Das Swartland
Außerhalb der Fachwelt weniger bekannt ist das Swartland, das etwa 50 km nördlich von Kapstadt liegt, und dessen Weinbaugebiet im Westen durch die Stadt Malmesbury im Osten durch Riebeek Kasteel begrenzt wird. Das Klima ist heiß und trocken. Die geringen Niederschläge fallen überwiegend im Winter. Künstliche Bewässerung ist dennoch unüblich, auch, weil entsprechende Reservoirs fehlen. Rebstöcke für Qualitätsproduktion stehen vorwiegend in Hanglagen. Kühle Atlantikbrisen sorgen dafür, dass die Trauben ihre natürliche Säure bewahren können. Eine Vielfalt unterschiedlicher Böden, überwiegend aus Schiefer, Sandstein und Granit, und an Flüssen fruchtbare Böden aus Schwemmland mit Sand und Ton, unterstützen die Ausprägung jeweils charakteristischer Aromen. Die Rebfläche beträgt etwa 10.000 ha, wovon 60 % auf die Produktion von roten und 40 % auf die von weißen Rebsorten entfällt.
Die Bezeichnung „Het Zwarte Land“, schwarzes Land, rührt von der endemischen Renosterbos-Pflanze. Nach Regenfällen erscheinen die Gräser aus der Distanz betrachtet, schwarz.
Entwicklung zur Trend-Region
Ursprünglich die Kornkammer Südafrikas und im Bereich Weinbau durch genossenschaftliche Produktion im unteren Preissegment geprägt, hat der Distrikt als Hotspot innovativer Weinkultur in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung gemacht. Die Produktion von Premiumweinen parallel zur nach wie vor existierenden Massenproduktion wurde durch eine neue Winzergeneration vorangetrieben. Badenhorst, Mullineux, Porseleinberg und Sadie Family Wines gelang es mit der Swartland Revolution, einem zwischen 2010 und 2015 jährlich durchgeführten Tasting-Event, erfolgreich auf die Qualität regionaler Weine aufmerksam zu machen.
Die gestiegene Reputation der Region führte zu einem Zustrom ambitionierter Jungwinzer, häufig ohne Kapital, dafür aber mit Talent und der Idee, südafrikanische Weine abseits des Mainstreams zu produzieren. In 2010 schlossen sich die Trendsetter als „Swartland Independent Producers“ zusammen. Nach dem Vorbild des europäischen Appellationssystems gaben sie sich verbindliche Leitlinien für die Produktion im Weinberg und im Keller. Die Typizität der Region soll im Wein möglichst unverfälscht zur Geltung gebracht werden. Dazu gehören z.B. der Verzicht auf Kulturhefen, künstliche Säuerung, Schönung sowie jede Art von Technik, die den Charakter des Weins beeinflussen könnte, wie beispielsweise Umkehr-Osmose.
Die Weinwelt reagierte begeistert und Swartland war mit einem Schlag in den Fokus von Händlern und Sommeliers gerückt. Die „Swartland Independent Producers“ umfassen heute etwa 20 Weingüter, darunter weitere bekannte Namen wie Testalonga, Nativo, David & Nadia oder Lammershoek.
Was macht Swartland so interessant?
Nachhaltige Bewirtschaftung
Pilzkrankheiten haben in diesem Klima kaum eine Chance. Dies erleichtert organischen oder auch biodynamischen Weinbau, dem sich zahlreiche Winzer in der Region verschrieben haben. Die Leitidee ist, dass ein hervorragender Wein im Weinberg entsteht. Dazu gehören gesunde, aktive Böden, die die natürliche Widerstandskraft der Rebstöcke stärken. Bodendeckerpflanzen, die Verdunstung hemmen, Düngung mit Kompost anstelle von Kunstdünger, Artenvielfalt im Weinberg und generell ein bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen.
Mediterrane Rebsortenvielfalt
Das Klima erfordert Rebsorten, die mit Hitze und Trockenheit gut zurecht kommen. Wie überall in Südafrika spielen Chenin Blanc, Chardonnay, Shiraz, Pinotage und Cabernet Sauvignon eine wichtige Rolle. Bei Neuanlagen wird vor allen mit Rebsorten experimentiert, die sich rund um das Mittelmeer bewährt haben: Mourvedre, Grenache, Carignan, Tinta Barocca, Xinomavro, Agiorgitiko, Cataratto oder Negroamaro. Die Region ist hier wie eine große Versuchsanlage.
In Swartland hat sich ein hoher Bestand an alten Reben, vorwiegend in Buscherziehung erhalten. Dieses Potenzial wurde zwischenzeitlich erkannt. Die Bestände sind kartographiert und werden vermarktet durch das sogenannte „Old-Wine Project“.
Weinstilistik
Neben rebsortenreinen Weinen werden Blends produziert. Gängig sind Chenin Blanc- und Syrah-basierte sowie Bordeaux-Blends. Daneben entsteht eine Vielzahl von teilweise ungewöhnlichen Kombinationen, abhängig von den Präferenzen der Winzer. Sadie ergänzte zum Beispiel seinen 2019 Columella, einen klassisch südfranzösischen Blend aus Grenache, Syrah, Mourvedre, Carignan und Cinsault um den aus der Portweinproduktion bekannten Tinta Barocca. Diese Rebsorte bringt kräftige Farbe, hohen Alkoholgehalt und Aromen von Brombeere und Kirsche in den Blend ein, ist aber eher hitzeempfindlich und verlangt daher nach einer kühlen Lage.
Einen für Swartland typischen Weinstil gibt es nicht. Gleichwohl sind Gemeinsamkeiten feststellbar. Im Bestreben, einen zu hohen Zuckergehalt zu vermeiden und natürliche Säure zu erhalten, werden die Trauben früh geerntet. Dabei muss sichergestellt werden, dass Aromen und Tannine ausreichend gereift sind. Nicht immer gelingt dies. Blends können dann dann auch dazu dienen, die Komplexität in der Aromatik zu erhöhen. Auch malolaktische Gärung wird aus diesem Grund häufig durchgeführt, trotz des reduzierten Säureempfindens. Weltweite Trends weg von eher wuchtigen Rotweinen hin zu feineren und zurückhaltenderen Fruchtaromen und reduziertem Einsatz von Eiche, die Verwendung von Betoneiern und Amphoren sind auch hier zu beobachten.
Die Weine der „Swartland Independent Producers“ sind nicht günstig. Klimatisch bedingte geringe Erntemengen in Kombination mit alten Reben, die naturgemäß weniger Ertrag abwerfen, führen dazu, dass geringe Volumina produziert werden. Qualität hat ihren Preis.
Blick in die Zukunft
Der Klimawandel wird die Herausforderungen im Weinberg und im Keller weiter verstärken: trockenheitsresistente Rebsorten, kühle Lagen, Vermeidung von zu hohem Alkoholgehalt. Im Interesse der Wirtschaftlichkeit müssen Preise durchgeholt werden, die den geringen Produktionsmengen angemessen sind, dabei aber noch vom Markt akzeptiert werden.
Die Zukunft der Region hängt auch davon ab, wie es gelingt, die Aufmerksamkeit der Weinwelt aufrecht zu erhalten. Für eine Region, die sich über Innovation, Kreativität und Gründergeist definiert, ist dies auf Dauer nicht einfach. Einen Schub für die Erschließung neuer Käuferpotenziale könnte der weitere Ausbau touristischer Aktivitäten bringen. Die meisten Weingüter bieten heute schon die Möglichkeit zur Verkostung. Die Infrastruktur ist allerdings noch erweiterungsfähig. Die Verzahnung hochwertiger und zahlreicher Tasting-Möglichkeiten unter Einbezug lokaler Sehenswürdigkeiten wie historischen Bauten könnte hier einen wertvollen Beitrag leisten.
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Text: Evelyn Damiani; Fotos: PR sofern nicht anders angegeben