Dass der typisch deutsche Riesling, was schöne Reifung angeht, nicht zu schlagen ist, haben wir schon erläutert. Um das Wesentliche nochmals zu betonen: Die typisch strammere Fruchtsäure bindet sich mit der Reifung geschmacklich schön ein und führt zu einer wunderbaren Harmonie. Natürlich gilt dies nur für Weine mit entsprechendem Potenzial, denn wo nicht viel ist, kann nicht viel reifen. Die sehr schönen Tropfen hier aus 2013, kommen alle mit lediglich 12,5 % Alkohol aus, was wiederum das Können des Rieslings beweist, der auch für hohe Qualitäten gar nicht so viel Alkohol benötigt. Nach unseren Wein-Blindbewertungen probiere ich gut bewertete Gewächse nach und beschreibe sie, um sie hier vorzustellen (von links):
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Das traditionsreiche 21 Hektar Weingut wird vom heutigen Inhaber Philipp David Catoir geleitet. Ihm zur Seite steht Kellermeister Martin Franzen. Man ist ökologisch zertifiziert und Mitglied im Verband der Prädikatsweingüter (VDP) und besitzt „Erste Lagen“ und „Große Lagen“ in Haardt und Gimmeldingen. „Wir investieren viel Zeit in unsere Weine, angefangen bei den Aufgaben im Weinberg im Rhythmus der Jahreszeiten, die mit aufwändiger Handarbeit erledigt werden, über die selektive Lese von Hand, die langsame Vergärung und den schonenden Ausbau im Keller bis zur möglichst späten Füllung. So entstehen finessenreiche, mineralische, elegante und kompromisslos individuelle Weine“, lautet das Credo.
89 Punkte erhielt der 2013 „Michael Acker“ Kleinkarlbacher Herrenberg Riesling trocken vom Weingut Hammel in Kirchheim/Mittelhaardt Deutsche Weinstraße / Pfalz: Vielschichtig reifer Duft mit Noten von reifen Pfirsichen, Zitronat mit einem Hauch Rhabarberkompott; auf der Zunge ein wunderbar rund-eleganter Riesling mit Schmelz unterlegt von Karamell; temperamentvoll rassiges Finish, das noch viel Zukunft erwarten lässt. Ein Wein wie ein Klarinettensolo! Die elegante Rasse gibt ihm gut 5-6 Jahre weiteren Aufbau. Stand heute schön zu Seezunge, Karpfen, aber auch zu Bratwurst, kross gegrilltem Schweinebauch oder Ente. Das Weingut wird von den Brüdern Martin und Christoph Hammel in der 8. Generation betrieben. Christoph hat drei Jahre in Südafrika als Kellermeister gearbeitet. Die Familie Acker ist für den Außenbetrieb zuständig und seit Jahrzehnten mit der Familie Hammel verbunden. Das umfangreiche Sortiment beruht auf Besitzungen nicht nur in Kirchheim, sondern auch in Albsheim, Dirmstein, Kleinkarlbach und Bissersheim mit recht unterschiedlichen Böden und Terroirs, so dass man die Sorten optimal den Böden anpassen kann.
Stolze 90 Punkte erhielt der 2013 Jagdhaus Hubertus Riesling aus der Lage Baden-Badender Mauerberg vom Weingut Knapp in Baden-Baden. Trocken steht zwar nicht auf der Flasche, der Wein ist es aber: Elegant reifer Duft mit Kraft und Anklängen an Mango und Honig sowie einer interessanten kleinen Schärfe; auf der Zunge ein saftig-fülliger Riesling, mundfüllend mit Schmelz und Terroirsnoten, die in ein elegant nachhaltiges Finish münden. Ein Wein wie ein Vollblutpferd, ja der eine Geschichte erzählt, mit Persönlichkeit. Ich gebe ihm gut fünf Jahre weitere Aufwärtsentwicklung, in der er eine schöne Petrolnote entwickeln dürfte. Stand heute schön zu Pfifferlingen oder Steinpilzen in Rahm, sowie auch zu Makrelen oder Kalbschnitzel gegrillt.
Das Weingut Kanpp ist eng mit der außergewöhnlichen Persönlichkeit des Inhabers Heinz Knapp verbunden: Eigentlich Dipl. Ing. Architekt mit Studium bei Egon Eiermann und Tätigkeit in Stockholm wurde er Leiter der Gesamtplanung zur Entwicklung der neuen Universität auf dem Schnarrenberg in Tübingen. 1960 eröffnete er in Baden-Baden sein noch heute bestehendes Architekturbüro, das er 2000 in die Hände seines Sohnes Urban gab. 1987 übernahm er einen Hof mit 7 Hektar Reben in Lorgues in der südfranzösischen Provence, den er erfolgreich auf 22 Hektar ausgebaut hat. 2006 pflanzte er erste Pinot blanc Reben unterhalb des Jagdhauses, des ehemaligen „Pavillon de Chasse“ der Markgräfin Sibylla Augusta von 1716, im Westen der Stadt Baden-Baden. 2012 übernahm er im Rahmen der Neuordnung des städtischen Rebgeländes in Baden-Baden Weinberge am Silberbuckel/Eckberg und Schafberg.
Mit 90 Punkten bedachten die Prüfer einen weiteren Riesling 2013 des Weinguts Müller-Catoir, Gimmeldinger Riesling trocken: Vornehmes Bukett mit Noten von Honigmelone, Blütenhonig, Karamell; aristokratisch-eleganter Riesling-Köper, wie man ihn sich von einem hochwertigen, gereiften Riesling vorstellt und wünscht; klar strukturiertes Finish mit in Kraft eingebauter Rasse, wie ein gut durchtrainierter Zehnkämpfer und ein Wein mit sehr viel Zukunft! Solche Weine sind es, die einst den weltweiten Ruf deutscher Rieslinge begründeten. Ich denke, dass er auch in 6 – 8 Jahren ein eben Erlebnis sein wird. Passt gut – Stand heute – als Aperitif, zu Kürbissuppe, Tintenfisch gebraten oder einem kräftig gebratenen Schnitzel. Über das Weingut haben wir schon oben berichtet.
Ebenfalls 90 Punkte erzielte die 2013 Niersteiner Heiligenbaum Riesling trocken des Weinguts Martinshof in Dienheim/Rheinhessen: Edler Duft, man spürt Zitronat, reife Pfirsiche, getrocknete Feigen; am Gaumen vornehm kultvierte Eleganz mit zarter Petrolnote, wie sie gereiften Rieslingen steht, was sich ins anhaltende Finish durchzieht. Ein Wein wie ein milder Sommerwind, der einem über die Haut streicht. Die Eleganz dürfte sich in den folgenden ca. 5 Jahren noch weiter aufbauen. Das Potenzial ist zu spüren. Stand heute sehr gut zu Loup de mer, Kalbsbries, Putenschnitzel oder Pfifferlingen in Rahm. Dienheim liegt an der so genannten Rheinfront, wo das rheinhessische Hügelland zur Rheinebene hin abfällt – gute Lagen! Eine solche Lage ist auch der nicht weit entfernte Niersteiner Heiligenbaum, eine reine Südlage. Das Geheimnis, des vom Ehepaar Achim und Anke Martin geführten Guts, sind schwere Kalksteinverwitterungs- und Lehmlößböden mit entsprechend guter Wasserhaltigkeit. Dazu kommen knapp 1700 Stunden Sonnenschein im Jahr.
Text: Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas; Aufmacherbild: bonvinitas, andere Fotos PR sofern nicht anders angegeben.