Die vielfältige Biodiversität
Aber wie kommt es, dass in einer Monokultur wie dem Weinbau eine solche Biodiversität zu finden ist? Der Grund: Die Mosel-Weinlandschaft selbst bietet mit ihrer vielfältigen Struktur sowie im Zusammenspiel natürlicher Gegebenheiten mit der nachhaltigen Pflege durch den Menschen über Jahrhunderte hinweg die Voraussetzungen für eine große Artenvielfalt.
Als die Römer vor mehr als 2.000 Jahren ins Moseltal kamen, brachten sie auch die Weinkultur mit in die Region. Schnell erkannten sie, dass die steilen Hänge günstige Bedingungen für den Anbau von Weinreben bieten. Was die Römer nicht wussten (oder vielleicht doch?): Mit der Rodung des Niederwaldes und der Anlage von Weinbergsterrassen ermöglichten sie nicht nur die Kultivierung von Reben. Sie schufen damit im Moseltal auch zusätzlichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere, die das besondere Mikroklima der offenen, sonnenverwöhnten Steilhänge brauchen. Die ursprünglich bewaldeten Hänge des Flusstales weisen eine deutlich geringere Artenvielfalt aus.
Das Bewusstsein über diesen natürlichen Schatz macht die Moselaner noch stolzer auf ihr großes weinkulturelles Erbe. Seit rund zwei Jahrtausenden werden die Steillagenweinberge bewirtschaftet, oft noch in Handarbeit. Die Weinkulturlandschaft ist nicht nur Existenzgrundlage Tausender Winzerfamilien und vieler weiterer Menschen. Ohne den Weinbau wäre die Mosel auch nicht das bekannteste und beliebteste Weinreiseziel in Deutschland.
Projekt „Lebendige Moselweinberge“
Schon seit 2013 fördert das Projekt „Lebendige Moselweinberge“ des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Mosel die Biodiversität im Steillagenweinbau und vermittelt Winzern wie auch der einheimischen Bevölkerung, welchen Artenreichtum die Moselregion beherbergt. Wissenschaftliche Untersuchungen unter Beteiligung vieler Winzer, von konventionell bis biodynamisch wirtschaftend, ergaben, dass an der Mosel mehr als 170 Wildbienenarten sowie zahlreiche seltene Falter heimisch sind. Klare Botschaft an die Winzer: Pflegt die Trockenmauern und lasst zwischen und neben den Reben Blütenpflanzen und Kräuter wachsen, um diesen und anderen wichtigen Insekten Lebensraum und Nahrung zu bieten. Nicht nur grüne, sondern bunte Rebzeilen sind das Ziel. Das schützt auch die Böden vor Erosion infolge zunehmender Starkregenereignisse und reduziert in Hitzemonaten die Bodenerwärmung. Damit einher wird das Bewusstsein für eine möglichst naturnahe und umweltschonende Bewirtschaftung gefördert.
Vor allem die Trockenmauern der jahrhundertealten Weinbergsterrassen bieten zahllosen wärmeliebenden Pflanzen, Insekten und Tieren Unterschlupf. Felsen und Randstreifen mit Kräutern, Sträuchern, Büschen und kleinen Bäumen sind wichtige Bestandteile dieser Biotope, ebenso die Vernetzung mit dem Wald auf den Höhen und den Bächen und Flüssen. Von Ameisenlöwe bis zu Uhu und der seltenen Vogelart Zippammer, von der Gehörnten Mauerbiene über die Wespenspinne bis zur Schlingnatter finden hier Hunderte von Arten ihren Platz.
3. bis 14. Mai 2023: Woche der Artenvielfalt Die Woche der Artenvielfalt der Regionalinitiative Mosel und des DLR Mosel bietet vom 3. bis 14. Mai 2023 im gesamten Weinanbaugebiet Mosel zahlreiche Veranstaltungen rund um die Biodiversität in den Weinbergen. Speziell geschulte Gästeführer, die Naturerlebnisbegleiter, erläutern auf Wanderungen die Flora und Fauna der Weinlandschaft, sammeln mit den Gästen im Weinberg Kräuter für Kochkurse, bauen Insektenhotels und folgen Schmetterlingen und Singvögeln durch die Reben. Info: www.lebendige-moselweinberge.de
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Leuchtpunkte der Artenvielfalt
Eine ganze Reihe von vielfältig strukturierten Weinlagen von Wehr nahe der französischen Grenze bis Winningen bei Koblenz bilden inzwischen so genannte „Leuchtpunkte der Artenvielfalt“, an denen über die Biodiversität informiert wird. Winzer, Gemeinden, Vereine, Schulen und Kindergärten kümmern sich gemeinsam um die Pflege. Spezielle Wanderrouten wie der „Insekten-Art-Weg“ oder „Zippammers Welt“ bieten die Kombination von interessanten Natur-Informationen mit grandiosem Landschaftserlebnis.
Sichtbarer Ausdruck des Bewusstseins für die Bedeutung des Lebensraumes Weinberg sind inzwischen die Lebenstürme geworden. Auf Anregung eines jungen Winzers setzten sich die Moselaner 2020 das ehrgeizige Ziel, 100 große Lebenstürme zu errichten, um noch mehr Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität zu schaffen. Die mehrere Meter hohen Türme aus Schiefer und Holz sind quasi Hotels für viele Gäste, von der Florfliege bis zur Fledermaus. Nur ein Jahr hat es gedauert, bis das Ziel der 100 Lebenstürme an der Mosel nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten wurde.
Foto Naturführung im Kasten: Moselwein e.V.