Marjan Simčič gehen bis ins Jahr 1860 zurück, als Anton Simčič einen Bauernhof kaufte und mit Weinbau und Weinherstellung begann. 1988 übernahm der Ur-Enkel Marjan die Leitung des Hofes. 1997 wurde im Dorf Ceglo sein neuer und moderner Weinkeller mit Stahltanks, grossen und kleinen Holzfässern sowie Beton-Eiern errichtet. Dieser bietet perfekte Bedingungen für die Herstellung seiner hochwertigen Weine. Marjan bewirtschaftet seine 22 Hektar Reben organisch. Er produziert circa 130.000 Flaschen Wein im Jahr. Damit das Terroir zur Geltung kommt, setzt er auf Spontan-Hefen und zum Teil werden die Weine unfiltriert abgefüllt. Marjan kann zur Recht stolz auf seine Weine sein. Er sagt: „Ich glaube, dass Wein „Wahrheit“ ist. Unser Wein erzählt die Geschichte unserer magischen Region Brda und der Liebe zum Wein, die uns so stark verbindet. Ich glaube, dass diese Geschichte in jedes Glas unseres Weines fließt“.Weingut Erzetič
Auch die Geschichte der Familie Erzetič aus Višnjevik ist schon lange eng mit dem Weinbau verbunden, genau genommen seit dem Jahr 1725, als es damals vom Hausherrn Martin Erzetič gegründet wurde. Heute werden die 15 Hektar Reben von einem der Nachfahren bewirtschaftet. Andrej Erzetic produziert zuammen mit seinem Vater ungefähr 70.000 Flachen im Jahr. Auf seinem neuen Weingut findet man nicht nur Stahltanks und Eichenfässer, sondern auch Quevries (Ton-Amphoren) aus Georgien. Diese sind, genauso wie in Georgien, in der Erde eingegraben. Das Rebula-Traubengut kommt mit den Schalen für sieben Monate in die Amphoren bevor die Pressung stattfindet, danach weiterhin ungefiltert für 18 Monate in Barriques. Andrej erklärt: “Wir bleiben der Erde von Brda treu – ein Paradies für unsere ausgezeichneten Sortenweine. In der Region Brda und insbesondere in unseren Weinberg-Terrassen ist kein Platz für schwere Maschinen, sodass die Trauben handverlesen geerntet werden.Unsere Familie hat beschlossen, dass auch wir uns an die Natur anpassen. Wir befürworten eine natürliche Weinherstellung und sind dabei, unseren ökologischen Weinanbau zertifizieren zu lassen.“ www.vina-erzetic.com
Weingut Radikon
Bei Radikon „ist alles anders“, Diese Weine, hergestellt in Oslavia (klingt slowenisch, ist aber auf der italienischen Seite), muss man probiert haben, um es zu glauben. Der 2016 verstorbene Stanko Radikon war ein Pionier der Bewegung in Richtung Natur- und Orange-Weine. Alles ist einzigartig bei Radikon, von der Flasche über die Herstellungsmethode bis zum Geschmack – mit anderen Worten, ein Besuch auf diesem Weingut ist ein sehr eigenes Erlebnis. Nachdem Stanko Radikon seine 15 Hektar Weinberge in der Nähe der slowenischen Grenze schon einige Jahre bewirtschaftet hatte, wurde er jedes Jahr unzufriedener, und er erinnerte sich immer öfter daran, dass die Weißweine seines Großvaters mehr Farbe und Geschmack hatten. Also machte er sich daran, seine Methoden zu ändern und die Weinbereitung seines Großvaters auszuprobieren, bei der das Traubengut sieben Tage lang mit den Schalen mazeriert wurde, und somit mehr Farbe und Geschmack in den Wein gelangte. Im Lauf der Jahre verlängerte er den Maischekontakt kontinuierlich auf zwei bis drei Monate. Er musste somit nicht mehr so viel Sulfite hinzufügen, um die Weine haltbar zu machen und ab dem Jahr 2003 arbeitete er gänzlich schwefelfrei. Der alkoholischen Gärung folgt eine dreijährige Reifezeit in 3.000 Liter fassenden Holzfässern, von wo aus sie unfiltriert in die Flaschen gefüllt werden. Diese lagern weitere zwei Jahre auf dem Weingut, bevorsie nach insgesamt knapp fünf Jahren in den Verkauf kommen. Das Ergebnis sind ungewöhnliche Orange-Weine mit extremer Komplexität, langem Lagerungspotential und einem Feuerwerk von Aromen. Heute bezeichnen die Kritiker seine Weine als „cool“, aber diese Art von Weinen war seinerzeit vor 20 Jahren vom Markt nicht sonderlich gefragt. Heute wird der biodynamische Betrieb von Saša Radikon geführt. Saša hält das Vermächtnis seiner Vorfahren in guten Händen und führt das Weingut in deren Sinne und mit viel Engagement fort.Weingut Gravner
In Oslavia gibt es ausserdem das berühmte Weingut Gravner. Joško Gravner reichte Beharrlichkeit und eine gute Idee, um vom kleinen Oslavia an der Grenze zwischen Italien und Slowenien aus die Weinwelt zu erobern. Es besteht die Vermutung, dass er am Anfang von Radikon für seinen Weg beeinflusst wurde. Oder war es anders herum? Später haben sich die beiden Weingüter in jedem Fall gegenseitig inspiriert und haben Oslavia zu einem Zentrum der Orange-Weinbewegung gemacht. Bei Gravner sind es 15 Hektar, die er bewirtschaftet, und circa 30.000 Flaschen Wein pro Jahr werden auf dem Weingut produziert. Im Jahre 2000 konnte Josko Gravner das erste Mal nach Georgien reisen, lernte im Süden des Kaukasus über die Weinbereitung in unterirdischen Amphoren und bestellte seine ersten Quevries. Ab 2001 begann er, den Wein ein Jahr lang in Quevries auszubauen, so wie es in Georgien seit Jahrtausenden geschieht. Danach folgen sechs Jahre Lagerung in größeren Holzfässern. Dies ist nur mit vollreifen, gesunden und sehr guten Trauben möglich. Auf diese Art gekelterte und gereifte Weine bieten eine unvergleichliche Komplexität und ein unbeschreibliches Aroma-Profil für Nase und Gaumen. Im Mittelpunkt stehen bei Gravner heute die einheimischen Rebsorten, vor allem Ribolla Gialla, aber auch Pignolo. “Die moderne Önologie hat mir geholfen, zu verstehen, warum unsere Ahnen recht hatten“, sagt Josko Gravner heute. „Unsere Vorfahren hatten einen großen Respekt vor der Natur! Für unseren Wein braucht es ein gutes Zusammenspiel von Flora und Fauna und ein naturnahes Arbeiten im Weinberg und im Keller.“ Was dann für ein Produkt entsteht, schmeckt man in seinen ungeschönten, ungefilterten, außergewöhnlichen, atemberaubenden und puren Weinen.
Für eine großartige Weinregion braucht es wunderschöne Landschaften, Gastfreundschaft von Herzen, köstliche regionale Speisen, und Weine, die den Genießer in ihren Bann ziehen. Brda in Slowenien hat das alles. Besuchen Sie diese Region solange sie ihre Ursprünglichkeit hat!
Text: Armin H. Müller, Gourmet Wine Travel.
Landschaftsfotos im Eingangsbereich Smartno von Touristeninformationsburo Brda; übrige Fotos PR sofern nicht anders angegeben