2002 sendete uns ein Winzer eine Flasche Eiswein zu. Im Begleitschreiben stand: „Der Wein hat einen seltsamen Fehlton, bitte stellen sie die Ursache fest“.
Nach einer Verkostung und einer Laboranalyse konnten wir die Ursache schnell feststellen.
Der „seltsame“ Fehlton war Acetaldehyd, der Wein war bereits zwei Jahre nach der Abfüllung vollständig oxidiert. Der Grund für diese rasche Oxidation war der verwendete Verschluss. Um Geld zu sparen, hatte der Winzer einen der damaligen Kunststoffstopfen verwendet, in dem Glauben, dass dieser Verschluss seinen teuren Eiswein genauso lange konservieren würde wie der früher von ihm verwendete Naturkork.
Nicht jeder Verschluss ist für eine längere Lagerung geeignet
Zu dem obigen Beispiel und zur Ehrenrettung der Kunststoffstopfen muss man sagen, dass es mittlerweile Produkte gibt, die eine längere Lagerung als lediglich zwei Jahre gestatten. Trotzdem setzt auch heute praktisch kein Weingut Kunststoffstopfen für eine längere Lagerung ein.
In der Regel vertrauen Winzer und Verbraucher hier lieber dem Naturkork, da man aus der Vergangenheit weiß, dass gute Naturkorken eine Lagerdauer von bis zu 10 Jahren (und teilweise auch länger) ermöglichen. Hier ist es von Vorteil, dass wir bereits seit zweihundert Jahren Erfahrung im Verschließen von Weinflaschen mit Naturkorken haben.
Neben den Naturkorken haben im letzten Jahrzehnt auch die sogenannten Mikrogranulatkorken an Bedeutung gewonnen. Diese Verschlüsse stellen eine Weiterentwicklung der Agglomeratkorken (aus Korkpartikeln zusammengepresster und verleimter Korken – Anmerkung der Redaktion) dar, die wegen häufiger Probleme wie Korkgeschmack und anderen Fehltönen heute immer mehr an Bedeutung verlieren. Mikrogranulatkorken werden aus zerkleinertem Korkmaterial hergestellt.
Für die Lagereigenschaften von Mikrogranulatkorken ist die Größe der zerkleinerten Korkpartikel von entscheidender Bedeutung: je stärker das Korkmaterial zerkleinert wird, desto höher ist die Gasdichtigkeit des daraus hergestellten Mikrogranulatkorkens. Weil die Partikelgröße je nach Hersteller unterschiedlich ausfallen kann, ergeben sich dadurch auch unterschiedlich lange Lagerzeiten. Im Gegensatz zu Naturkorken gibt es bei den Mikrogranulatkorken auch Produkte, die aufgrund eines speziellen Herstellungsverfahrens eine hohe Sicherheit gegenüber dem Auftreten von Korkgeschmack gewährleisten.
Positive Ergebnisse aus dem Ausland
Die Beschwerden wegen des Korkgeschmacks waren auch einer der Gründe, der zur Entwicklung von alternativen Weinverschlüssen wie dem BVS-Schraubverschluss führte. (BVS steht für „Bague Vin Suisse“ und entspricht dem Mundstück der Europäischen Norm G.M.E. 30.06 – gemeint ist die Gewindenorm der Flasche und des Verschlusses – Anmerkung der Redaktion). Weil dieser Verschluss erst Anfang der 2000er Jahre im größeren Maßstab in der europäischen Weinbranche eingeführt wurde, gibt es bisher nur vereinzelte Langzeiterfahrungen. In Australien, wo der Schraubverschluss schon bedeutend länger angewendet wird, ist das Echo nach der Überwindung einiger Kinderkrankheiten heutzutage größtenteils positiv. Es spricht vieles dafür, dass man die positiven Ergebnisse aus dem Ausland auch auf deutsche Weine übertragen kann, aber zurzeit warten viele Weingüter darauf, dass eine größere Anzahl von europäischen Betrieben Langzeiterfahrungen sammeln können. Sehr wahrscheinlich wird sich der BVS-Verschluss als Langzeitverschluss bei uns erst flächendeckend durchsetzen, wenn sich auch führende renommierte Betriebe dazu bekennen. Die Frage des richtigen Verschlusses war in den letzten zehn Jahren ein Dauerbrenner sowohl bei den Winzern als auch bei den Verbrauchern. Neben der Verschlusswahl gilt es aber noch weitere Punkte zu berücksichtigen, wenn man zu Hause einen Wein längere Zeit lagern will.
Der erste Punkt betrifft den Wein selbst. Die von vielen Winzern und Verbrauchern beklagte nachlassende Lagerfähigkeit von Weißweinen liegt zum Teil wahrscheinlich auch am ständig wachsenden Anteil trocken ausgebauter Weißweine. Weißweine mit hohen Zucker- und Säuregehalten gestatten eine längere Lagerdauer, was man besonders gut bei einer Schatzkammerprobe feststellen kann. Bei wirklich alten (und noch genießbaren) Weißweinen handelt es sich in der Regel um restsüße Rieslinge der Qualitätsstufe Auslese und höher. Der zweite Punkt ist die Lagertemperatur und betrifft sowohl den Herstellungsbetrieb als auch den Kunden. In vielen Betrieben ist heute nicht mehr der klassische Keller anzutreffen, sondern oft ein ebenerdiger Lagerraum. Damit sind in der Regel auch höhere Lagertemperaturen verbunden. Auch der bei vielen Verbrauchern früher häufige kühle Weinkeller ist im Verschwinden begriffen. Weinflaschen werden heute oft als Dekorationselement im Wohnzimmer oder in der Küche bei den entsprechenden Temperaturen aufbewahrt. Dabei ist gerade die Lagertemperatur von hoher Wichtigkeit für die Lagerdauer. Erschwerend kommt dazu, wenn dann auch noch häufig Licht auf die Flaschen fällt, was die Alterung wiederum beschleunigt. Fazit: Nicht alle Weine und nicht alle Verschlüsse eignen sich zur längeren Lagerung. Neben dem Verschluss sollte der Verbraucher aber auch die Lagerbedingungen im Auge behalten.