bonvinitas Wein-Entdeckungen: top trockene Weißweine

von klasse trocken-leicht bis superindividuell: Milz VDP, Hillabrand, Nigl

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Dieter SimonNeben unseren regelmäßigen Wein-Blindbewertungen durch neutrale Prüfer, deren Ergebnisse sich in unserem Weinführer finden, probiere ich zuweilen Weine, die uns auf der Strecke eingereicht werden. Wie schon oft erwähnt, bedeutet dies dann meine persönliche Meinung. Ich bin dabei sehr streng und schreibe - wie hier - nur über Weine, die mir wirklich gut gefallen haben. Viele fallen unter den Tisch, wozu „des Sängers Höflichkeit dann schweigt“.
 

Leicht, trocken und klasse Qualität

Diese Kombi gibt es nicht so häufig. Genau so fand ich den 2017 Riesling „S“ Qualitätswein trocken des VDP Weinguts Milz in Trittenheim/Mosel mit leichten 11,5 %, den ich mit 89 grünen Punkten (bonvinitas Kategorie 1, trocken bis einschließlich 12% Alkohol) bewertet habe: Blitzsauberer frischer Duft mit Noten von Zitrone und Kiwi; auf der Zunge beginnt ein sauberer Köper, der immer mehr ansteigt, um seinen Charakter zu enthüllen, was sich zum schönen mineralischen Finish mit Terroirnoten steigert; ein Wein mit Persönlichkeit, der etwas zu erzählen hat. Man spürt förmlich die Steillagen und das Gestein. Passt gut zu Meeresfrüchten, Muscheln oder auch zu Schweinefilet. Das Weingut nennt ihn außerdem 180°, weil er von der entsprechenden Moselschleife bei Trittenheim stammt.

Die 180° Moselschleife bei Trittenheim. Foto: Markus Barzen, 56856 Zell - Adobestock

VDP Weingut Milz in Trittenheim/Mosel

Das VDP Weingut Milz in Trittenheim/Mosel

Die Familie, die seit 1520 Weinbau betreibt, gehört zu den Gründungsmitgliedern des VDP (Verband deutscher Prädikatsweingüter). Teile der Keller stammen aus dem 17. Jahrhundert. Natürlich sind sie heute nach den neuesten Erkenntnissen der Weinbereitung eingerichtet. 90% der Reben sind, typisch Mosel, Riesling, und wachsen auf Schiefersteillagen. 80% der Reben sind älter als 35 Jahre. Die Lagen Trittenheimer Felsenkopf sowie Leiterchen befinden sich im Alleinbesitz ebenso die Lage Neumagener Nusswingert. Weiter ist das Weingut mit besten Parzellen in den Lagen Trittenheimer Apotheke sowie Altärchen als auch im Drohn Hofberger vertreten.

90 rote Punkte 

(bonvinitas Kategorie 2, trocken, über 12 %) wert fand ich die 2017 Scheurebe „Steiler Hang“, Hüttenheimer Tannenberg, Qualitätswein, 13 %, vom Weingut Hillabrand in Hüttenheim/Franken: tiefe reife Frucht mit Honignoten und Anklängen an kandierte Ananas; harmonischer, runder, mundfüllender Körper mit schöner, gezügelter Rasse im Finish, ein Wein wie ein gut geführtes Unternehmen mit gut vier bis fünf Jahren weiterer Zukunft. Passt gut zu Käseplatte, Räucherlachs oder gegrillten Hähnchen.
Markus Hillabrand, Weingut Hillabrand, Hüttenheim/Franken

Weingut Hillabrand, Hüttenheim/Franken

Markus Hillabrand, der das Familienweingut leitet, kultiviert neun Hektar Reben, die dort auf Gipskeuper wachsen und zwar überwiegend auf Steilhängen, Terroirs, die der Scheurebe viel Eleganz verleihen. Zu den wichtigsten Sorten zählen Müller-Thurgau, Silvaner, Bacchus und Scheurebe. Neben dieser haben mir sowohl ein ausnehmend eleganter Müller-Thurgau sowie der Stollenwein sehr gut gefallen. Mit zwei Kollegen hat Markus Hillabrand die „Keuper Connection“ gegründet und in ehemaligen Gipsstollen je ein Holzfass ihres besten Silvaners unter Tage reifen lassen (dazu jeweils unten mehr). Zum Weingut gehören außerdem eine Heckenwirtschaft und vier Gästezimmer.

Ebenfalls 90 rote Punkte 

wert fand ich den 2017 Grünen Veltliner „Alte Rebe“ trocken, Kremstal DAC, des Weinguts Nigl in Senftenberg/Österreich mit 13 %: In der Nase Anklänge an Sommeräpfel, Quitten, Orangen; mundfüllender, runder, saftiger Körper mit fruchtig-mineralischem Finish. Ein vollmundig Wein, der mich an eine Blaskapelle erinnerte. Gut fünf bis sechs Jahre weiteres Potenzial und schön zu Räucheraal, Räucherschinken, gefüllte Paprika, Saftgulasch. 

DAC = „Districtus Austriae Controllatus

Diese noch relativ neue „frankophile“, dem EU-Recht angepasste, österreichische Bezeichnung steht für höhere Qualitäten. Sie orientiert sich an der Herkunft bzw. dem Wachstum der Weine. Eine Änderung der Qualitätspyramide, welcher Deutschland erst nach und nach folgt. bonvinitas hat darüber berichtet - mehrfach.

Das Weingut Nigl in Senftenberg, Region Kremstal / Österreich

Weingut Nigl (Mitte mit rotem Dach) in Senftenberg Region Kremstal, Österreich, unterhalb der Burgruine Senftenberg. Foto: Robert HerbstWeingut Nigl, Senftenberg, Martin Nigl mit Familie

 

Ca. 70 km nordwestlich von Wien in einem Seitental der Donau bilden die Steinterrassen um Senftenberg optimale Voraussetzungen für Weinbau. Das über 25 ha Wein-Gut Nigl mit Hotel und Restaurant liegt am Fuße des Senftenberger Kirchenbergs mit Besitz in den „ersten Lagen“ (dazu unten mehr) Pellingen und Hochäcker. Der ehemalige Lesehof des Fürsten Starhemberg stammt aus dem 12. Jahrhundert und wurde 1994 von der Familie Nigl übernommen. Schwerpunkt bilden Grüner Veltliner und Riesling. Sauvignon Blanc, Muskateller, Blauer Zweigelt, Merlot und Pinot Noir runden das Sortiment ab. Die Urgesteinsböden mit Verwitterungen von Granit, Gneis, Glimmerschiefer und Amphibolit sorgen für die Mineralität der Weine. Martin Nigl, der das Weingut und Hotel mit der Familie betreibt: „Die Lage an der Anbaugrenze sowie die starken Temperaturschwankungen zur Reifezeit verleihen den Weinen ihre kühle Aromatik. Auf heiße Sommertage folgen Nächte, welche die Kühle aus dem umliegenden Waldviertel mitbringen und so das Aroma fördern. Die Weinlese zieht sich oft über viele Wochen hin. So können wir in mehreren Durchgängen dafür sorgen, dass immer nur die reifsten Trauben geerntet werden.“ Das Weingut hatte außerdem einen weiteren Grünen Weltliner eigereicht, den ich mit 91 Punkten (unten mehr) bewertet habe.

Ein selten eleganter Müller-Thurgau 

ebenfalls vom Weingut Hillabrand, den ich gleichfalls mit 90 roten Punkten bewertet habe: 2017 Hüttenheimer Tannenberg „Alte Reben“ Qualitätswein Franken, trocken, mit nicht zu schweren 12,5%: feiner, reifer Duft, der einfach Spaß macht; auf der Zunge ein edler Tropfen, der gekonnt Eleganz und Kraft verbindet, was sich mit Kraft, Biss und schöner Mineralnote im Finish fortsetzt; ein hocheleganter Müller-Thurgau mit eigener Persönlichkeit, passt gut zu Pfannkuchen mit Pilz/Fleischfüllung, zu Kalbsbraten oder auch zu Kassler mit Sauerkraut, weil er in der Säure nicht zu hoch liegt, die sich dann nicht zu stark zum Sauerkraut addiert.

Ausgezeichnet bewertet mit 91 roten Punkten 

habe ich den zweiten Grünen Veltliner 2017 „Privat“ DAC Kremstal Ried Pellingen 1ÖTW - erste Lage, trocken, vom Weingut Nigl, 13,5 %: sehr feingeschliffener, diamantener Duft; brillanter Körper mit viel Rückgrat; elegantes, feingeschliffenes Finish, einfach ein brillanter Wein, dem ich drei bis vier Jahre weiteres Potenzial vermache und sehr schön zu Fisch gedünstet, wie z.B. Seezunge, zu Schweine- oder Kalbsfilet. Ried ist bekanntlich das österreichische Wort für Lage. 

Zu 1ÖTW - erste Lage: 

Logo ÖWT Erste Lage1990 begann ein kleiner Kreis österreichischer Winzer aus dem Krems- und Kamptal in regelmäßigen Abständen zusammenzukommen. Schließlich entschloss man sich, die gemeinsamen Interessen durch die Gründung des Vereines der “Österreichischen Traditionsweingüter” zu verbinden. Fast zwei Jahrzehnte haben die Mitgliedsbetriebe ihre Weine aus den Lagen entlang der Donau in den Weinbaugebieten Kamptal, Kremstal, Traisental und Wagram gemeinsam beobachtet und ihre Entwicklung analysiert. Als Ergebnis wurde die “Klassifikation 2010” vorgestellt mit der Kennzeichnung von 53 Weingärten als “ÖTW Erste Lage”. In den folgenden Jahren sowie fernerhin wurde dies weiter verfeinert und verifiziert, um Weingärten entweder als echt bedeutend herauszukristallisieren oder notfalls auszuscheiden. Man hat sich also strenge Auflagen gegeben. Nach der Probe dieses Weines kann ich dem nur beipflichten. 

Der Stollenwein – hochgradig individuell

Die Idee heißt nicht nur „Wein vom Keuper“, sondern auch „Wein aus dem Keuper“. Dafür haben drei fränkische Winzer der „Keuper Connection“ ihren besten Silvaner-Tropfen des Jahrgangs 2017 in drei Holzfässer, passenderweise aus Steigerwälder Eiche gefertigt, gelegt und diese tief unter die Erde in einen Stollen eingefahren. Umgeben vom Gipskeuper-Gestein sollte der Wein seine ganz besondere Reife erhalten. Im Sommer 2018 wurden dann die auf je 500 Liter limitierten Holzfässer das erste Mal geöffnet, ein Wein absolut natur, nicht behandelt, ja nicht einmal filtriert:
 
2017 „Stollenwein“ Silvaner „Keuper Connection“ Landwein Main Weingut Hillabrand, 13 %: wunderbar hinreißender Duft gleichermaßen von Klarheit wie Noten von Zuckermelone, Mango, Pfirsichkompott; auf der Zunge ein Supertropfen, topindividuell, mutig gemacht und voll gelungen, ein Wein der viel zu erzählen hat, und sich mit ruhiger, selbstbewusster Länge verabschiedet; ein Tropfen, der mich an eine Bassgeige erinnerte und wunderbar zu Zigeunerspieß, zu würzigen Grillsteaks oder einfach unterhaltend „hintennach“ – 93 rote Punkte!
 
Dieter Simon, Chefredakteur und Herausgeber bonvinitas; Aufmacherfoto: bonvinitas; weitere Fotos PR, sofern nicht anders angegeben
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